Viel Potenzial für Bottwartal-, Zabergäu- und Kochertalbahn
Das Land will eine ordentliche Schippe drauflegen bei der Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken. Die Bottwartalbahn, die Kochertalbahn, die Zabergäubahn und selbst die Krebsbachtalbahn haben gute Chancen, wieder in Betrieb zu gehen, wenn die lokalen Akteure rasch ihre Hausaufgaben machen.
Auf den stillgelegten Schienenstrecken im Landkreis Heilbronn und im Hohenlohekreis kommt Bewegung. Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat am Dienstag eine Reihe brachliegender Trassen im Land vorgestellt, die sich Hoffnungen machen können, reaktiviert zu werden. Neben der Bottwartalbahn von Marbach bis Heilbronn stehen die Zabergäubahn und die Kochertalbahn weit oben im Ranking. Insgesamt hatte das Land 42 stillgelegte Strecken untersucht.
Bottwartalbahn
Auf der Bottwartalbahn sieht das Ministerium ein "sehr hohes Nachfragepotenzial". Es geht von mehr als 1500 Fahrgästen pro Schultag aus: exakt 4020. Damit liegt der 34 Kilometer lange Abschnitt auf Platz zwei der stillgelegten Strecken im Land, die im Zuge der "Schienenoffensive" des Verkehrsministers reaktiviert werden könnten. "Die Potentialanalyse bestätigt unsere Annahmen, dass ein sehr großes Fahrgastpotenzial auf der Strecke der Bottwartalbahn besteht", sagte der Heilbronner Oberbürgermeister Harry Mergel am Dienstagabend. Laut Mergel bestehe dieses auch innerstädtisch. "Nachdem wir in den letzten Jahren konsequent unsere Einzugsbereiche im Norden, Westen und Osten angebunden haben, könnte nun auch eine schienengebundene Trasse Richtung Süden das Netz vervollständigen und den südlichen Teil der Stadt mit seinen Stadtteilen und beispielsweise die Hochschule Heilbronn oder den Businesspark Schwabenhof anbinden", so Mergel. Klar sei aber auch, dass man hier von Jahrzehnten spreche, ehe die erste Bahn fahren wird. "Die ehemalige Strecke ist komplett entwidmet und teilweise überbaut, es muss also eine neue Trasse festgelegt werden", sagte Mergel.
2004 wurde die erste Kosten-Nutzen-Rechnung für die Bottwartalbahn in Auftrag gegeben. Vor drei Jahren attestierte der Verband Region Stuttgart dem Streckenabschnitt eine "hohe Dringlichkeit". Züge fuhren auf dieser Strecke erstmals vor knapp 120 Jahren bis Heilbronn Süd. Rund sechs Jahre davor war die Strecke zwischen Marbach und Beilstein eingeweiht worden. 1966 wurde die Personenbeförderung eingestellt. Bereits zwei Jahre später folgte der Güterverkehr.
Zabergäubahn
Gute Aussicht auf eine Reaktivierung besteht auch für die Zabergäubahn. Auf der Strecke von Zaberfeld bis Lauffen erwartet das Verkehrsministerium ein Fahrgastaufkommen von 750 bis 1500 Fahrgästen pro Schultag: exakt 1000. Das Verkehrsministerium attestiert der Trasse damit ein hohes Fahrgastaufkommen.
Der Heilbronner Landrat Detlef Piepenburg zeigte sich erfreut, "dass das Land bei den vom Landkreis Heilbronn gemeinsam mit dem Verkehrsministerium vorangetriebenen Strecken weiterhin viel Fahrgastpotenzial erkennt. Dies bestätige "die Richtigkeit unserer langjährigen Bestrebungen, im Landkreis vorhandene Strecken zu reaktivieren und so den ÖPNV insgesamt zu stärken und nicht zuletzt auch das Klima zu schützen". Piepenburg wies bei aller Freude aber auch darauf hin, dass am Ende die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsberechnung entscheidende sein werden. "Das heißt, wenn diese nicht positiv sind, werden weder Land noch Bund die Projekte unterstützen", so der Landrat.
Kochertalbahn
Das 12,2 Kilometer lange Teilstück der Kochertalbahn zwischen Waldenburg und Künzels-au rangiert laut Untersuchung ebenfalls in der Kategorie B, das ein hohes Nutzeraufkommen zwischen 750 und 1500 Fahrgästen nahelegt: exakt 1010 pro Schultag. "Ich freue mich, dass die Landesregierung das Potenzial erkannt hat, das in der Strecke steckt und begrüße natürlich die Entscheidung", erklärt Matthias Neth, Landrat des Hohenlohekreises. "Damit ist ein weiterer Meilenstein geschafft", das Signal aus dem Ministerium sei sehr ermutigend. "Die Verwaltung wird für den Kreishaushalt 2021 Mittel für eine Machbarkeitsstudie einstellen, damit wir als Landkreis schnell alle Signale auf Grün stellen können", so der Landrat.
Die Bürgerinitiative "Wir bauen die neue Kochertalbahn" hatte bereits im Dezember 2018 eine eigene Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, die gezeigt hat, dass der Bau technisch möglich ist. Das Verkehrsministerium reagierte positiv und bezeichnete sie als einen "nicht unwesentlichen Meilenstein" zur Reaktivierung der Strecke. "Seit Gründung der Bürgerinitiative haben wir auf diese positive Entscheidung der Landesregierung hingearbeitet und freuen uns jetzt sehr, dass sich die Arbeit gelohnt hat", sagt 1. Vorsitzender Christian von Stetten, der bereits ein festes Jahr für die Inbetriebnahme im Blick hat. Sein Ziel ist, dass die Bahn nach den Sommerferien 2027 fährt.