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Umweltschützer kritisieren KI-Park-Projekt in Heilbronn

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Im Neckargartacher Gewerbegebiet Steinäcker soll auf 23 Hektar der neue Innovationspark Künstliche Intelligenz entstehen. Umweltschützer kritisieren den Flächenverbrauch des Projekts und sorgen sich um eine bedrohte Tierart.

von Annika Heffter
Der KI-Innovationspark soll in dem Gewerbegebiet Steinäcker in Neckargartach entstehen.
Der KI-Innovationspark soll in dem Gewerbegebiet Steinäcker in Neckargartach entstehen.  Foto: Matthias Bitch

Groß war der Jubel bei dem Heilbronner Bewerberkonsortium, als die Stadt im Juli den Zuschlag für den Innovationspark Künstliche Intelligenz (KI) des Landes bekam. Ein 100-Millionen-Euro-Projekt mit internationaler Strahlkraft, verkündeten die Beteiligten, darunter die Stadt, die Dieter-Schwarz-Stiftung, Hochschulen und die Stadtsiedlung.

Umweltverbände kritisierten das Vorhaben von Anfang an. Unter anderem die große Flächenversiegelung führe zu vielen Problemen, berichten der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) Heilbronn-Franken und der Naturschutzbund NABU Heilbronn nun ausführlich.


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Boden, so Umweltschützer, wäre unwiederbringlich verloren

Auf rund 23 Hektar soll der campusähnliche KI-Park im Gewerbegebiet Steinäcker in Heilbronn-Neckargartach gebaut werden. "Es handelt sich hier um hochwertige Böden", sagt Andrea Hohlweck vom BUND Heilbronn. "Das sind 23 Hektar, die als Wasserspeicher und Naturraum verloren gehen, die für die landwirtschaftliche Nutzung und für die Kaltluftproduktion fehlen."

Für das Stadtgebiet seien die Steinäcker aufgrund ihrer Lage bei der Kaltluftproduktion nicht so essenziell wie andere Freiflächen. Dennoch: Der Boden wäre unwiederbringlich verloren. "Und für die Kaltluftproduktion gibt es keinen Ausgleich", sagt Hohlweck. In einer Region, in der Städte sich immer mehr aufheizen und Menschen im Sommer mit Kreislaufproblemen zu kämpfen haben, sei es fatal, so große Gebiete aufzugeben.


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Für vom Aussterben bedrohte Rebhühner müssten Ausweichflächen geschaffen werden

Zudem geht es Britta Böhringer-Retter vom NABU Heilbronn um den Habitatverlust für bedrohte Arten. Besonders um die Rebhühner sorgt sie sich. "In ganz Baden-Württemberg gibt es nur noch 500 bis 800 Paare", sagt sie. In der Schweiz sei der Bodenbrüter schon ausgestorben.

Auf den Steinäckern sind mindestens drei Rebhuhn-Reviere nachgewiesen worden. Auch andere Arten wie die Feldlerche fühlen sich nach Angaben der Umweltschützerinnen auf den Steinäckern wohl.

Ausweichflächen für die Tiere seien nicht leicht zu finden. Als Audi sich in den Böllinger Höfen angesiedelt habe, erzählt Böhringer-Retter, seien Ausgleichsgewässer für Eidechsen und Erdkröten geschaffen worden. "Bei beiden ist die Maßnahme wahrscheinlich gescheitert", sagt sie. Die Population der Erdkröten sei quasi bei Null, die Eidechsen kaum mehr auffindbar. Die Schwierigkeit bei den Rebhühnern und Feldlerchen sei, dass sie Bereiche rund um hohe Gebäude um 120 beziehungsweise 100 Meter meiden, ergänzt Hohlweck.

Steinäcker wurden in den 1980ern als Gewerbegebiet ausgewiesen

Dr. Christoph Böhmer, der Leiter des Planungs- und Baurechtsamts der Stadt, reagiert auf die Kritik zum Flächenverbrauch: "Der Bereich Steinäcker ist schon seit den 1980er Jahren im Flächennutzungsplan als Gewerbegebiet ausgewiesen."

Über dieses Argument können die beiden Frauen nur müde lächeln. "In den 80ern war der Klimawandel noch kein großes Thema, und da gab es auch noch kein Verfassungsgerichtsurteil, dass in Sachen Klimaschutz mehr Tempo gemacht werden muss", sagt Hohlweck.

Gewerbegebietsausweisungen, die schon seit Jahrzehnten bestünden, müssten "auf den Klimaprüfstand" gestellt werden. "Wir müssen endlich realisieren, dass wir den Faktor Klima nicht weiter ignorieren können, wenn Flächen überplant werden sollen."

KI-Park soll ressourcenschonend umgesetzt werden

Die Stadt bekräftigt, die Belange des Natur- und Artenschutzes würden "in diesem Verfahren berücksichtigt", so Böhmer. Gutachten sollten Aufschluss über die "verursachten Eingriffe" geben, die dann "durch entsprechende Maßnahmen minimiert beziehungsweise ausgeglichen" würden. Zudem werde der KI-Park nachhaltig und ressourcenschonend umgesetzt.

Prinzipiell begrüßen das die Umweltschützerinnen. "Der Ansatz, nachhaltig, zum Beispiel mit Recycling-Beton, zu bauen, ist ja löblich", sagt Hohlweck. Aber: Es entstehe dennoch ein großes Gewerbegebiet, durch das nicht nur die Fläche für immer verloren ginge, sondern auch der Verkehr zunehme. Allein die auch für die Steinäcker nötige Nordumfahrung Frankenbach/Neckargartach trage zusätzlich zu Flächenversiegelung, Emissionen und Lebensraumzerschneidung bei.

Ist das KI-Park-Konzept zeitgemäß?

Fassadenbegrünung, Energieeffizienz und ÖPNV-Anbindung seien an sich gute Vorsätze der Stadt, aber die Kritik der Umweltschützerinnen ist grundsätzlicher: "Wir müssen uns fragen: Brauchen wir heutzutage, in Zeiten von mobilem, dezentralem Arbeiten, noch eine so große Bürofläche? Ist das zeitgemäß, wenn wir die Klimakrise wirklich ernst nehmen wollen?", fragt Hohlweck.

In Neckargartach gebe es zahlreiche Bestandsgebäude, die für das Projekt genutzt werden könnten, ergänzt Böhringer-Retter. "Dafür", so die NABU-Vorsitzende, "müsste man aber ein bisschen kleiner denken."

 
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