Städte in der Region begrüßen Initiative zu Plastikmüll
Die Entsorgung von achtlos weggeworfenen Plastikverpackungen, Kaffeebechern oder Zigarettenkippen auf Straßen oder in Parks kostet Kommunen Millionen. Umweltministerin Svenja Schulze will die Hersteller dieser Verpackungen zur Kasse bitten.

Plastikmüll oder Zigarettenkippen von Straßen und Grünflächen zu entfernen, kostet die Kommunen jährlich Millionenbeträge. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) will Hersteller an den Entsorgungskosten beteiligen. In der Region, wo Bußgelder für Müllsünder teilweise kräftig erhöht wurden, gibt es Unterstützung für den Vorstoß.
"Wenn das Geld den Kommunen zugute kommt, kann das ein Ansatz sein", sagt Neckarsulms Oberbürgermeister Steffen Hertwig zu Überlegungen, Einwegplastikhersteller stärker zur Kasse zu bitten. Das Müllaufkommen in den Kommunen steige seit Jahren. Hertwig setzt weiter auf den Appell, "dass die Leute nicht alles stehen und liegen lassen".
Wie hoch die Müll-Entsorgungskosten für Städte in der Region sind
In Heilbronn beliefen sich allein die Entsorgungskosten für Müll aus öffentlichen Abfallbehältern auf einen niedrigen sechsstelligen Betrag pro Jahr, sagt Bürgermeister Wilfried Hajek: "Insofern begrüße ich jede Initiative zur Eindämmung des Mülls und zu einer gerechten Kostenverteilung." Ähnlich äußerte sich Klaus Holaschke, Eppinger Oberbürgermeister und Vizepräsident des baden-württembergischen Gemeindetags. "Es ist richtig, die Hersteller zu beteiligen und Kommunen zu entlasten." Heilbronn und Neckarsulm haben zuletzt Bußgelder für Müllsünder erhöht.
Die Städte und Gemeinden in Deutschland zahlen jährlich rund 700 Millionen Euro, um Parks und Straßen von Zigarettenkippen, To-Go-Bechern und anderen Einwegplastik-Produkten zu reinigen sowie öffentliche Abfallbehälter zu leeren und die Abfälle zu entsorgen. Das geht aus einer aktuellen Studie des Bundesumweltministeriums und des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU) hervor.
Studie zeigt, dass Plastikmüll 40 Prozent des Straßenkehrichts ausmacht
Geht es nach Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) soll künftig auch die Wirtschaft hierfür aufkommen müssen. "Das ist eine Frage der Gerechtigkeit", sagte sie bei der Vorstellung der Studie am Donnerstag in Berlin. Wie viel Produzenten genau zahlen sollten und wie das Geld eingesammelt werden solle, könne sie im Detail noch nicht sagen, so Schulze.
Über ein ganzes Jahr hinweg wurden für die Studie Daten aus 20 Städten gesammelt, Kommunen aus der Region Heilbronn oder aus Hohenlohe waren nicht darunter. Das Ergebnis: Plastik- und Verpackungsmüll machen im Volumen mehr als 40 Prozent des Straßenkehrichts aus.
Widerstand zu den Plänen kommt aus der Wirtschaft. Die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen warnte vor falschen Maßnahmen: "Achtloses Wegwerfen gilt es zu verhindern und nicht zu finanzieren. Der Konsument wird sein Verhalten dadurch nicht ändern." Der Deutsche Zigarettenverband (DZV) kritisiert die Studie. Zigarettenkippen spielten mengenmäßig "eine eher untergeordnete Rolle" am Einwegplastik-Abfall.
Details zur Studie
Alleine Einweglebensmittelverpackungen aus Kunststoff und Zigarettenkippen machen knapp 20 Prozent des Mülls auf den Straßen der Kommunen aus. Das ist ein Ergebnis der Studie des VKU. Nur für Zigarettenkippen fallen 225 Millionen Euro an. Die Reinigung von Kippen sei besonders kostenintensiv, denn diese landeten häufig in schwer zugänglichen Stellen. Die Entsorgung der Einweggetränkebecher kostet 120 Millionen Euro an.
Kommentar: "Absurd"
Von Jürgen Paul
Nicht nur Vertreter von Kommunen, sondern wohl auch die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung stört sich an achtlos weggeworfenen Plastikverpackungen, Kaffeebechern oder Zigarettenkippen auf Straßen oder in Parks. Dennoch geht der Vorstoß von Umweltministerin Svenja Schulze in die falsche Richtung.
Sie will die Hersteller dieser Verpackungen zur Kasse bitten, um die Bürger zu entlasten. Tatsächlich entlastet würden durch die geplante Abgabe aber die Kommunen, die mit dem Geld die steigenden Kosten für die Müllentsorgung schultern sollen. Ob die Bürger durch sinkende Müllgebühren profitieren würden, ist völlig ungewiss.
Es ist zudem einigermaßen absurd, mit der Zwangsabgabe für Verpackungshersteller das wilde Entsorgen des Mülls quasi zu legitimieren. Stattdessen muss das Ziel lauten, Müll zu vermeiden. Ein Pfand auf Kaffeebecher und Essensboxen könnte hierbei helfen, wie sich bei Pfandflaschen und -dosen gezeigt hat.
Und die Kommunen, die über das hohe Müllaufkommen jammern, sollten strenger kontrollieren und Bußgelder gegen Müllsünder verhängen. Das hätte möglicherweise auch einen erzieherischen Effekt. Auf die freiwillige Einsicht des To-go-Verbrauchers darf man wohl nicht hoffen. Deshalb die Wirtschaft zu bestrafen, geht allerdings am eigentlichen Problem vorbei.



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