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Werden wir im Abwärtstrend zu leichtsinnig?

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Endlich lieg die Stadt Heilbronn unter der Inzidenz von 100, doch Maskenignorierer werden mehr. Die Fußgängerzone und Spielplätze sind nach Angaben des Ordnungsamtes auffällige Orte. Die Frage ist, ob Nachlässigkeit die lang ersehnten Corona-Lockerungen gefährdet.

von Katrin Draskovits und Carsten Friese
Die klare Mehrheit trägt in der Heilbronner Innenstadt weiter Maske. Doch immer öfter sieht man auch Passanten, die darauf verzichten. 
Foto: Andreas Veigel
Die klare Mehrheit trägt in der Heilbronner Innenstadt weiter Maske. Doch immer öfter sieht man auch Passanten, die darauf verzichten. Foto: Andreas Veigel  Foto: Veigel, Andreas

Nach Wochen mit der Corona-Notbremse hat die Stadt Heilbronn den Sprung unter die 100er-Inzidenzschwelle wieder geschafft, am Montagmorgen (31.05.) liegt der Wert bei 59,2. Die Hoffnung, dass nun bald Lockerungen kommen, wächst immer mehr. Doch wer durch die Innenstadt geht, hat das Gefühl, dass die Bürger bei Maskenpflicht und Abstand nachlässiger werden. Wird der gute Trend durch schwindende Vorsicht gefährdet?

Lachende Mädchen ohne Maske vor einem Geschäft, Rentner, die am Kiliansplatz ohne erzählen, Frauen, die am Siebenröhrenbrunnen ohne sitzen: Man braucht am Freitag nur wenige Minuten, um in der Innenstadt Beispiele zu finden. Die meisten, die ohne Corona-Maske da stehen, essen, trinken oder rauchen. Aber man sieht immer wieder auch Menschen, die dicht beieinander diskutieren - ohne den vorgeschriebenen Schutz. Warum?

Eine Passantin glaubt nicht an Corona, eine andere mit Maske spricht von Verantwortung

"Ich habe vorhin einen Schnelltest gemacht, der negativ war, und gerade geraucht", erzählt eine 25-Jährige. Von einer ärztlichen Befreiung spricht ein älterer Mann, von Asthma eine 54-Jährige. "Ich glaube nicht an Corona. Das ist nur Politik", erklärt die Frau ihre ohnehin ablehnende Haltung. Mit FFP2-Maske schlendert die Heilbronnerin Sabine Lang durch die Innenstadt. Maske und Abstand, findet sie, sollte man auch bis in den Sommer noch nehmen. "Damit die Werte unten bleiben", sagt sie und spricht von Verantwortung auch für andere.


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Testzentren schießen wie Pilze aus dem Boden


Im Nahverkehr zeigt sich ein gemischtes Bild. Hier gilt seit über einem Monat in Bus und Bahn die Pflicht zum Tragen einer FFP-2-Maske. Eine medizinische Maske reicht nicht mehr aus. Daran halten sich jedoch in Heilbronn längst nicht alle, wie kürzlich ein Stimme-Leser bemerkte. "30 bis 50 Prozent tragen einfache OP-Masken", schrieb er, "auffallend viele ziehen die Maske spätestens nach dem Hinsetzen unters Kinn." Bei einer Stichprobe am Donnerstagnachmittag zeigt sich, dass er nicht ganz unrecht hat.

Test in Bussen und Stadtbahnen: Nicht gerade wenige haben die falsche Maske auf

"Ich fahre ganz selten mit den Öffentlichen", erklärt eine Frau, die an der Harmonie auf die S4 wartet. "Ich dachte, das gilt nur für die Deutsche Bahn, das steht doch auch nirgends, oder?" Wir testeten drei Busse und drei Stadtbahnen. Nirgends wurde das alte Schild ersetzt, das von medizinischen Masken spricht. Nur eine kleine Anzeige über dem Fahrplan, dort, wo Verspätungen angezeigt werden, weist darauf hin.

Nicht jeder Fahrgast ist unwissend. "Ich habe mir zu Beginn der Maskenpflicht einen riesigen Vorrat an Community-Masken zugelegt", erzählt ein Pendler. Dann kamen die medizinischen Masken, "jetzt habe ich davon einen Schrank voll. Natürlich trage ich die erst mal."


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Kaum Corona-Gefahr in Bus und Bahn


"Klar weiß ich von der Pflicht", sagt ein junger Mann, der mit medizinischer Maske im Bus sitzt. "Aber wer kann sich das denn leisten, und kontrolliert wird doch eh nicht." Eine Haltestelle weiter steigen Jugendliche ein, die der Fahrer daran erinnert, dass FFP-2-Masken nötig sind. In Stadtbahnen hingegen ist bei unserem Test niemand, der Gäste aufklärt. "Ich habe schon ein paar Mal eine Durchsage gehört", erzählt eine junge Frau, die eine pinkfarbene FFP-2-Maske trägt. "Aber regelmäßig kommen die Ansagen nicht." In derselben S-Bahn sitzt ein älterer Herr mit medizinischer Maske. "Ist doch egal", sagt er. "Mit der Medizinischen schütze ich doch die anderen, und wie sehr ich mich gefährde, geht nur mich was an." Er trägt das Stoffteil unterhalb der Nase. Insgesamt aber zeigte unser Test: Niemand fuhr ganz ohne Maske.

Viele Bürger halten die Vorschriften weiter ein, sagt die Stadtverwaltung

Nach wie vor verhielten sich viele Bürger "besonnen und halten die Corona-Vorschriften ein", teilt die Heilbronner Ordnungsamtsleiterin Dr. Kristine Pohlmann auf Anfrage mit. Doch nach über einem Jahr Corona-Pandemie sei die Akzeptanz einiger Vorschriften gering ausgeprägt - vor allem die Maskenpflicht in der Fußgängerzone und auf Spielplätzen. Einige Personen reagierten gegenüber Ordnungsdienstmitarbeitern gereizt.

Stadtverwaltung: Es wird weiter täglich kontrolliert, mit Fingerspitzengefühl

Finden nach wie vor regelmäßige Corona-Kontrollen statt? Das Heilbronner Ordnungsamt antwortet auf die Frage eindeutig mit Ja. Täglich kontrolliere der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) im gesamten Stadtgebiet die Einhaltung der Corona-Vorschriften, auch abends und an Wochenenden. Ein großer Teil der Einsätze entfalle auf Masken- und Abstandskontrollen. Manche Kontrolle erfolge auch durch zivile Streifen, teilt die Stadt mit.

Mit den Verkehrsbetrieben finden derzeit Kontrollen in Stadtbussen statt. In 46 Bussen wurde eine Person ohne Mund-Nasen-Schutz angetroffen und angezeigt. 192 wurden verwarnt, weil sie statt FFP2-Maske nur eine OP-Maske trugen.

Der KOD gehe "mit erforderlichem Fingerspitzengefühl vor" und berücksichtige die Umstände des Falles, betont Amtsleiterin Dr. Kristine Pohlmann. Ist die Fußgängerzone stark oder schwach besucht? Ist die Person einsichtig? Bei sinkenden Infektionszahlen belasse man es häufiger bei einer mündlichen Verwarnung. Bei angezeigten Verstößen ahnde die Bußgeldstelle aber unverändert den Fall, wenn es die Sachlage gebietet. Bei Geldbußen gelten weiterhin die aktuellen Sätze der Corona-Verordnung.

522 Anzeigen

Seit 1. März gingen 522 Anzeigen ein, davon 174 wegen Missachtung des Mindestabstandes, 122 wegen fehlender Maske.

Auf zeitnah weitere Kontrollen verweist auch Steffen Müller, Fahrdienstleiter der Heilbronner Verkehrsbetriebe. Er erklärt, dass bei stabiler Lage unter einer 100er-Inzidenz wieder OP-Masken in Bus und Bahn ausreichend seien. Mit einer FFP2-Maske seien Fahrgäste bei schwankenden Inzidenzzahlen indes auf der sicheren Seite.

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