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Schnelltests bringen wenig Nutzen, sagen Experten

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Charité-Virologe Christian Drosten bringt erneute Kontaktbeschränkungen ins Gespräch, während SLK-Mediziner Tatjana Eigenbrod sagt, Test könnten niemals so effektiv wie Impfungen sein.

Welchen Stellenwert haben Schnelltests bei der Pandemiebekämpfung? Keinen wesentlichen, sagen Mediziner.
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Welchen Stellenwert haben Schnelltests bei der Pandemiebekämpfung? Keinen wesentlichen, sagen Mediziner. Foto: dpa  Foto: Kay Nietfeld

Mit einer 3G-Regel am Arbeitsplatz, verpflichtenden Tests für Pflegekräfte und der Wiedereinführung von kostenlosen Schnelltests für alle will die mutmaßliche Ampelkoalition die vierte Coronawelle brechen. Eine Impfpflicht für Beschäftigte in der Pflege soll es hingegen nicht geben, hieß es am Dienstag von SPD, Grünen und FDP. Auch die flächendeckende Einführung von 2G für den Freizeitbereich ist bislang nicht vorgesehen.

Problem ist mit Testen nicht zu beheben

Die Pläne stoßen bei Medizinern und Verbänden auf Kritik. "Ohne Piks sollte der Besuch im Fitnesscenter, im Club oder Kino tabu sein", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages Helmut Dedy. "Testen ist richtig, ja. Aber mit Testen ist dieses Problem sicher nicht zu beheben. Man kann mit Rauchmeldern keinen Brand löschen", kommentierte der Impfstoffforscher Leif-Eric Sander von der Berliner Charité auf Twitter.

Schnelltests seien kein geeignetes Mittel der Primärprävention, sagt auch Tatjana Eigenbrod, Leiterin des Bereichs Mikrobiologie bei den SLK-Kliniken. Sie sieht gleich mehrere Probleme. Vor allem kurz vor Einsetzen bis einige Tage nach Abklingen der Symptome sei das Virus mit einem Antigen-Schnelltest relativ gut nachweisbar. Aber: Die auf dem Markt befindlichen Schnelltests seien in der Qualität unterschiedlich. Auch die Sorgfalt bei der Abstrichnahme entscheide über die Zuverlässigkeit. Schnelltests seien deshalb vor allem aussagekräftig, wenn sowieso schon der Verdacht besteht, dass ein Getesteter positiv ist. Ein "Allheilmittel" seien sie nicht. Eine aktuelle Untersuchung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) bestätigt diese Einschätzung. 122 Covid-19-Antigen-Schnelltests wurden auf ihre Fähigkeit untersucht, das Sars-Cov-2-Virus nachzuweisen. "Das Ergebnis: Die Qualität der Tests war sehr unterschiedlich", so das PEI. 26 Tests boten nicht die geforderte Sensitivität von 75 Prozent.

Impfen ist die wichtigste Schutzmaßnahme

Eigenbrod sieht eine weitere Gefahr: Ein kostenloses Testangebot könnte einige Menschen dazu veranlassen, sich nicht impfen zu lassen, fürchtet sie. "Wir haben in den vergangenen Tagen gesehen, dass durch die Aussicht auf 2G die Nachfrage nach Impfungen am Impfbus zugenommen hat." Seit einigen Tagen steigen die Impfzahlen an vielen Orten der Republik wieder - selbst in Sachsen, dem Bundesland mit der niedrigsten Impfquote Deutschlands. Die Wiedereinführung kostenloser Tests, so die Sorge von Tatjana Eigenbrod, könnte das wieder umkehren. Dabei "ist nichts so effektiv, wie sich impfen zu lassen". Das Schließen der Impflücke und rasche Boosterimpfungen für besonders gefährdete Gruppen seien sehr viel sinnvoller als Antigen-Schnelltests kurzfristig wieder einzuführen. "Alles fußt auf den Impfungen."


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Ende der Kontaktverfolgung erschwert den Überblick


"Wir haben 15 Millionen Leute, die sich hätten impfen lassen können, die aber nicht geimpft sind", sagte Charité-Virologe Christian Drosten in der neuen Folge des NDR-Podcast "Coronavirus-Update". Seine Einschätzung zur Testdebatte: "Die Tests werden als Notbremse hingestellt, um die Welle zu brechen. Aber das werden sie in keinem Fall sein." Er kenne kein Land, in dem je bewiesen wurde, dass eine Massentestung eine steigende Inzidenzwelle durchbricht. Drosten zeigte sich skeptisch, ob Maßnahmen wie 2G noch ausreichen. "Wir müssen jetzt die Infektionstätigkeit wieder kontrollieren, auch durch Kontaktmaßnahmen."

In Österreich gilt 2G, jetzt könnten zusätzliche Kontaktbeschränkungen kommen

In Österreich, wo erst vor kurzem die 2G-Regel eingeführt worden war, drohen bereits weitere Schritte zur Eindämmung des Coronavirus in den am stärksten betroffenen Regionen. Für Länder mit hoher Impfquote wie Spanien - 80 Prozent sind vollständig geimpft - geht Christian Drosten hingegen für das Frühjahr von einem Ende der pandemischen Bedrohung aus. Er sagt: "Ich denke, dass Deutschland bis dahin noch nicht durch sein wird."

 

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