Was der Dieselgipfel für Heilbronn bedeutet
In Heilbronn drohen, wie in vielen anderen Städten Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge. Bei einem Treffen im Kanzleramt ging es um ein Milliarden-Programm, das das verhindern soll. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Treffen.

Pendler kommen nicht zur Arbeit, Handwerker nicht zu ihren Kunden. Notdienstfahrzeuge von Apotheken fahren nicht mehr, Müll bleibt liegen. Es wäre ein drastisches Szenario, sollte es wegen zu dreckiger Luft in Städten zu großflächigen Fahrverboten für ältere Diesel kommen. Politik und Autobranche wollen das unbedingt vermeiden. Bei einem Spitzentreffen von Bund, Ländern und Kommunen bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag fiel der Startschuss für konkrete Projekte. Es muss schnell gehen mit der schwierigen Operation saubere Stadtluft.
Um was ging es bei dem Treffen im Kanzleramt?
Anfang August hatten Bund und Autoindustrie bei einem Dieselgipfel beschlossen, einen Fonds "Nachhaltige Mobilität für die Stadt" aufzulegen. Geplantes Volumen: Bis zu eine Milliarde Euro. Konkretes blieb aber in der Schwebe, und die Ungeduld bei den Kommunen wuchs. Bisher ist kein Cent geflossen. Das soll sich nun ändern. Ab heute sollen Kommunen Förderanträge stellen können - das ist ein Ergebnis des Spitzentreffens im Kanzleramt, an dem auch Bürgermeister Harry Mergel teilgenommen hat. Verabschiedet wurde ein "Eckpunktepapier" mit einer Vielzahl geplanter Maßnahmen. Ziel ist es, dass in allen Kommunen, in denen Grenzwerte überschritten werden, diese möglichst schnell eingehalten werden.
Welche Maßnahmen für saubere Luft sind in Heilbronn geplant?
Die Stadt hat nach eigenen Angaben 19 konkrete Maßnahmen für den Mobilitätsfond gemeldet. Darunter Langfristvorhaben wie der Bau eines Radschnellwegs, eines Fahrradparkhauses oder Projektierungskosten für eine neue Stadtbahnlinie im Süden. Aber auch auf kurzfristigere Projekte wie ein Umstellen der städtischen Fahrzeugflotte auf Elektrofahrzeuge oder Vorrangspuren für den Nahverkehr. Ein lokales Umweltbündnis hat einen noch umfangreicheren Maßnahmenkatalog zusammengestellt.
Wie zufrieden ist Heilbronn mit den Ergebnissen?
Oberbürgermeister Harry Mergel reagierte verhalten auf das Ergebnis des Gipfels: "Die Runde war zwar ein weiterer Schritt in die richtige Richtung". Aber man sei "noch längst nicht am Ziel, um die Schadstoffbelastung in den Kommunen rasch und dauerhaft senken zu können". Vor allem von den Autobauern fordert Mergel mehr Engagement bei verbesserter Software und beim Austausch der Hardware.
Um die geplanten Maßnahmen in Heilbronn umsetzen und die Grenzwerte einhalten zu können, brauche es "eine hohe, schnelle und unbürokratische Förderung". Bereits im Vorfeld hatte ein Rathaussprecher betont, dass die oberste Devise der Stadt der Schutz der Gesundheit der Bürger sei und "zugleich als Stadt mit einer hohen Zahl an Ein- und Auspendlern Fahrverbote zu vermeiden".
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Wie geht es jetzt weiter?
Es soll endlich Geld an die Kommunen gehen. Ab heute können die Kommunen Anträge stellen. Das ganze Geld aus dem Milliarden-Topf wird aber wohl nicht sofort fließen. Mittel für Digitalisierung, etwa für bessere Verkehrsleitsysteme, stehen erst ab Sommer 2018 zur Verfügung. Laut Heilbronns OB Mergel soll es ein drittes Treffen Anfang 2018 geben, an dem dann auch die Autoindustrie teilnehmen wird.

Warum drohen überhaupt Fahrverbote?
Zum Schutz der Gesundheit müssen Städte Luftreinhaltepläne erstellen. Damit soll der Grenzwert beim Ausstoß gesundheitsschädlicher Stickoxide eingehalten werden, der im Jahresmittel bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter liegt. Diesel-Autos verursachen einen großen Anteil an den Emissionen. In Heilbronn lag er zuletzt bei 57 Mikrogramm, auch in rund 90 weiteren Städten wurde die Schwelle im vergangenen Jahr überschritten.
Damit die Luft besser wird, könnten Gerichte Fahrverbote erzwingen. Das Verwaltungsgericht Stuttgart sah das zum Beispiel so. Im Februar 2018 werden zudem wegweisende Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts erwartet. Besonders aktiv bei den Klagen ist die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Zuletzt klagte die Organisation gegen Hannover, Kiel und Halle. Jetzt gerät auch Heilbronn immer stärker ins Visier der DUH.
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Wer zahlt in den Diesel-Fonds ein?
Der Bund will 750 Millionen Euro zahlen, die Autoindustrie soll sich mit 250 Millionen Euro beteiligen. Bisher haben der VW-Konzern, Mercedes und BMW Geld zugesagt, je nach Diesel-Marktanteil. Weil aber ausländische Hersteller bisher nicht mitmachen, gibt es eine Finanzierungslücke. Merkel pochte darauf, dass die Autoindustrie den vollen Betrag von 250 Millionen Euro einzahlt.
Was bringen die Projekte der Städte?
Das ist die große Frage. Umweltverbände sind mehr als skeptisch, ob es gelingt, flächendeckende Fahrverbote zu vermeiden. In Städten, die nur leicht über den Grenzwerten liegen, könne es gelingen, dass der Stickoxide-Ausstoß sinkt und die Grenzwerte eingehalten werden - nicht aber in stark belasteten Städten. Auch für Heilbronn ist die Deutsche Umwelthilfe skeptisch. Geschäftsführer Jürgen Resch sagte zu den bisherigen Plänen der Stadt: "Wenn man wie in Heilbronn über Jahre zu hohe Werte hat, sieht man doch selbst, dass die Maßnahmen nicht ausreichen." Ein letzter Schritt könnte die Einführung einer "Blauen Plakette" sein, um Luftverpester auszuschließen.
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