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SLK-Chefarzt: "Wir hoffen, dass es nicht zum Kollaps kommt"

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SLK-Chefarzt Marcus Hennersdorf rechnet mit einem weiteren Anstieg der Patientenzahlen im Januar. Das Personal sei schon jetzt stark angespannt, sagt er. Vor der Silvesternacht hofft er, dass die Bevölkerung den Empfehlungen zur Kontaktreduzierung folgt.

Marcus Hennersdorf ist am Klinikum am Gesundbrunnen verantwortlich für die Covid-Intensivstation. Foto: SLK
Marcus Hennersdorf ist am Klinikum am Gesundbrunnen verantwortlich für die Covid-Intensivstation. Foto: SLK  Foto: SLK Krankenhaus

Marcus Hennersdorf klingt erschöpft am Telefon. "Es ist zu befürchten, dass die Zahl der Corona-Patienten in den nächsten Tagen noch steigt", sagt der SLK-Chefarzt. Das bereitet ihm Sorge, schon jetzt sei die Situation angespannt.

 

Uwe Janssens, Chef des Divi-Intensivregisters, hat seine Sorge vor einem personellen Kollaps angesichts der anhaltend hohen Belastung durch die vielen Corona-Patienten in den Krankenhäusern geäußert. Wie ist die Lage bei Ihnen?

Marcus Hennersdorf: Das Personal ist stark angespannt. Wir haben zwar bei SLK Vieles umstrukturiert und bekommen auf den Corona-Stationen Unterstützung aus anderen Bereichen. Aber die Lage mit mehr als 100 Corona-Patienten in unseren Einrichtungen hält eben schon lange an. Wir arbeiten sehr konzentriert. Die Zahlen sollten nicht weiter nach oben gehen. Und uns muss klar sein: Wenn Klinikpersonal in großem Stil wegen Erschöpfung oder eigener Erkrankung ausfällt, dann kann auch den Patienten nicht mehr geholfen werden.

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Mit welchen Szenarien rechnen Sie für den Januar?

Hennersdorf: Wir hoffen, dass die Zahlen zumindest stabil bleiben. Für Mitte Januar war ja ein Höhepunkt dieser Welle vorausgesagt, deswegen rechnen wir in der ersten Januarhälfte nicht mit einer Entspannung. Gleichzeitig befürchte ich, dass es anders kommt und die Zahlen als Resultat aus dem Verhalten an den Feiertagen weiter nach oben gehen werden. Man hat ja in den Wohngebieten gesehen, wie viele Autos mit fremden Kennzeichen unterwegs waren. Mein subjektives Empfinden ist, dass sich nicht alle an die Empfehlungen zur Kontaktreduzierung gehalten haben.

 

Alleine die Vorkehrungen zum Schutz des Personals vor einer Ansteckung − hier ein Symbolbild − sind aufwendig und zeitintensiv. Foto: dpa
Alleine die Vorkehrungen zum Schutz des Personals vor einer Ansteckung − hier ein Symbolbild − sind aufwendig und zeitintensiv. Foto: dpa  Foto: Jörg Carstensen

Was würden steigende Patientenzahlen für Sie und Ihr Team bedeuten?

Hennersdorf: Wir hoffen, dass es nicht zum Kollaps kommt. Aber es ist sehr deutlich, dass die Belastung an fast allen Kliniken gestiegen ist. Zweimal pro Woche tauschen wir uns innerhalb einer sogenannten Cluster-Region aus, zu der auch die Kliniken in Schwäbisch Hall, Ludwigsburg, Öhringen und Stuttgart gehören. Wir unterstützen uns bei Bedarf gegenseitig, etwa, indem wir Patienten verlegen. Alle Kollegen berichten von Patientenzahlen auf hohem Niveau. Und einige Gegenden in Deutschland sind noch stärker betroffen. Ich wünsche mir wirklich, dass die Öffentlichkeit sich beteiligt und den Empfehlungen zur Kontaktreduzierung folgt.

 

Manche Ihrer Kollegen fürchten, dass die jetzt begonnene Impfkampagne zu sorgloserem Verhalten führen könnte.

Hennersdorf: Es ist das Gebot der Stunde, auf keinen Fall leichtsinnig zu werden. Leichtsinn ist doch schon lange unser Hauptproblem. Ich führe regelhaft Gespräche mit Angehörigen schwer erkrankter Patienten, die mir sagen, sie hätten die Krankheit unterschätzt und denen es jetzt unendlich leid tut, dass sie nicht vorsichtiger waren.

 

Vielen ist nicht klar, warum die Kontaktbeschränkungen und die AHA-Regeln als Basisvorsorge auch nach einer Impfung weiter gelten sollen.

Hennersdorf: Sie gelten zunächst auf jeden Fall weiter. Schon alleine deshalb, weil wir derzeit noch nicht davon ausgehen können, dass ein Geimpfter das Virus nicht trotzdem weitergibt. Eigenverantwortung, auch zum Schutz anderer Menschen, ist das Allerwichtigste. Wir brauchen dringend Entspannung. Auch für andere Patienten, die im Moment weniger behandelt werden können und die Behandlung brauchen.

 

Zur Person

Professor Marcus Hennersdorf ist Direktor der Medizinischen Klinik I am Klinikum am Gesundbrunnen in Heilbronn und verantwortlich für die Covid-Intensivstation.


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