Leiter des Heilbronner Polizeireviers erklärt, was Bürger der Polizei gegenüber angeben müssen
Thomas Nürnberger, Leiter des Heilbronner Polizeireviers, erklärt, warum es wegen der Personalien oft Streit gibt. Das sei völlig unnötig. Selbst Zeugen würden mitunter die Angaben verweigern. Das kann Folgen haben.

Menschen nach den Personalien zu fragen, gehört für Polizisten zur Routine. Eine Lappalie. Eigentlich. Aus ihr erwachsen zunehmend Konflikte, beobachtet Thomas Nürnberger, Leiter des Heilbronner Polizeireviers. Manche Situation eskaliere, erzählt er, "und das völlig unnötig".
Die Zeiten sind vorbei, in denen Bürgermeister, Arzt, Pfarrer und Polizist in einem Ort besonderes Ansehen genossen. Finden Sie das schade?
Thomas Nürnberger: Bürger können erwarten, dass die Polizei rechtmäßig, engagiert und anständig arbeitet. Wenn die Polizei kommt, liegt in der Regel etwas vor: ein Streit, ein Unfall, eine Straftat. Wir machen dann unsere Arbeit und erledigen unsere Aufgaben.
Was erleben Sie und Ihre Kollegen bei Einsätzen?
Nürnberger: Inzwischen ist es für uns oft schwierig, fundamentale Basisarbeit zu leisten. Dazu gehört zu fragen, wie jemand heißt, wo er wohnt. Wir müssen wissen, mit wem wir es zu tun haben. Nach einem Einsatz schreiben wir einen Bericht und eventuell eine Anzeige. Dafür benötigen wir die Personalien. Es kommt häufig vor, dass Beteiligte, selbst Zeugen, sagen: "Ich sag' meinen Namen nicht, ich geh' jetzt weg." Das können wir natürlich nicht zulassen. Wir müssen denjenigen dann unter Umständen solange festhalten und gegebenenfalls durchsuchen, bis die Personalien ermittelt werden konnten. Im Extremfall müssen wir denjenigen mit zur Wache nehmen.
Haben Sie ein konkretes Beispiel?
Nürnberger: Neulich hatten wir die Situation am Heilbronner Marktplatz, dass es am Rande einer öffentlichen Aktion zu einer Beleidigung kam. In diesem Fall benötigten wir zwingend die Personalien. Dies wurde verweigert. In solchen Fällen können wir ja schlecht sagen: "Okay, dann gehen sie halt." Beim folgenden Versuch, die Person auf einen Ausweis zu durchsuchen, eskalierte die Situation so weit, dass der Beschuldigte letztlich niedergerungen werden musste und ihm Handschließen angelegt wurden. Das war völlig unnötig, er hätte sich nur anständig ausweisen müssen.
Was, denken Sie, war der Grund für das Verhalten?
Nürnberger: Für eine wachsende Anzahl von Menschen stehen ausschließlich die eigenen Rechte im Vordergrund. Rechte anderer oder gesetzliche Pflichten werden ignoriert. In diesem Fall ergab sich die Pflicht aus der Strafprozessordnung nach einer Straftat, die Personalien gegenüber Polizei angeben zu müssen. Zu den vollständigen Personalien gehören Vorname, Nachname, Geburtsname, Tag und Ort der Geburt, Staatsangehörigkeit und Familienstand.
Selbst den Familienstand muss jemand angeben?
Nürnberger: Wenn wir danach fragen, ja. Das hat juristische Gründe. Es kann ja sein, dass jemand mit einem der anderen Beteiligten verlobt oder verheiratet ist. Dem steht dann ein Zeugnisverweigerungsrecht zu, darüber müssen wir ihn auch aufklären. Die Staatsangehörigkeit ist wichtig, damit wir wissen, ob zum Beispiel Regelungen aus dem Ausländer- oder Asylverfahrensgesetz betroffen sind. Grundsätzlich legt der Polizist fest, nach welchen Feststellungen die Identität einer Person geklärt ist, und er übernimmt im Anschluss die Verantwortung für diese Maßnahme.
Welche Folgen hat es, wenn jemand seinen Namen nicht nennen will?
Nürnberger: Wer seine Personalien nicht angibt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Sie kann ein Bußgeld von bis zu 1000 Euro nach sich ziehen. Die Verweigerung führt außerdem dazu, dass ein Polizist weitere Rechte erhält. Jetzt kann er zum Beispiel die Taschen der Person nach einem Ausweis durchsuchen. Wenn sich derjenige dem körperlich widersetzt, sind wir schnell im Bereich einer Straftat. Und das nur, weil wir fragen, wie jemand heißt und wo er wohnt.
Was sind Gründe, warum Menschen keine Angaben machen möchten?
Nürnberger: Dazu kann ich nur Vermutungen anstellen. Unfallzeugen möchten nicht in irgendetwas hineingezogen werden. Am Ende müssen sie vor Gericht aussagen, das ist ihnen lästig. Menschen sind womöglich auch kritischer geworden, wenn es darum geht, Behörden den Namen anzugeben. Ich meine, Bürger sollten der Institution Polizei vertrauen, dass es einen Anlass für die Fragen gibt. Meine Kollegen wären froh, wenn nicht wegen der Personalien die Situation vor Ort eskaliert und eine körperliche Auseinandersetzung folgt.
Bürger haben der Polizei gegenüber aber auch Rechte. Müssen Sie Bürgern Ihren Ausweis zeigen?
Nürnberger: Jeder Betroffene kann natürlich nach dem Grund der Personalienfeststellung, meinem Namen und meinem Dienstausweis fragen. Aushändigen muss ich den Ausweis nicht, weil sonst im Anschluss die Rückgabe problematisch sein kann. Ich würde einfach eine Visitenkarte aushändigen, damit man weiß, mit wem man es zu tun hatte. In der Regel ist der Polizeibeamte jedoch ausreichend durch seine Uniform und dem Funkstreifenwagen erkennbar. Die Pflicht zur Angabe einer Dienstnummer gibt es im Übrigen ausschließlich im Fernsehen und ist tatsächlich nicht notwendig.
Zur Person
Polizeidirektor Thomas Nürnberger (60) ist im Alter von 17 Jahren zur Polizei gekommen. Seit 13 Jahren leitet er das Revier Heilbronn. Nürnberger war 23 Jahre lang in unterschiedlichen Hierarchieebenen in Stuttgart tätig etwa im Präsidialstab/Lagezentrum Innenministerium. Er leitete das Revier Stuttgart-Innenstadt und Neckarsulm.
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