Wie sich die Lidl-Ansiedlung auf den Wohnungsmarkt und die Mieten auswirkt
Seit Anfang des Monats beziehen Lidl-Mitarbeiter ihre Räume in der neuen Verwaltungszentrale in Bad Wimpfen. Große Unternehmen machen Städte und Gemeinden als Wohnorte attraktiv. Wohnungsmangel und steigende Mieten sind die Folge.

Die neuen Arbeitsplätze sowie die technische Ausstattung sind bereits eingerichtet. Rund 1500 Mitarbeiter, die aus zehn bisherigen Standorten in Neckarsulm und Heilbronn kommen, werden bis Ende April sukzessive in die Stauferstadt übersiedeln. Doch das wirtschaftliche Wachstum bringt auch negative Folgen mit sich: Angesichts des ohnehin knappen Wohnraums und der steigenden Mietpreise befürchten einige, dass sich durch den Umzug der Lidl-Mitarbeiter die Situation am Wohnungsmarkt weiter zuspitzt.
"Mit der Ansiedlung hat Bad Wimpfen als Wohnstadt eine extrem hohe Attraktivität bekommen", erklärt Martina Burkert von der Bürgerinitiative Wise - Wimpfener Stadtentwicklung. "Diese Attraktivität, gekoppelt an schon vorher sehr begrenzt verfügbaren Wohnraum, schraubt Mieten und Immobilienpreise in einer nicht enden wollenden Spirale nach oben." Die Folge sei, dass sich viele, auch in Vollzeit beschäftigte Menschen im "Normalverdiener-Sektor" nahezu kein Wohnen in Bad Wimpfen mehr leisten könnten.
Auf Anfrage erklärt eine Mitarbeiterin der Lidl-Pressestelle: "Ein Großteil der Kollegen lebt bereits in der Region." Zu weiteren Details will sich das Unternehmen nicht äußern. Doch die Aussage deckt sich mit der Beobachtung, die Bad Wimpfens Bürgermeister Claus Brechter beim Blick auf das Einwohnermelderegister macht. "Ein wahrnehmbarer Umzug von Mitarbeitern in der neuen Verwaltungszentrale spiegelt sich in den gemeldeten Zuzügen des letzten halben Jahres nicht wider." Er wisse auch aus einer Umfrage der Schwarz-Gruppe, dass lediglich fünf Prozent einen Umzug nach Bad Wimpfen in Erwägung ziehen.
Der Rathauschef räumt jedoch auch ein: "Bereits in den vergangenen Jahren nehmen wir eine verstärkte Neubautätigkeit im Mehrfamilienhausbereich in Bad Wimpfen wahr." Dies hänge mit der Wohnungsnot in dem wirtschaftlich prosperierenden Raum zusammen. Brechter rechnet nicht damit, dass sich der Wohnungsmarkt im Stadt- und Landkreis kurzfristig entspanne. Durch Nachverdichtung im Rahmen der Stadtsanierung Altstadtrand sowie durch die Ausweisung von Geschosswohnungsbau in den aktuellen Bebauungsplänen steuere man gegen. "Ob sich dieses auf das sehr hohe Mietpreisniveau auswirken wird, hängt auch davon ab, wie viel sozial geförderte Wohnungen, deren Mieten wirksam gedeckelt werden können, dabei entstehen."
Wie ist die Situation in benachbarten Kommunen?

"Der Wohnungsmarkt in Offenau ist bereits seit längerer Zeit spürbar angespannt", berichtet Holger Leister, Leiter des Fachbereichs Steuerung, Finanzen, Planen und Bauen bei der Gemeinde. "Bei der Nachfrage nach Wohnbauplätzen verzeichnen wir seit mehreren Monaten auch Anfragen von Lidl-Mitarbeitern."
Die Situation in Bad Friedrichshall unterscheidet sich nach den Beobachtungen der Stadt wenig von der in der gesamten Region. Heißt konkret: "Die Lage am freien Wohnungsmarkt ist insgesamt angespannt, dies gilt sowohl für Mietwohnungen, als auch für Wohneigentum. Vor allem der sogenannte "bezahlbare Wohnraum ist knapp", macht Bürgermeister Timo Frey deutlich. Einen direkten Zusammenhang zwischen der Wohnungsnachfrage in Bad Friedrichshall und der Lidl-Zentrale in Bad Wimpfen könne er aus den Zu- und Wegzügen aber nicht ableiten." Man lebe schon seit vielen Jahren in einer wirtschaftsstarken und gleichzeitig lebenswerten Region. "Das Mietpreisniveau hat sich in den zurückliegenden Jahren sicherlich nach oben bewegt", so Frey. Als Stadt wolle man weiterhin gegensteuern. Bad Friedrichshall orientiert sich am qualifizierten Mietspiegel der Stadt Heilbronn mit einem Abschlag von zehn bis 15 Prozent. Trotzdem: Die Angst vor Wohnungsknappheit und horrenden Mieten in der Bevölkerung sei ihm aufgrund der Ansiedlung des Schwarz-Projekt-Campus in Bad Friedrichshall nicht unbekannt.
In Bad Rappenau äußern Wohnungssuchende Sorgen dahingehend, dass die Kosten für Wohnraum stetig steigen. Das berichtet Bürgermeister Sebastian Frei: "Andererseits freuen sich Bestandseigentümer über den steigenden Wert ihrer Immobilien." Die Kurstadt erfahre seit einigen Jahren einen steten Zuzug, gefragt sind sowohl Mietwohnungen, als auch nach Einfamilienhäusern. "Vor diesem Hintergrund ist es schwierig einzuschätzen, welcher Anteil des beschriebenen Zuzugs auf die Umsetzung des Lidl-Projekts in Bad Wimpfen zurückzuführen ist. Mit Sicherheit hat dieses aber einen nicht unerheblichen Anteil."
Mobilität
Die Schwarz-Gruppe hat für die neue Lidl-Verwaltungszentrale in Bad Wimpfen ein betriebliches Mobilitätsmanagement auf die Beine gestellt, damit Mitarbeiter zum Arbeitsplatz und zurückkommen. Das Konzept besteht aus Pedelecs, einem Shuttle, einer Mitfahrapp und einem autonomen Shuttle. Welche Route das autonome Shuttle auf seinem Weg vom Bahnhof zur Zentrale nehmen wird, ist noch unklar.