Sporthaus Saemann in Heilbronn meldet Insolvenz an
Einen Tag vor den bundesweiten Lockdown hat Thomas Gauß, Geschäftsführer des Heilbronner Sporthauses Saemann, im laufenden Betrieb einen Antrag auf Insolvenz gestellt. Der Schritt soll dem Unternehmen neue Möglichkeiten eröffnen, sagt sein Anwalt.

Das Heilbronner Sporthaus Saemann hat Insolvenz angemeldet. Geschäftsführer Thomas Gauß hat am Dienstagvormittag den Antrag beim Amtsgericht eingereicht, zuvor hatte der 50-Jährige seine 39 Mitarbeiter über den Schritt informiert.
Der Antrag wurde im laufenden Betrieb gestellt, betont Rechtsanwalt Malte Höch. Grund für die Insolvenz sei Zahlungsunfähigkeit. Der Sporthaus Saemann GmbH und Co KG fehle angesichts des erneuten Lockdowns die Perspektive, im kommenden Quartal alle Verbindlichkeiten zu bezahlen. Deshalb habe er sich zu diesem Schritt entschlossen: "Es war die schwierigste Entscheidung meines Lebens", sagt Thomas Gauß. Er tritt gleichzeitig als Vorsitzender der Heilbronner Stadtinitiative und als Vizepräsident der IHK Heilbronn-Franken zurück.
Volle Warenlager, die nicht verkauft werden können
Die Verbindlichkeiten seines Unternehmens liegen aktuell bei einer Höhe von über einer Million Euro. Dagegen stehen volle Warenlager, die der Sportartikel- und Sportmodehändler aber nicht verkaufen kann. Alle Löhne und Sozialversicherungsbeiträge seien bezahlt, betont Gauß. Seine Mitarbeitern gegenüber empfinde er ein hohes Verantwortungsbewusstsein. Aber die Einnahmen seien weggebrochen.
Schon 2017/18 hatte das Sportgeschäft mit massiven Umsatzeinbrüchen zu kämpfen, als das Areal am Europaplatz umgebaut wurde. Dort hat Saemann 1995 den ersten Sportfachmarkt außerhalb einer Innen-stadt gegründet. Bis heute sei die Filiale, in der auch eine Servicewerkstatt für Ski und Snowboard angeschlossen ist, "der Ertragsbringer" im Unternehmen, sagt Gauß. Vor zwei Jahren kosteten ihn die fast 20 Monate dauernden Baumaßnahmen jedoch 1,5 Millionen Euro Umsatz. Den Verlust habe man durch konsequente Einsparung und Marketing wieder ausgeglichen, aber dann kam Corona.
Schon im Februar seien die Frequenzen zurückgegangen, im März kam der erste Lockdown, bis Mai seien erneut 1,5 Millionen Euro Umsatz weggefallen. Seine Hausbank habe Betriebsmittel in Aussicht gestellt, so Gauß, wenn ein Gutachten eine positive Fortführungsprognose liefern würde. Daraufhin legte er gleich zwei entsprechende Gutachten vor und brachte private Mittel in den Betrieb ein. Trotzdem lehnte die Bank den Kreditantrag Anfang November ab, was letztlich zur Zahlungsunfähigkeit führte.
Ski- und Snowboardsaison ist gelaufen
In der Zwischenzeit rechnet Gauß mit weiteren zwei Millionen Euro Umsatzausfall in der laufenden Saison. Ski, Snowboard, Ausrüstung, Bekleidung, Service - das Segment sei schon vor dem Lockdown bei Null. Insgesamt sei das Geschäft nicht mehr betriebswirtschaftlich darstellbar, sagt Anwalt Höch. Man habe alle Optionen geprüft und nach Lösungen gesucht: "Aber die Insolvenz ist alternativlos." Das heiße aber nicht zwingend, dass der Laden zugemacht werde, sondern könne auch Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen, um etwas Neues zu beginnen. Auch Thomas Gauß hofft, "den erfolgreichen Teil des Unternehmens" weiterzuführen.
Einst Heilbronns beste Einkaufsstraße
Er betreibt das Geschäft bereits in vierter Generation, sein Urgroßvater hat es 1898 gegründet. Der Laden zog später in die Kaiserstraße, damals Heilbronns beste Einkaufsadresse. Saemann war Gründungshaus von Intersport, Gauß' Großvater der erste Vorstand des Verbands. "Wir sind schon lange keine 1-A-Lage mehr", sagt Thomas Gauß heute.
Seit 24 Jahren ist er im Unternehmen und hat den Bau der Stadtbahntrasse vor der Haustür miterlebt, Leerstände und sinkende Kundenfrequenz. Mit dem ersten Sport-Concept-Store Deutschlands hatte noch er versucht, sich neu zu positionieren und einen Eisverkauf integriert. Die Insolvenz "aufgrund nicht beeinflussbarer Faktoren" sei schwer zu verdauen, sagt Gauß. Bei 70 Prozent liege derzeit das Umsatzminus. "Absehbar ist nicht mit Einnahmen zu rechnen", erklärt Malte Höch. Da müsse man als anständiger Kaufmann einen Strich ziehen.