Testzentren schießen wie Pilze aus dem Boden
Mit der Nachweispflicht hat der Run auf Schnellteststationen begonnen. Die Kosten sind enorm, auf Kontrollmechanismen wurde verzichtet.

Es gibt sie in Apotheken, Hotels, Kneipen, Wettbüros und Zelten. Corona-Testzentren entwickeln sich in diesen Tagen zu einem ertragsreichen Geschäftsmodell.
Doch wer darf ein Testzentrum betreiben, wer genehmigt und kontrolliert die schnell wachsende Zahl der Anbieter? "Zu den Berechtigten gemäß Corona-Testverordnung gehören der öffentliche Gesundheitsdienst, von Kassenärztlichen Vereinigungen betriebene und private Testzentren, niedergelassene Ärzte, sowie die vom Gesundheitsdienst beauftragte Dritte", klärt Doris Berve-Schucht, Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums, gegenüber der Heilbronner Stimme auf.
Niedrige Hürden für Betreiber
Im Klartext: Neben Ärzten und Apothekern dürfen auch private Anbieter testen. Dabei sind die Hürden für die Betreiber niedrig. Gefordert wird ein Hygienekonzept und ein Nachweis einer Schulung des Testpersonals. "Das Gesundheitsamt überprüft diese Mindestanforderungen", betont Lea Mosthaf, Pressesprecherin im Landratsamt Heilbronn. Das Angebot wachse stark, einen Wildwuchs sehe das Amt derzeit aber nicht.
Ein Blick auf die aktuelle Zahl der Testzentren in der Region zeigt die Dynamik. Boten im Februar und März hauptsächlich Ärzte und Apotheken Test an, so stieg die Zahl der Testzentren im Stadt- und Landkreis Heilbronn und im Hohenlohekreis auf aktuell 188. Von schwarzen Schafen unter den Testern sei vor Ort nichts bekannt.
Warteschlangen vor den Teststationen
Dieter Harfensteller zählt mit seinen Filialen in Heilbronn, Weinsberg und Erlenbach zu den Apotheken, die bereits seit Februar Tests anbieten. In den ersten Monaten kamen täglich rund 50 bis 100 Leute. "Seit die Läden mit negativem Test besucht werden können, ist der Ansturm groß", berichtet Arseda Sina, Apothekerin in der Heilbronner Filiale. Die rund 400 Menschen, die seither täglich zum Test kommen, werden in den angemieteten Räumen an der Ecke zur Klarastraße getestet.
"Wir haben zahlreiche Aushilfen eingestellt, sechs Kabinen aufgebaut und ein Ampelsystem eingerichtet, damit alles reibungslos und professionell verläuft. Das klappt in der Regel auch ganz gut", betont Sina. Trotzdem bildeten sich in den vergangenen Tagen immer wieder längere Warteschlangen. "Es kommen jetzt auch mehr Menschen, die keinen Termin vereinbart haben, die müssen dann warten, aber wir geben unser Bestes", verspricht die Apothekerin.
Angebot an der Neckarmeile
Von diesem Ansturm ist die kleine Teststation an der Heilbronner Neckarmeile noch weit entfernt. Sie wird vom Gastro- Unternehmer Philipp Strähle in Zusammenarbeit mit Superbude-Chef Javier Martinez betrieben und soll künftig als Teststation für die gesamte Gastronomie dienen, wenn diese wie erwartet in der kommenden Woche wieder öffnen darf. "Die Frage war, was machen wir mit den Leuten, die spontan etwas trinken möchten und keinen Test haben", schildert Martinez, wie es zu der Idee kam. So nahm der Gastwirt Kontakt zu Philipp Strähle auf. Strähle gehört die Club Kaiser´s Sky Bar in Heilbronn, wo er frühzeitig eine Teststation eingerichtet hatte.
Weitere folgten beim Möbelhaus XXXLutz, am Mediamarkt, in der Alten Reederei, im Food Court und beim Toom-Markt in Öhringen. "Wir wollen an den Stellen öffnen, wo der Zulauf groß ist, damit die Leute spontan reagieren können", erläutert Philipp Strähle. Derzeit wird an der Superbude nur sonntags getestet, wenn die Gastronomie wieder öffnet, soll täglich geöffnet werden. "Ich plane bis Ende Juni", sagt Strähle. "Dann hoffen ich, dass die Zahlen unten sind und wir die Teststation wieder schließen können."
Gewaltige Kosten
Wie alle anderen Anbieter rechnet Strähle mit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) ab. "Wenn das Zentrum ärztlich geleitet ist, können 15 Euro pro Test verrechnet werden, testet ein sonstiger Anbieter, sind es zwölf Euro. Hinzu kommen Kosten für das Testmaterial", erläutert Swantje Middeldorff, Presseprecherin der KVBW. Das bedeutet, dass auf den Bund, mit dem die KV abrechnen, erhebliche Kosten zukommen. Für März hat die KVBW 40,1 Millionen Euro ausbezahlt. Für den April wurden in Baden-Württemberg 61,8 Millionen Euro abgerechnet. Im Mai werden die Zahlen deutlich höher liegen.
Das liegt auch daran, dass die am 8. März veröffentlichte Corona-Testverordnung aus dem Gesundheitsministerium eine Beschränkung auf einen kostenlosen Test für jeden Bürger pro Woche nicht mehr vorsah. Bei der Einrichtung der ersten Testzentren wurde diese Regelung noch diskutiert. "In der Test-Verordnung ist jetzt von mindestens einem Test pro Woche die Rede. Das ist auch gut so, denn kontrollieren könnte das natürlich niemand", betont Swantje Middeldorff. Das bedeutet aber auch, dass die Kosten schnell in die Milliarden gehen.