Wie geht es weiter mit den Unverpackt-Läden in Heilbronn und Schwaigern?
Die vergangenen Monate waren schwer: Sowohl in Heilbronn als auch in Schwaigern konnten die Unverpackt-Läden nur existieren, weil die Inhaber sechs Tage in der Woche im Geschäft standen. Ein hoher persönlicher Einsatz für eine gute Sache. Wie sieht die Zukunft aus?

Die gute Nachricht vorweg: Bis Ende des Jahres wird es den Heilbronner Unverpackt-Laden Liva an der Allee auf jeden Fall geben. "Wir haben unseren Mietvertrag, der nach vier Jahren eigentlich im September ausgelaufen wäre, verlängert", erklärt Patrick Wimmer, der das Geschäft gemeinsam mit seiner Partnerin Linda Tiedemann führt.
Und auch im Schwaigerner Ortsteil Stetten blicken Dorothee und Wolfgang Reinwald mit ihrem Unverpackt-Laden positiv in die Zukunft. "Seit Januar geht es wieder bergauf", sagt Dorothee Reinwald. Das Jahr davor sei schwierig gewesen.
Nachfüllen war gefragt
Einkaufen ohne Verpackungsmüll - eigentlich eine tolle Idee. Vor drei, vier Jahren schossen Unverpackt-Läden aus dem Boden. Das Konzept passte zum Zeitgeist, Plastikvermeidung war en vogue, und die Läden, in denen man Reis und Müsli in mitgebrachte Gefäße rieseln lassen kann, kamen mit dem Nachfüllen kaum hinterher. Doch jetzt stecken viele in der Krise. So musste Deutschlands erster Unverpackt-Laden in Kiel Ende vergangenen Jahres schließen. Ist das Unverpackt-Konzept am Ende?
Herausforderungen treffen viele Fachgeschäfte
Rund 270 geöffnete Geschäfte sind zurzeit beim Verband der Unverpackt-Läden in Deutschland registriert. Anfang 2022 waren es noch fast 340. Die Unverpackt-Branche stehe angesichts steigender Lebensmittelpreise und Kaufzurückhaltung genauso wie viele andere Fachgeschäfte vor Herausforderungen, heißt es vom Verband. Aus Sicht der Nachhaltigkeitsexpertin Petra Süptitz vom Nürnberger Konsumforschungsunternehmen GfK gibt es einen weiteren Grund für die Schwierigkeiten der Unverpackt-Läden.
"Wir sind alle gestresst und haben viel zu tun. Einkaufen ist etwas, das schnell gehen muss." Zudem kauften viele Menschen aktuell sehr preisbewusst ein, sagt Süptitz. Nachhaltige Produkte seien ihnen zwar nach wie vor wichtig. "Sie kaufen diese aber nicht mehr im Fachhandel, sondern im Discounter oder als Handelsmarken."
Ist eine Genossenschaft die Lösung?

Bisher konnten Patrick Wimmer und Linda Tiedemann ihren Unverpackt-Laden Liva über Wasser halten - auch dank eines hohen persönlichen Einsatzes. "Geld ist weniger das Thema", sagt Wimmer. "Es ist vor allem Zeit, die uns fehlt, mal etwas anderes zu tun." Beim Start im September 2019 hatte "Liva" noch eine festangestellte Einzelhändlerin, heute sind die Inhaber alleine im Verkauf, um Personalkosten zu sparen. Um die Zukunft des Ladens zu sichern, suchen Tiedemann und Wimmer nach Personen, die in die Geschäftsführung einsteigen wollen.
"Wir würden eine Genossenschaft, einen Verein oder eine GmbH gründen", sagt Linda Tiedemann. Alternativ könnten auch die Kunden als Mitglieder eingebunden werden: Das Konzept sieht vor, dass sie monatlich einen festen Betrag bezahlen und dann mit Gutscheinen einkaufen können. Schaffen sie es in einem Monat nicht in den Laden, ist das Geld sozusagen gespendet. Für Wimmer und Tiedemann wäre das eine Garantie, dass die laufenden Kosten gestemmt werden können. Ob genügend Menschen bereit sind, dem Laden diese Sicherheit zu geben, müsste sich zeigen. Das Konzept ist bei der Solidarischen Landwirtschaft, kurz Solawi, abgeguckt.
Grundkonzept passt eigentlich
"Die Unverpackt-Läden treffen vom Grundkonzept den Nerv der Zeit", sagt die die GfK-Expertin Süptitz. "Es ist eher eine Frage, wie man es richtig macht und seine Kundschaft begeistert." Plus viel Engagement: In Stetten steht Dorothee Reinwald sechs Tage pro Woche im Laden. "Es ist meine Herzensangelegenheit", sagt die 58-Jährige. Beim Verband der Unverpackt-Läden blickt man trotz allem optimistisch in die Zukunft: 115 neue Läden seien gerade in Planung.
Kundenrückgang
Marie Delaperrière, die ihren Unverpackt-Laden in Kiel wegen des schleichenden Kundenrückgangs während Corona Ende 2022 schließen musste, sieht auch psychologische Gründe für die Probleme: "Die Leute haben die Assoziation, das ist ein schöner kleiner Laden, der muss teuer sein." Dabei stimme das nur zum Teil. "Die Deutschen sparen bei den Lebensmitteln als erstes." Freizeitaktivitäten, Reisen oder das Auto seien ihnen wichtiger.