Schüler der Mittelstufe warten weiter auf den Präsenzunterricht
Die weiterführenden Schulen öffnen in einer Woche für die Fünfer und Sechser. Viele Ältere dürfen noch nicht zurück in den Präsenzunterricht. Frühestens nach den Osterferien ist es so weit. Das Kultusministerium schickt ein Aber hinterher.

Das Schulsystem ist zur Zweiklassengesellschaft geworden. Grundschüler haben seit Donnerstag Aussicht auf täglichen Unterricht in den Klassenzimmern ab 15. März, Gleiches gilt für die Fünfer und Sechser. Abschlussklassen dürfen ebenfalls in die Schulen. Im leeren Raum hängen alle anderen Jugendlichen, die in den Jahrgangsstufen dazwischen sind. "Sofern es das Infektionsgeschehen zulässt", kommen sie nach den Osterferien zurück. Das hat das Kultusministerium erst diesen Freitag erklärt. Die Nachricht, auch wenn sie noch keine Gewissheit bietet, kommt rechtzeitig. Die Stimmung in diesen Jahrgängen hat teilweise einen Tiefpunkt erreicht. Auch Lehrer hängen durch.
Vom Wunsch, zurück in die Schule zu dürfen
Das sind Erfahrungen in Möckmühl, wo das Jagsttal-Gymnasium mit dem Jagsttal-Schulverbund einen Campus bildet. Ein klares Ziel vor Augen, eine Perspektive zu haben, das wünschen sich viele. "Bis jetzt weiß ich nicht, wann ich wieder Präsenzunterricht habe", sagt Elijas Dibrani im Gespräch mit unserer Zeitung; allerdings zu einem Zeitpunkt, zu dem sich das Kultusministeriums noch nicht zu den weiteren Öffnungsschritten geäußert hat. "Es wäre positiv, in die Schule zu kommen", sagt der Achtklässler, der Schülersprecher des Jagsttal-Schulverbunds mit Real- und Werkrealschulzweig ist.
Jugendliche fallen daheim in ein Loch
"Man fällt in ein Loch, wenn man zu Hause ist", gibt Leonie Saur zu, die an derselben Schule Klassensprecherin der neunten Klasse ist. Ihr fehle der Tagesrhythmus. "Der Weg zur Schule weckt einen auf." Sie macht sich Sorgen. Gerade die Neuner steuerten auf eine wichtige Phase mit den Prüfungsvorbereitungen zu, sagt sie. In zwei bis drei Wochen zurück an die Schule zu dürfen, das fände sie gut. Sie motiviert sich. Irgendwie. "Ich will einen guten Abschluss mit einer guten Note."
Abwarten und optimistisch bleiben, darauf setzt Bünjamin Bayir, Neuntklässler des Schulverbunds. "Wir müssen da alle durch." Ihm fehlt zu Hause vieles, was Schule sonst ausmacht. Lehrer, Klassenkameraden, "so gut wie alles", zählt er auf. Schön sei immerhin, dass das Wetter wieder mitspiele und er ins Freie könne.
Einer Abiturienten fehlen die fröhlichen Fünfer und Sechser auf dem Pausenhof
Als Abiturientin hat Amelie Baierl Präsenzunterricht im benachbarten Gymnasium, ihre Schwester aus der sechsten Klasse aber nur Online-Unterricht. Die meiste Zeit nur zu Hause zu sein, "das fällt ihr sehr schwer". Der Unterricht unter Pandemiebedingung ist für die Zwölftklässlerin ungewohnt. Mit Maske haben sie Unterricht, man sehe keine Mimik, nichts. "Das ist eine komische Atmosphäre." Zwei Schulen, die mehreren Hundert Schülern drei Schulabschlüsse anbieten, liegen beieinander. Eigentlich herrscht dort immer ein Kommen und Gehen. Doch jetzt? Leere Gänge, keine Hektik. Im Unterricht merkt Amelie Baierl nicht, dass sie sehr allein in den Gebäuden sind. Wenn sie aber über die anderen Momente nachdenkt, dann schon. Keine fröhlichen Fünfer, keine Sechser auf dem Pausenhof. "Der ganze Trubel, ein bisschen Alltag fehlt."
Die Abiturientin macht sich auch Sorgen um Kinder, die noch länger zu Hause seien. Sie weiß von Jüngeren, die Angst vor Präsenzunterricht haben. "Kommen sie noch mit?", das würden die sich fragen. Schüler auffangen, die abgleiten, das sei wichtig, um eine Spaltung zu verhindern.
Dass nicht jeder gleich gut lernen kann, bestätigen Jugendlichen der Verbundschule bestätigen. "Bei uns war es schon schwer für einige, mitzukommen", sagt Leonie Saur. Es hänge aber auch von der Motivation der Jugendlichen ab, ergänzt Elijas Dibrani.
Das sagen Lehrer am Schulstandort Möckmühl
Lehrer geben regelmäßig Rückmeldung an die Kinder, sagt Svenja Würz, die am Jagsttal-Schulverbund unterrichtet. "Das ist sehr wichtig." Nur der Fernlern- kann den Präsenzunterricht nicht ersetzen. "Der direkte Draht fehlt." Sie kennt Schüler, die mittlerweile abtauchen. Viele seien zurückhaltend. Die motivieren zu können, sei schwierig. Sie ruft deshalb bei Kindern zu Hause an, um mit den Familien zu reden. Allerdings können berufstätige Eltern nicht immer ihren Kindern beim Fernlern-Unterricht beiseite stehen. Große Leistungsunterschiede machen es schwer, voranzukommen. Wiederholt sie für die, die nicht gut mitkommen, langweile sie die stärkeren. Die Situation sei demotivierend, gibt sie zu. "Ich versuche doch, mein Bestes zu geben."
Beim Fernlern-Unterrichtet hat Daniyel Brahm, der am Gymnasium unterrichtet, auch die Stillen im Blick. Die nehme er häufiger dran, um sicherzugehen, dass sie tatsächlich aufpassen. Eine Perspektive für die Jugendlichen wäre gut, sagt David Beckert, der am Gymnasium unterrichtet. In der Pandemie sei das aber schwer, umzusetzen. "Vernunft geht vor Versprechen", sagt der Lehrer.
Die Stimmung im Kollegium sei auch belastend, sagt Peter Beyer, der den Schulverbund leitet. "Meine Kollegen wünschen sich Normalität zurück." Lehrer wollen ja nicht nur Fachwissen vermitteln, auch die ganzen anderen Angebote machten den Schulalltag aus. Doch das falle eben auch weg.