"Viele Ärzte überlegen, nicht mehr zu impfen"
Kaum Lieferungen für Erstimpfungen und gleichzeitig Hunderte Anrufe von Menschen, die nach dem Wegfall der Priorisierung einen Impftermin wollen: In den Praxen der Haus- und Fachärzte herrscht die blanke Not, sagt der Heilbronner Ärztesprecher Martin Uellner.

Kaum Lieferungen für Erstimpfungen und gleichzeitig Hunderte Anrufe von Menschen, die nach dem Wegfall der Priorisierung einen Impftermin wollen: In den Praxen der Haus- und Fachärzte herrscht die blanke Not, sagt der Heilbronner Ärztesprecher Martin Uellner. Stimme-Redakteurin Valerie Blass hat mit ihm über die Stimmung in der Ärzteschaft und die Perspektiven gesprochen.
Die Politik hatte für Juni deutlich mehr Impfstoff in Aussicht gestellt. Kommt der bei Ihnen nicht an?
Martin Uellner: Weniger Impfstoff für Erstimpfungen als derzeit gab es noch nie. Mit den Dosen, die wir diese Woche bekommen, können wir etwa zehn Patienten impfen. Einige Kollegen bekommen offenbar gar nichts. Wenn das so weitergeht, brauchen wir noch drei Jahre, bis wir durch sind.
Haben Sie eine Erklärung dafür, dass so wenig bei Ihnen ankommt?
Uellner: Nein, und das ärgert mich zusätzlich. Wir erwarten Verlässlichkeit und bekommen leere Versprechen. Es ist einfach unfair den Ärzten gegenüber, in der Öffentlichkeit über steigende Liefermengen zu sprechen und dann die Praxen den Mangel verwalten zu lassen. Unsere Telefone stehen nicht mehr still und meine Mitarbeiter müssen sich beschimpfen lassen von frustrierten Patienten. Wobei ich den Frust verstehe. Mit dem Wegfall der Priorisierung wurden Erwartungen geweckt, die nicht zu erfüllen sind.
Das klingt nach Frust auch bei Ihnen.
Uellner: Die Telefone in den Praxen sind von morgens bis abends blockiert, eine Regelversorgung ist so nicht mehr möglich. Eine ganze Reihe von Kollegen überlegt, unter diesen Bedingungen aus dem Impfen auszusteigen. Und jetzt noch die Sache mit dem digitalen Impfnachweis. Mir hat noch niemand gesagt, wie ich einen QR-Code in meiner Praxis generieren sollte. Minister Spahn hat das öffentlich angekündigt, aber mir liegen keine Informationen vor.


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