Surfen auf dem Fluss ist in immer mehr Städten in Deutschland möglich
Die Heilbronner Stimme war zu Besuch beim Surf-Opening in Pforzheim: Am Wochenende konnten zum ersten Mal auch Nicht-Vereinsmitglieder auf der Blackforestwave reiten. Auch in Nürnberg kann seit Ende März auf der Pegnitz gesurft werden.

Gut, es braucht ein bisschen Disziplin, sich den strömenden Regen wegzudenken und sich einzureden, dass der Regenschirm in der Hand ein Sonnenschirm ist: Aber spätestens dann kommt tatsächlich ein bisschen Hawaii-Feeling auf und man könnte glatt meinen, man sei nicht in Pforzheim, sondern im Surferparadies.
Aus den Musikboxen klingt Big Wave von Donavon Frankenreiter. Ein junger Mann reitet mit seinem orangenefarbenen Brett auf einer Welle. Manch einer jubelt ihm zu, während es sich andere mit einem Bier in der Hand abseits des feuchtfröhlichen Geschehens gemütlich gemacht haben und zuschauen. Der Regen im Metzelgraben am Rande des Pforzheimer Stadtgartens tut der guten Stimmung jedenfalls keinen Abbruch, als am Freitagnachmittag die Saison des Fluss-Surfens feierlich eröffnet wird - im Gegenteil: "Beim Surfen ist es egal, ob man von unten oder oben nass wird", sagt Johannes Buschmann, einer der vier Vorsitzenden des Vereins Blackforestwave, und lacht. Bereits im Herbst des vergangenen Jahres wurde die Surfwelle offiziell eingeweiht.
Innerhalb 24 Stunden waren alle Slots ausgebucht

An diesem Wochenende durften sich zum ersten Mal auch Nicht-Vereinsmitglieder an ihr ausprobieren. Innerhalb 24 Stunden seien alle Slots ausgebucht gewesen, sagt Buschmann. Julian Steinbock ist extra aus Stuttgart gekommen. Der 34-Jährige war schon in Costa Rica surfen, auf einer Flusswelle dagegen noch nie: "Auf dem Meer ist es ein bisschen einfacher", gibt er zu. Trotzdem mache es sehr viel Spaß. Auch Lukas Büchner ist begeistert: "Es läuft besser als erwartet. Und den Regen merkt man gar nicht. Ist erfrischend", scherzt der 25-Jährige.
Tausende Stunden ehrenamtliche Arbeit
Sieben Jahre Planung und tausende Stunden ehrenamtliche Arbeit stecken in dem Projekt, erinnert sich Vereinsvorsitzender Johannes Buschmann, selbst leidenschaftlicher Surfer seit 15 Jahren. Eine Zeit lang hat er im französischen Bidart an der baskischen Küste gewohnt und war dort täglich surfen. Das Gefühl auf der Surfwelle sei ähnlich. "Man kommt in ein Flowgefühl."
Feinjustierung der Welle möglich
Die Welle der fischdurchlässigen Anlage wird durch die Kraft des Flusses erzeugt: Sie besteht aus einer Stahlrahmenkonstruktion mit absenkbaren Elementen, welche auf einem Hydrauliksystem basiert. Dies ermöglicht auch eine Feinjustierung der Welle im laufenden Surfbetrieb. Die gesamte Konstruktion kann somit abgesenkt und die Welle stillgelegt werden. Kostenpunkt: Rund 80.000 Euro. Vorsitzender Julian Biehmelt erklärt, dass die Summe durch den Einsatz der Vereinsmitglieder sowie Unterstützern aus der Region zu stemmen gewesen sei. Auch aus dem weiteren Umfeld seien in der Vergangenheit surfbegeisterte Vereinsmitglieder zum Flusssurfen nach Pforzheim gepilgert, unter anderem aus Heilbronn.
Markus Söder: "Copacabana am Wöhrder See"
Auch in Nürnberg kann seit gut zwei Wochen auf der Pegnitz gesurft werden. Der Probebetrieb lief seit Juli 2021. Die Idee zum Flusssurfen entstand bereits im Jahr 2011 im Zuge eines offenen Planungsverfahrens für die Neugestaltung des Wöhrder Sees. Der Verein Nürnberger Dauerwelle, der inzwischen gut 400 Mitglieder zählt, hat die acht Meter breite Welle in der Pegnitz gebaut. Zur Eröffnung Ende März war unter anderem Markus Söder geladen. Als "Copacabana am Wöhrder See" lobte der Ministerpräsident die Fuchslochwelle, die neben der Münchener Eisbachwelle die zweite stehende Surferwelle in Bayern ist. "Ein wahnsinns Gefühl war das", schwärmt der Vorsitzende Thorsten Keck. Extrem viel Durchhaltevermögen habe die Realisierung des Projekts gekostet. Ein dreijähriges Genehmigungsverfahren hat die Fuchslochwelle hinter sich, auch der Standort habe sich mehrere Male geändert.
Drei Millionen Euro Kosten für Fuchslochwelle
Die Kosten von rund drei Millionen Euro wurden zur Hälfte durch die bayerische Staatsregierung sowie von Sponsoren und Mitgliedsbeiträgen gestemmt. Die Unterhaltungskosten bewegen sich im sechsstelligen Bereich, sagt Keck, seien aber durch die Mitgliedsbeiträge des "gut gewachsenen Vereins" sowie durch die Unterstützung von Sponsoren kein Problem. Seit der Eröffnung sei ein Schalter umgelegt worden: "Jetzt redet man nicht mehr über Baugenehmigungen und Co., sondern übers Surfen."
So funktioniert die Nürnberger Fuchslochwelle
Die Wellenanlage in Nürnberg wurde von der Firma Dreamwave in Kooperation mit der Universität Innsbruck entwickelt und in einem Kanal parallel zur Pegnitz installiert, der eigens dafür geschaffen wurde. Die Wellenerzeugung erfolgt durch die Fließkraft des Wassers. Im Betrieb wird das Wasser der Pegnitz durch ein Wehr aufgestaut und in den Kanal gelenkt. Hier fließt es über die Wellenrampe hinunter und trifft dort auf stehendes Wasser, wodurch eine Welle entsteht. Surfer können so auf der Welle gegen die Fließrichtung des Flusses surfen. Am 25. März wurde die Fuchslochwelle eröffnet.