Stadtwerke Heilbronn starten Verkauf des 49-Euro-Tickets
Als eines der ersten Verkehrsunternehmen bundesweit beginnen die Stadtwerke Heilbronn kommende Woche mit dem digitalen Verkauf des 49-Euro-Tickets. Es gilt ab 1. Mai im gesamten deutschen Nahverkehr. Was Abonnenten und Neukunden jetzt wissen müssen.
Alle Stammkunden des Heilbronner-Hohenloher-Haller Verkehrsverbunds (HNV) in Stadt und Landkreis Heilbronn bekommen dieser Tage Post von den Stadtwerken. Darin werden sie informiert, wie sie ihr Abo auf das neue 49-Euro-Ticket umstellen können, wenn sie das wünschen. Als Königsweg bewerben die Stadtwerke (SWHN) ihre App für Smartphones. Hier bekommen die Kunden ihr neues Deutschlandticket dann als QR-Code, der digital bei der Kontrolle ausgelesen werden kann.
Stadtwerke sind beim Online-Vertrieb früh dran
"Da sind wir ganz vorn vorbei", sagt Projektleiter Andreas Schluchter über den digitalen Vertriebsweg für das Deutschlandticket, den bislang nur wenige Verkehrsbetriebe oder Verkehrsverbünde bereits einsatzbereit haben. In anderen Regionen gibt es meist das Angebot, das Ticket vor dem Start am 1. Mai über ein Online-Formular vorzubestellen. SWHN-App-Nutzer können es nun von kommender Woche an buchen und erhalten im Lauf des kommenden Monats den QR-Code.
Smartphone-App soll perspektivisch viele Leistungen bieten
Die Stadtwerke übernehmen schon bisher den Vertrieb für den HNV im Stadt und Landkreis Heilbronn. In Hohenlohe ist der Nahverkehr Hohenlohekreis (NVH) zuständig, der Bestandskunden ebenfalls anschreiben wird. Die Stadtwerke sehen die Chance, durch den frühen Verkaufsstart Kunden für ihre App zu gewinnen, die weitere Leistungen umfassen soll, etwa das Bedienen von E-Auto-Ladesäulen. "Die App wollen wir nach und nach zu einer Service- und Mobilitätsplattform ausbauen", sagt Verkehrsbetriebsdirektor Tilo Elser.
49-Euro-Ticket: Bundesweit mobil ab 1. Mai
Das 49-Euro-Ticket soll nach langen Debatten und Streit über die Finanzierung zwischen Bund und Ländern am 1. Mai starten. Es wird bundesweit in Bussen und Bahnen des Nah- und Regionalverkehrs, nicht aber im Fernverkehr der Bahn gültig sein. Für die allermeisten Bestandskunden des HNV ist das ein massives Sparprogramm, weil fast alle Abos teurer sind als 49 Euro im Monat. Ausnahmen kann es geben, weil die aktuellen Abos zum Teil erlauben, andere Fahrgäste mitzunehmen. Wer darauf Wert legt, wird vom 49-Euro-Ticket Abstand nehmen. Es enthält keine Mitnahmeregelungen.
Bisherige Abo-Tarife existieren parallel weiter
Trotz 49-Euro-Start werden die bisherigen Abo-Tarife vorerst beibehalten. HNV und Stadtwerkle begründen das damit, dass das 49-Euro-Ticket zunächst auf eine Probephase von zwei Jahren angelegt ist und Erfahrungen gesammelt werden sollen. Das bedeutet aber auch: Stammkunden haben die Option, einfach ihren alten Tarif zu behalten und auch die alte Chipkarte weiter zu nutzen.
Auch Chipkarte statt Handyticket möglich
Dabei gibt es keinen App-Zwang, auch wenn die digitale Schiene der von den Stadtwerken bevorzugte Weg ist. Wer kein Handy hat oder gern ein physisches Ticket in der Hand hält, bekommt das 49-Euro-Ticket auch als Chipkarte, Stammkunden müssen dann ihre aktuelle Karte aber austauschen lassen. Auch hierzu wird es Informationen im Abonnenten-Anschreiben geben, kündigen die SWHN an. Die App macht das städtische Unternehmen den Nutzern zusätzlich schmackhaft: Wer das Handyticket vorzeigt, bekommt in Heilbronner Freibädern 25 Prozent Rabatt auf Tageskarten und zehn Prozent auf die Saisonkarte.
Komplizierter Finanzausgleich zwischen den Verbünden
Dass Verbünde und Verkehrsbetriebe auf die Tube drücken, hat auch noch einen anderen Grund. Jeder Heilbronner Kunde könnte sein 49-Euro-Ticket auch bei den Hamburger oder Berliner Verbünden online kaufen, es gilt ja ohnehin bundesweit. Dann stellt sich die Frage, wie die Einnahmen verteilt werden. Die Berliner können ja nicht für Leistungen kassieren, die in Heilbronn erbracht werden.
Voraussichtlich werden in der zweijährigen Probephase die Mindereinnahmen der Verbünde nach einem Schlüssel durch Bund und Länder ausgeglichen, der sich an den bisherigen Ticketeinnahmen orientiert. Nur: Wenn ein Verbund Vertriebseinnahmen schon in der eigenen Kasse hat, ist er in der komfortablen Situation, nicht erst auf die Umverteilung warten zu müssen. "Deshalb sind alle in Eile, Vertriebswege zu etablieren", weiß Matthias Lieb, Landesvorsitzender des ökologisch orientierten Verkehrsclubs VCD.
Fragezeichen bei langfristiger Finanzierung
Um den Vertrieb sorgt sich Lieb weniger, wohl aber um die langfristige Finanzierung des 49-Euro-Tickets, das offiziell wohlweislich nicht so heißt, sondern Deutschlandticket getauft wird. Damit sind künftige Preiserhöhungen ohne neuen Namen möglich. Es gebe "ziemlichen Sprengstoff", erwartet VCD-Landeschef Lieb harte Verhandlungen. Bislang ist vereinbart, dass Bund und Länder drei Milliarden Euro zuschießen. Gesichert sei das aber nur fürs laufende Jahr. Ab 24 mache sich der Bund "einen schlanken Fuß", was den Ausgleich möglicher Mehrkosten über die drei Milliarden Euro hinaus angeht, kritisiert Lieb.
Anmerkung: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, die Stadtwerke Heilbronn verkauften das 49-Euro-Ticket auch in Papierform. Das ist nicht der Fall. Es ist bei den SWHN über die Handy-App und als Chipkarte erhältlich.



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