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Corona-Welle: Immer mehr Klassen sind im Distanzunterricht

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Die Lehrergewerkschaft befürchtet weiterhin Schulschließungen durch die Hintertür. Eltern sind verunsichert.

Viele positive Corona-Fälle: In der Region sind bereits zahlreiche Klassen im Homeschooling. Familien und Lehrer befürchten, dass weitere hinzukommen werden.
Foto: Mario Berger
Viele positive Corona-Fälle: In der Region sind bereits zahlreiche Klassen im Homeschooling. Familien und Lehrer befürchten, dass weitere hinzukommen werden. Foto: Mario Berger  Foto: Berger

Klassen sind im Distanzunterricht, Betreuungsgruppen geschlossen: Die Corona-Pandemie wirkt sich drastisch auf die Situation in den Schulen und Kindertagesstätten aus. Schulschließungen soll es weiterhin nicht geben, die Lehrergewerkschaft befürchtet aber, dass es doch noch stellenweise dazu kommen wird.

Widdern hat erst kürzlich seine Kita geschlossen. Zu viele Corona-Fälle hat es unter Erzieherinnen und Kindern gegeben, berichtet Bürgermeister Kevin Kopf. Nach Rücksprache mit dem Gesundheitsamt im Landratsamt Heilbronn beschloss er, die Einrichtung bis Ende dieser Woche zu schließen. "Die Situation ist angespannt", sagt Katharina Kaupp, Bezirksgeschäftsführerin bei der Gewerkschaft Verdi, die auch Erzieher vertritt. Kollegen seien in Quarantäne. Die restlichen Mitarbeiter versuchten stets, die Einrichtungen offen zu halten. "Die Kollegen gehen am Zahnfleisch", schildert sie die Situation.


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Grundschule teilt Lernpakete aus

An Schulen in der Region ist es kaum anders. Kinder und Eltern sind verunsichert, ob ihre Klassen noch offen bleiben. In der Stadt Bad Friedrichshall befürchten beispielsweise Familien, dass die Grundschule Hagenbach wegen Corona komplett in den Distanzunterricht geht. Rektor Tobias Schulz-Wolfframsdorff betont auf Anfrage: Am Montag seien vier von acht Klassen im Fernunterricht gewesen, weil viele Corona-Tests positiv ausgefallen seien. Froh ist er, dass die Lehrer nicht betroffen seien. Die Schule setzt beim Distanzunterricht wieder auf das System, mit dem sie bereits während der mehrmonatigen Schulschließung im vergangenen Jahr die Kinder unterrichtet hat. Lehrer teilen Lernpakete aus. Es gibt außerdem eine Lernplattform. Videokonferenzen sind ebenfalls möglich. Mehr als eine Online-Betreuung sei da aber nicht drin, sagt er.

"Die Situation steht Spitz auf Knopf", erklärt Harald Schröder von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). "Die Erkrankungen bei Lehrern nehmen zu", sagt der Sprecher der Kreis-GEW Heilbronn. Eltern seien zudem verzweifelt: Nach einem positiven Schnelltest suchten viele vergeblich ein PCR-Test-Angebot. Denn ohne ein solches wüssten viele nicht, wie es weitergeht. "Wir brauchen dringend Rückmeldung", fordert Harald Schröder. Viele Rektoren seien zudem unsicher, wie Regeln ausgelegt werden müssen. "Sie haben das Gefühl: Egal was man macht, es ist nicht richtig."

Eltern sind unsicher

Hinzu komme, so jedenfalls die Einschätzung von Lehrern: Manche Menschen seien regelmüde. Aus einer Schule hat der GEW-Vertreter gehört: "Eltern wissen nicht mehr, welche Regeln nun gelten und schicken ihre Kinder in die Schule, obwohl sie eigentlich zu Hause bleiben müssten." Schröder hat viele Rückmeldungen erhalten. An einer Schule nähmen Corona-Fälle rasant zu. Dort sei auffällig, dass es kaum erkrankte Kinder ohne Symptome gebe. Zugleich sei es für viele Lehrer ermüdend, Schüler darauf hinzuweisen, dass die Nase bedeckt werden müsse. Lehrer lobten zwar hochwertige FFP2-Masken, die vom Land geliefert wurden. Manchmal stehen aber gelieferte Tests in der Kritik. "Es kommt auf die Schule an", sagt auch Melanie Haußmann, Geschäftsführende Schulleiterin in Heilbronn. Mehrere Klassen in Heilbronn befinden sich in Quarantäne. Das mache ihr Sorgen. Sie ruft deshalb zu Achtsamkeit auf und bittet, die Hygiene-Hinweise zu beachten.

In Heilbronn seien Schulen unterschiedlich betroffen, sagt auch Viviane Kalisch. "Es gibt welche, da geht es rund", weiß die Vorsitzende des Heilbronner Gesamtelternbeirats. Das Kultusministerium hat es den Rektoren überlassen, in äußersten Notfällen eine Schule ganz in den Fernunterricht zu schicken. Das Damoklesschwert Schulschließung schwebe nach wie vor über dem Präsenzunterricht, so Kalisch. Manche Eltern würden Distanzunterricht vorziehen, sie selbst und der Großteil der Eltern hoffen aber auf Präsenzunterricht in den Klassenzimmern. Um Infektionsketten zu unterbrechen, sagt sie, könnte man überlegen, wieder täglich die Kinder zu testen.

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Markus Henkel am 25.01.2022 13:43 Uhr

Die Schulen sollen um jeden Preis offengehalten werden, damit das Versagen beim digitalen Fernlernen nicht sichtbar wird. Selbstverständlich ist Präsenzunterricht an Schulen der Goldstandard. Aber angesichts einer Inzidenz im vierstelligen Bereich muss man sich fragen, wie glaubwürdig die Strategie offener Schulen ist. Dann dort mögen die Fenster offen sein, aber die Klassenzimmer sind leer, weil Omikron den Präsenzunterricht unmöglich macht.

Das digitale Fernlernen funktioniert allerdings kein bisschen besser als vor einem Jahr, weil man seither auf das Prinzip Hoffnung gesetzt hat, dass man Moodle, Teams & Co. nicht mehr brauchen möge. Warum gibt es nach zwei Jahren Pandemie immer noch keine verlässliche und belastbare Lern-Plattform für Schulen? Die vor Jahren in Baden-Württemberg geplante Bildungsplattform "ella" hat die Steuerzahler 6,5 Millionen Euro gekostet und ist dennoch gescheitert. Auch der Nachfolger wurde begraben, weil der Anbieter Microsoft eher an den Daten interessiert war, als daran, eine datensparsame Software nach pädagogischen Gesichtspunkten zu liefern.

Dass jetzt noch die PCR-Tests fehlen, um Corona-Infektionen sicher nachweisen zu können, damit auch ein Anrecht auf Sonderurlaub für Eltern zur Betreuung ihrer Kinder besteht, ist nur die Krone des Versagens. Kinder und Familien werden im Stich gelassen und offensichtlich hat niemand vor, daran etwas zu ändern. Die vollmundigen Versprechen der offenen Schulen werden so zum Fluch, bei dem die Kinder das Virus in die Heime und Familien tragen. Natürlich sind Impfungen ein Ansatz gegen Infektionscluster. Eine engagierte Bildungspolitik ersetzen können sie jedoch nicht.

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