Wie Engagierte Lebensmittel vor dem Müll retten
Der Verein Foodsharing engagiert sich bei der Verteilung noch genießbarer Lebensmittel. Dazu holen die Mitglieder übrig gebliebene und aussortierte Ware bei Supermärkten oder Bäckereien ab. Doch auch wenn viele Retter inzwischen im Einsatz sind, geht die Verschwendung nicht zurück.

Belegte Brötchen, ganze Brote, Gemüse und Konserven türmen sich vor den Heilbronner Mitgliedern des Vereins Foodsharing, wenn sie bei Aktionen wie dem Nachhaltigkeitstag auf dem Kiliansplatz auf das Thema Lebensmittelverschwendung aufmerksam machen. Food-sharing engagiert sich bundesweit bei der Verteilung noch genießbarer Lebensmittel. Dazu holen die Mitglieder übrig gebliebene und aussortierte Ware bei Supermärkten oder Bäckereien ab.
In Heilbronn wächst die Zahl der Engagierten stetig, wie Nicole Wirths von der Ortsgruppe sagt. Rund 425 seien es derzeit. Mit mehr als 130 Betrieben gebe es Kooperationen zur Abholung von Waren. Die Verteilung der Lebensmittel läuft über Gruppen in sozialen Netzwerken - offene Kühlschränke wie der bei Edeka Ueltzhöfer am Südbahnhof oder auf dem Bildungscampus sind seit der Corona-Pandemie geschlossen.
"Das ganze System ist verrückt", sagt die Frankfurter Vereinsvorsitzende Lisa Villioth. Sie verweist dabei etwa auf die riesige Menge an Lebensmitteln, die nach Ladenschluss im Einzelhandel regelmäßig im Müll landet, weil auch leicht verderbliche Waren bis zuletzt angeboten würden. Foodsharing Frankfurt hat bisher mehr als 1700 Tonnen Lebensmittel vor dem Wegwerfen gerettet. Bundesweit, in der Schweiz und in Österreich zählt die Organisation seit ihrer Gründung vor zehn Jahren 83.000 Tonnen.
Elf Millionen Tonnen Lebensmittel landen in Deutschland pro Jahr in der Mülltonne
Laut Experten reichen solche Initiativen nicht aus. In Deutschland wurden laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2020 etwa elf Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Der Großteil entstehe in privaten Haushalten, danach kämen Handel und Verarbeitung. Die genauen Zahlen sind aber schwer zu ermitteln. So geht der WWF von bis zu 18 Millionen Tonnen verschwendeter Lebensmittel pro Jahr aus.
In der Kritik steht außerdem, dass die Menge seit Jahren kaum sinkt. Dabei hat sich Deutschland das Ziel gesetzt, die Lebensmittelverschwendung bis 2030 zu halbieren. Stefan Kreutzberger, einer der Foodsharing-Gründer, hält das nicht mehr für machbar. "Da müsste man ganz anders rangehen, mit verpflichtenden Sektorzielen für alle Sektoren, ähnlich wie beim Klimaschutzgesetz", sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion.
Das Vorgehen von Ernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) unterscheide sich dabei kaum von dem seiner Vorgänger aus der CDU/CSU. "Es hat sich mit Cem Özdemir nicht wirklich viel getan." So sei etwa das Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag, das Spenden von Lebensmitteln rechtlich sicherer zu machen und Haftungsrisiken abzuschaffen, bisher nicht umgesetzt worden.
Weitere Möglichkeiten
Die Plattform Too Good To Go ermöglicht es Restaurants und Bäckern, übrige Ware am Abend günstig zu verkaufen. Aktuell gibt es in der Region Heilbronn 94 beteiligte Betriebe, in Hohenlohe sind es 18. Lidl bietet seit knapp einem Jahr Obst und Gemüse mit Schönheitsfehlern für drei Euro in einer "Rettertüte" an. Edeka Ueltzhöfer arbeitet in der Region seit langem mit Foodsharing zusammen. Die Tafeln verteilen laut Bundesverband pro Jahr rund 265.000 Tonnen Lebensmittel.



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