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Sind die Investitionen für die Luftreinhaltung in Heilbronn sinnvoll?

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Die Stadt Heilbronn investiert Millionen, um Fahrverbote wegen überhöhter Stickoxid-Werte zu verhindern. Dieses Maßnahmenbündel wird im Gemeinderat sehr unterschiedlich bewertet.

Von Christian Gleichauf
Wenn auf der Allee Autos Stoßstange an Stoßstange stehen, wird deutlich, wie viel sich in Heilbronn verändern muss.
Foto: Dennis Mugler
Wenn auf der Allee Autos Stoßstange an Stoßstange stehen, wird deutlich, wie viel sich in Heilbronn verändern muss. Foto: Dennis Mugler  Foto: Mugler, Dennis

Millionen investiert die Stadt Heilbronn, um Fahrverbote wegen überhöhter Stickoxidwerte zu verhindern. Diese teils mit hohen Fördergeldern verbundenen Maßnahmen zur Luftreinhaltung haben die Zustimmung des Gemeinderats.

Allerdings gibt es im Gremium auch Zweifel − auf der einen Seite, ob die erhofften Resultate eintreten. Auf der anderen Seite, ob der Aufwand gerechtfertigt ist.

"850.000 Euro aus Berlin für Heilbronn, das ist natürlich nice to have", sagt Wolfgang Palm zu der jüngsten Förderzusage für ein neues Park- und Verkehrsleitsystem. Doch der CDU-Stadtrat beklagt, dass bei dem Thema viele Wahrheiten durcheinandergebracht würden. Zu oft vergesse man, dass die Schadstoffbelastung in den vergangenen Jahren um 70 Prozent gesunken sei. "Vor 30 Jahren sind die Leute noch nach Wüstenrot gezogen, weil ihnen hier die Luft zu dreckig war." Das sei heute nicht mehr so.

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Dass noch immer Handlungsbedarf bestehe, sehe auch er ein, so Palm. "Es fahren hier zu viele SUVs herum. Da fehlt eine emissionsbezogene Steuer." Auch die Autoindustrie sei in der Verantwortung, ihre Fehler zu korrigieren. "Aber statt dessen werden im Hamburg Straßen gesperrt, während daneben im Hafen Rohöl verbrennende Schiffe liegen. Das ist doch total aus der Realität." Palm sieht jedenfalls keinen Grund, in Aktionismus zu verfallen. "Die Deutschen lieben eben die Apokalypse."

Die evangelische Pfarrerin und SPD-Stadträtin Dr. Anna Christ-Friedrich widerspricht. "Es geht hier nicht um die Apokalypse. Es geht um Heilbronn, um gesunde Luft und um Mobilität." Schritt für Schritt müsse man sich hier voranarbeiten. Und sie lobte ausdrücklich die Strategie, dem Problem mit vielen kleinen Maßnahmen zu begegnen.

Grundsätzliche Kritik übt auch Heiner Dörner von den Freien Wählern. Am allgemeinen Wachstum und an den Verfehlungen der Automobilindustrie könne Heilbronn nicht viel ändern. Auch das Mobilitätsverhalten lasse sich nicht so einfach beeinflussen. "Auch ich bin heute Abend mit dem Auto aus Kirchhausen hergefahren", räumt er ein. Doch bei den Grenzwertüberschreitungen werde doch häufig übersehen, dass die Messstationen am falschen Ort stehen. "Und kein Wort mehr wird über Feinstaub oder CO2 verloren."

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"Ich gebe Ihnen Recht in Bezug auf die Automobilindustrie", erklärt daraufhin Alexander Habermeier für die Grünen. Aber es sei eben gut, dass die Stadt eine Vorbildfunktion übernehme. "Und gut ist auch das betriebliche und behördliche Mobilitätsmanagement." Mehr Fahrgäste müssten für den ÖPNV gewonnen werden. "Da ist noch viel Luft nach oben", so Habermeier.

Michael Link (FDP) ist sich bewusst: "Es ist ein langer Weg, und der wird auch etwas kosten." Doch insgesamt zeigt er sich nicht zufrieden mit dem Konzept. Vor allem beim ÖPNV "wäre deutlich mehr drin". Der Radverkehr werde das Problem insbesondere in der dunklen Jahreszeit nicht lösen. Dazu komme, dass man innerhalb der EU sehr unterschiedlich mit dem Stickoxid-Problem umgehe. Deutschland habe sich selbst in die Situation hineinmanövriert und stehe jetzt vor einer "unlösbaren Aufgabe".

OB: "Wir haben ein konkretes Problem"

Der ÖPNV ist auch für Birgit Brenner (Bunte Liste) noch lange nicht da, wo er sein sollte. "Vormittags ist der Bus am Rathaus schon voll, die Stadtbahn ist unpünktlich, dazu die vielen Baustellen."

Oberbürgermeister Harry Mergel will das so nicht stehen lassen. "Wir haben in Heilbronn mit der Stadtbahn eine Einrichtung, um die uns viele andere Städte beneiden." Und auch die Hinweise, dass es sich bei den Grenzwertüberschreitungen beim Stickoxid nur um künstlich geschaffene Probleme handle, lässt er nicht gelten. "Wir haben ein konkretes Problem, und wir leben hier in einem Rechtsstaat." Die Deutsche Umwelthilfe, die Fahrverbote gerichtlich durchzusetzen versucht, sehe er deshalb nicht als Feind an.

Herausforderung für städtischen Fuhrpark

Bleiben die Stickoxidwerte an der Weinsberger Straße in Heilbronn weiterhin über dem Grenzwert, drohen auch hier Fahrverbote. Von diesen könnten auch mehr als 100 Fahrzeuge des städtischen Fuhrparks betroffen sein. Auf Stimme-Anfrage teilt die Stadt mit, dass von den 250 Fahrzeugen im Zuständigkeitsbereich des Betriebsamtes (ohne Amt 37, Eigenbetriebe und städt. GmbH"s) 150 mit Dieselmotor unterwegs sind. Nur 43 davon erfüllen die aktuelle Euro-6-Norm. 56 Fahrzeuge sind Euro 5 und immerhin 51 sind Euro 4 oder schlechter.

Neun Dieselfahrzeuge mit Euro 4 sollten bereits ersetzt werden. Zudem seien 2019 weitere Ersatzbeschaffungen für Euro 4-Diesel geplant. Die konkrete Anzahl könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht genannt werden, teilt die Pressestelle mit. 

 

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Kommentare

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Peter Henschel am 04.01.2019 13:54 Uhr

Fakt ist und bleibt aber, dass die Grenzwerte willkürlich, politisch gesetzt wurden. Das Ganze wurde dann noch in Gesetze gegossen. Erst hierdurch hat die DUH erst die Möglichkeit bekommen zu klagen und Gerichte zu urteilen! Das ist das Ergebnis von demokratisch Gewählten, welche ihre Entscheidungen ideologisch treffen und dabei die Tragweite hierbei völlig ausblenden! Das zum Thema selbst geschaffener “Probleme”!

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