Exotische Baumarten in heimischem Wäldern
Im Forstlichen Hauptstützpunkt Stollenhof in Wüstenrot werden Exoten für einen klimastabilen Wald getestet. Finden Libanon- und Atlaszedern eine neue Heimat? Die Waldwirtschaft muss im Hinblick auf die sich ändernden Klimabedingungen reagieren. Auch heimische Baumarten kommen dabei zum Zug.

Brombeeren, Himbeeren, Weideröschen und Farn wuchern auf dem Sandhang. Dazwischen recken natürlich verjüngende Buchensprösslinge ihre Äste in die Höhe. Sieht nach Wildwuchs aus in unwegsamem Gelände mit 30 Prozent Steigung, wären da nicht Zaun und zahlreiche Pflöcke. Mit diesem Areal im Staatswald im Distrikt Breitwald auf Bretzfelder Gemarkung hat es etwas Besonderes auf sich. Es handelt sich um eine der acht Versuchsflächen der Forstlichen Versuchsanstalt Freiburg (FVA) für exotische Baumarten.
Im Frühjahr haben Mitarbeiter des Forstlichen Hauptstützpunkts Stollenhof in Wüstenrot hier Atlaszedern gepflanzt. Auf einer zweiten Fläche werden Libanonzedern getestet. Baumarten, die in ferner Zukunft dafür sorgen könnten, dass der Wald dem Klimawandel trotzen kann. Wie der Versuch endet, werden Stollenhof-Leiter Klaus Ulrich und Christian Feldmann, Chef des staatlichen Forstbezirks Unterland, in ihrem Berufsleben nicht mehr erfahren.
Der Wald leidet unter Hitze und Trockenheit
"Unser Wald leidet zusehends, vor allem unter der Klima-Erwärmung in den vergangenen Jahren", beschreibt Feldmann die Situation, ausgelöst durch niederschlagsarme Frühjahre und heiße, trockene Sommer. "Die Buche leidet massiv unter Trockenschäden." Zu wenig Wasser schwächt die Fichte. Millionen von Käfern fressen sich durch die kränkelnden Bäume.
Bei fortschreitendem Klimawandel verschwände die Fichte in fünf bis zehn Jahren, lautet Feldmanns düstere Aussicht. "Nadelholz ist heimisch", betont Ulrich. Und als Bauholz sei es ein wichtiger wirtschaftlicher Rohstoff, begründet Feldmann, warum man nicht darauf verzichten könne. Auch die Buchen, die schon seit Jahrzehnten nicht mehr angepflanzt würden, würden sukzessive weniger. Bei der selbstständigen Verjüngung hofft Feldmann, dass sie eine natürliche Anpassung bilden.
Ein klimastabiler Waldumbau sei nötig. Zunächst, so Feldmann, setzte man auf heimische, standortgerechte Baumarten, solche, die mit hohen Temperaturen zurecht kämen: Eiche, Elsbeere, Linde oder Hainbuche bei den Laubbäumen. Beim Nadelhölzern habe man mit der Douglasie seit über 100 Jahren forstliche Erfahrung. Dafür habe man geeignetes Pflanzmaterial. "Wir kennen noch genügend Baumarten, mit denen wir bis Ende des Jahrhunderts halbwegs stabil arbeiten können", bestätigt auch Professor Dr. Ulrich Kohnle, der die Abteilung Waldwachstum bei der FVA leitet. "Wir machen schon seit Jahrzehnten eine Waldwirtschaft im Hinblick auf veränderte Klimabedingungen", macht Feldmann deutlich.
Der Forst denkt in Generationen
Im Wald ist die Zeitrechnung eine andere, da denkt man in Generationen. Das zeigt sich in einem anderen Bretzfelder Distrikt, im Bernbach. Feldmann und Ulrich müssen den Kopf weit in den Nacken legen, um die Krone eines 57 Meter hohe Riesen zu erblicken. Auf dieser Beobachtungsfläche der FVA stehen 200 amerikanische Douglasien, die schon 120 Jahre alt sind und damit längst zu dickleibig für ein Sägewerk. Aber sie sollen ja auch nicht gefällt werden. Ihre Bestimmung: Es wird ergründet, wann sie ihr Leistungsende erreichen.
So weit ist es bei den Zedern, von denen jeweils 2200 Setzlinge auf den beiden 0,7 Hektar großen Flächen gesetzt worden sind, noch lange nicht. Wachsen sie überhaupt an? Und wenn ja, wie entwickeln sie sich? "Die Pappenheimer, die empfindlich sind, bekommt man schnell raus", sagt Kohnle. In 30 Jahren, so Forstdirektor Feldmann, könne man sagen, wie die Zedern mit den Standorten zurecht kommen, wie mit dem Klima, wie etwa mit Spätfrost in den für sie ungewohnten Gefilden. Ob sie krumm und bucklig wachsen. Eines weiß Feldmann bereits: Zedern liefern hochwertiges, ästhetisches Holz. Ein wichtiger Aspekt, ist der Wald doch auch ein Wirtschaftsfaktor.
Sorten kommen aus dem Mittelmeerraum
Mont Ventoux und Menerbes in Südfrankreich, Azrou im Norden Marokkos: Aus diesen Gegenden stammen einige der Atlaszedern. Bei den Libanonzedern ist die Herkunft Isparta oder Ermenek in der Türkei oder Ain Zhalta im Libanon. Das Pflanzmaterial kann man nicht einfach in einer Baumschule kaufen. Ein Kollege vom Amt für Waldgenetik in Bayern, klärt Professor Kohnle auf, habe in mühevoller Kleinarbeit vom Maghreb über die südliche Mittelmeerküste bis in die Türkei und in den Libanon Bestände abgesucht und Saatgut geerntet, dass dann angezogen wurde. Das sei alles gut dokumentiert. "Die Pflanzen sind unbezahlbar", macht der Naturwissenschaftler ihren Wert deutlich.
"Herkünfte, die am schlechtesten anwachsen, sind manchmal die, die nachher am schnellsten gewachsen sind", berichtet Experte Kohnle. Nach 15 bis 20 Jahren könne man dies abschätzen. Das sei ein guter Zeitpunkt für halbwegs belastbare Aussagen. Zwischen der Versuchsanstalt und dem Hauptstützpunkt in Wüstenrot herrscht Aufgabenteilung.
Der Stollenhof ist für die praktische Umsetzung zuständig, hat die Pflanzen gesetzt - ein Hektar Kultur kostet zwischen 10.000 und 15.000 Euro laut Kohnle - und übernimmt die Pflege, zum Beispiel das Freischneiden der Versuchsflächen. Von den 200 Pflanzen pro Herkunft blieben vielleicht fünf bis zehn übrig. Die Zählung erfolgt in regelmäßigen Abständen, alle fünf Jahre würden die Versuchsbäume auch vermessen. Dafür fielen noch einmal 4000 bis 5000 Euro an.



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