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Von Klopapier bis Mehl: Supermärkte reagieren auf Hamsterkäufe

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Stichproben in Supermärkten in der Region zeigen: In den Geschäften werden bestimmte Produkte knapp. Noch geben sich die Unternehmen zuversichtlich, dass dies nur eine temporäre Erscheinung ist, doch ein Handelsexperte macht wenig Hoffnung.

von Alexander Klug und Adrian Hoffmann
Nicht alle Kunden hatten zuletzt bei der Suche nach Klopapier oder Nudeln Glück. Mit wachsenden Infektionszahlen nehmen auch die Hamsterkäufe wieder zu.

Foto: imago images/Petra Schneider
Nicht alle Kunden hatten zuletzt bei der Suche nach Klopapier oder Nudeln Glück. Mit wachsenden Infektionszahlen nehmen auch die Hamsterkäufe wieder zu. Foto: imago images/Petra Schneider  Foto: imago images / Petra Schneider

Scheinbar unaufhaltsam steigende Infektionszahlen, überschrittene Grenzwerte, Risikogebiete, Hotspots - und auch so manche Verhaltensweise wiederholt sich:

In einigen Supermarktregalen herrscht wie im April gähnende Leere. Vor allem Klopapier, Nudeln, Zucker oder Mehl gehen zur Neige.

"Weiß keiner, wie es weitergeht"

"Klar habe ich gehört, dass man nicht hamstern soll", sagt Gerhard Weller und deponiert Dienstagmorgen Sprudel, Milch, Hackfleisch und zwei Packungen Klopapier im Kofferraum seines Kombis. Das Auto steht auf dem Parkplatz der Aldi-Filiale in Neckarsulm. "Aber es weiß keiner, wie es weitergeht. Ob nicht manches doch ausgeht." Ein Besuch im Geschäft scheint diese Sorgen zu zerstreuen - die Klopapierpackungen stapeln sich.

Das täusche, sagt ein Mitarbeiter. "Wir haben geahnt, dass so etwas passieren könnte, und großzügiger Ware bestellt", erläutert der Mann, der nicht mit Namen in der Zeitung stehen will. Dennoch gehe manches zur Neige zum Beispiel Hefe. "Auch Toilettenpapier oder Nudeln könnten knapp werden."

Eine Mitarbeiterin fährt mit einer Reinigungsmaschine über den Platz, an dem normalerweise Klopapier steht. Er ist leer. "Neues wird gerade nachgefüllt", sagt der Mitarbeiter in der Neckarsulmer Lidl-Filiale. Wie sein Kollege bei Aldi will auch er seinen Namen nicht veröffentlicht sehen. Der Mann gibt sich zuversichtlich. "Ich denke, es wird weder heute noch in den nächsten Tagen Engpässe geben. Wir sind gut versorgt."

 


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Emotionen stärker als rationale Erwägungen

Weniger optimistisch bewertet Stephan Rüschen die Situation. Er ist Professor für Lebensmittelhandel an der Dualen Hochschule Heilbronn. Für ihn stehen die emotionalen Beweggründe der Hamsterkäufe im Vordergrund.

Im Netto-Markt in Biberach ist das Regal fürs Toilettenpapier so gut wie leergefegt. Foto: Hoffmann
Im Netto-Markt in Biberach ist das Regal fürs Toilettenpapier so gut wie leergefegt. Foto: Hoffmann  Foto: Hoffmann, Adrian

"Wenn ich vor so einem Regal stehe, speichert mein Gehirn ab, dass ich unbedingt dieses Produkt kaufen muss, wenn es zum nächsten Mal verfügbar ist. Egal, ob ich es brauche oder nicht", sagt der Professor. "Spätestens dann spielen rationale Erwägungen keine Rolle mehr."

Durch ein größeres Angebot der besonders begehrten Produkte sei dem Phänomen nicht beizukommen, sagt Rüschen. "Die Hamsterkäufe würden einfach nur mehr werden." Eine sinnvolle Gegenmaßnahme sei die Begrenzung etwa auf eine Packung Klopapier pro Kunde.

Begrenzung auf eine Packung

"Die Menschen sind schon lustig, wie sie immer wieder gleich reagieren", sagt eine Frau, die am Montag im Netto-Markt in Biberach einkauft. Auch hier: leere Regale. Edeka Ueltzhöfer in Heilbronn macht mit Aushängen darauf aufmerksam, dass pro Kunde nur eine Packung Toilettenpapier oder Küchenpapier gekauft werden darf. "Ich glaube nicht, dass das Hamstern die Dimension annimmt wie im März", sagt Edeka-Chef Steffen Ueltzhöfer. "Wir bekommen schnell Nachschub."

Im Edeka Ueltzhöfer in Heilbronn bittet man Kunden darum, auf "unnötige Bevorratung" zu verzichten. Foto: Hoffmann
Im Edeka Ueltzhöfer in Heilbronn bittet man Kunden darum, auf "unnötige Bevorratung" zu verzichten. Foto: Hoffmann

Aber auch er beobachte, dass das Hamstern beginne, sobald über einen Lockdown gesprochen werde. Selbst wenn ein Regal zeitweise leer sein sollte, sei das nicht automatisch ein Indiz für Hamsterkäufe, sagt Raimund Esser, Sprecher von Rewe. "Das ist schlicht eine Frage, wann das Marktteam wieder auffüllt oder der Lkw mit dem Nachschub kommt."

Auch in Drogerien leeren sich manche Regale: Bei DM in Leingarten wundern sich am Dienstagmorgen zwei ältere Frauen. "Ich hätte auch noch gerne welches gekauft", sagt eine von ihnen vor der leergefegten Stelle, wo sonst das Toilettenpapier steht. Etwas Vorrat zu haben, habe für sie noch nichts mit Hamstern zu tun. "Ich schäme mich ja schon fast, wenn ich Toilettenpapier kaufen will", sagt Kundin Carina Romagna. "Man komme sich gleich wie ein Hamster vor."

Kundin: "Ich verstehe solche Leute nicht"

Manche Kunden zeigen sich auch erbost über das Kaufverhalten anderer. "Ich bin stinksauer", sagt Carmen Noller aus Bad Friedrichshall nach ihren Wochenendeinkäufen. "Ich verstehe solche Leute nicht, die nur an sich denken." Jennifer Schreiweis, ebenfalls aus Bad Friedrichshall, berichtet, sie habe schon am Donnerstag Kunden gesehen, die fünf Packungen Toilettenpapier auf einmal gekauft hätten. "Die waren ganz panisch", erinnert sie sich. "Packten es schnell aufs Band und schnell wieder in den Einkaufswagen."

 


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