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Mord an Doppelgängerin: Beide Angeklagte zu lebenslanger Haft verurteilt

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Wegen des sogenannten Doppelgängerin-Mordes sind die 25-jährige Schahraban K. und ihr 26-jähriger Bekannter Sheqir K. zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden.


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Das Landgericht Ingolstadt hat gestern im sogenannten Doppelgängerin-Prozess die beiden Angeklagten zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt. Die Schwurgerichtskammer 1 war zu der Ansicht gekommen, dass Sheqir K. die damals 23-jährige Khadidja O. aus Eppingen am 16. August 2022 tötete. Die Mitangeklagte Schahraban K. (25) soll Sheqir K. (26) dazu angestiftet und den Mord geplant haben. Bei ihr erkannte das Gericht die besondere Schwere der Schuld. Mit dem Urteil folgte das Gericht in weiten Teilen der Anklage der Staatsanwaltschaft Ingolstadt. Die Verteidigung hatte einen Freispruch gefordert.

Äußerlich unbewegt nahmen die Angeklagten den Schuldspruch des Vorsitzenden Richters Konrad Kliegl kurz vor 14 Uhr auf. Von einem langen Prozess sprach er bei seiner Urteilsverkündung. Die Verteidigung habe mit immer neuen Anträgen eine Verschleppungsabsicht verfolgt. "Mit dem Jesidentum oder mit Magie hat das nichts zu tun."

Das Medien- und Zuschauerinteresse zur Urteilsverkündung war groß. Besucher warteten bereits seit 7 Uhr vor den Türen des Landgerichts Ingolstadt.
Foto: Jürgen Kümmerle
Das Medien- und Zuschauerinteresse zur Urteilsverkündung war groß. Besucher warteten bereits seit 7 Uhr vor den Türen des Landgerichts Ingolstadt. Foto: Jürgen Kümmerle  Foto: Kümmerle, Jürgen

Mord an Doppelgängerin: Beide Angeklagte wegen Mordes verurteilt

Detailliert erklärte Kliegl, wie sich aufgrund ausgewerteter Chatverläufe, Zeugenvernehmungen und den Angaben von Sheqir K. und Schahraban K. unmittelbar nach dem Mord gegenüber Bekannten die Tat abgespielt haben soll. Wegen Streitigkeiten mit dem Partner sei die Beziehung von Schahraban K. zerbrochen. Durch ihr repressives Elternhaus in ihrer Freiheit eingeschränkt, habe sie einen Ausweg gesucht. Sie habe ihren eigenen Tod vortäuschen wollen und dafür über Instagram nach einer Frau gesucht, die ihr ähnelte: zwischen 22 und 23 Jahre alt, 1,60 bis 1,70 Meter groß, keine Tattoos, dunkle Haare.

24 Mal schrieb sie Frauen an. Dann traf sie auf Khadidja O., der sie eine kostenlose Laserbehandlung in einem Kosmetikstudio in Ravenstein (Neckar-Odenwald-Kreis) versprach, das es gar nicht gab. Bereits Tage zuvor habe sie über Bekannte nach jemandem gesucht, der gegen Bezahlung einen Menschen umbringt. Sie lernte Sheqir K. kennen, der sich bereit erklärte. Mit ihm chattete sie in der Nacht vor der Tat: "Wir haben viel zu erledigen, Alter, freue mich auf morgen." Beide fuhren am Nachmittag des nächsten Tages von Ingolstadt nach Eppingen. Das ergaben Kameraaufnahmen und die Daten des Navis.


Mord an Doppelgängerin: Mit Schlagring auf den Hinterkopf von Khadidja O. geschlagen

Um 18.47 Uhr stieg Khadidja O. in das Mercedes Coupé ein. Um 19.07 Uhr stoppten sie im Waldgebiet Stöckach zwischen Massenbachhausen und Bad Rappenau-Fürfeld. Dann soll Sheqir K. mit einem Schlagring auf den Hinterkopf von Khadidja O. geschlagen und sie danach mit 47 Messerstichen und -schnitten am Kopf und im Gesicht, im Brustbereich und an der Seite verletzt haben. Sheqir K. soll danach die Eppingerin auf die Rückbank des Autos gelegt haben.

Da die junge Frau zu diesem Zeitpunkt noch gelebt habe, sollen sie auf einem Kaufland-Parkplatz in Bad Rappenau erneut angehalten haben. Dort soll der Angeklagte Khadidja O. mit neun Messerstichen getötet haben. Anschließend fuhren Schahraban K. am Steuer und Sheqir K. auf dem Beifahrersitz mit zum Teil knapp 200 Stundenkilometer nach Ingolstadt. Den Wagen mit der Leiche stellten sie unweit der Wohnung von Sheqir K. ab. Ihren Plan, das Auto anzuzünden, setzten sie nicht mehr um, die Polizei war bereits alarmiert.

Tatort ist nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft ein Waldstück bei Fürfeld

Als die zwei die Wohnung von Sheqir K. verlassen hatten, suchten bereits die Eltern der Angeklagten nach ihrer Tochter und fanden das Auto mit der Leiche. Sie nahmen an, dass es sich um ihre Tochter handelt, und riefen die Polizei. Sheqir K. und Schahraban K. trafen sich nach der Tat mit Bekannten. Sie erzählten von dem Mord. Sheqir K: "Für diese Hure habe ich ein Mädchen getötet." Ein unschuldiges Mädchen habe heute sterben müssen, soll Schahraban K. gesagt haben.

Ein Motiv, wie von der Verteidigung gefordert, brauche es nicht, um Mordmerkmal zu erfüllen, erklärte Kliegl. Die Verurteilten hätten die Arglosigkeit des Opfers ausgenutzt. Khadidja O. sei ahnungslos ins Auto eingestiegen. Im Wald sei sie erneut getäuscht worden. Schahraban K. habe heimtückisch gehandelt, es kämen niedrige Beweggründe hinzu. Die Verteidiger der Verurteilten kündigten an, in Revision zu gehen.

Strafmaß

Im deutschen Strafrecht bezeichnet der Begriff "besondere Schwere der Schuld" einen Umstand, der bei besonders schweren Straftaten festgestellt wird. Damit wird die Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung aus einer lebenslangen Freiheitsstrafe erheblich erschwert oder sogar ausgeschlossen. Die "besondere Schwere der Schuld" stellte das Landgericht Ingolstadt bei der Deutsch-Irakerin Schahraban K. fest. Es handle sich um eine verstörende Tat, die sich von anderen Mordfällen unterscheide.


Chronologie

16. August 2022: In der Peisserstraße in Ingolstadt wird im Mercedes Coupé der Angeklagten Schahraban K. eine Frauenleiche entdeckt. Schahrabans Eltern identifizieren die Tote als ihre Tochter. Bei den Ermittlern machen sich rasch Zweifel breit.

Am 17. August nimmt die Polizei Schahraban K. und den mutmaßlichen Komplizen Sheqir K. als Tatverdächtige fest. Seitdem sitzen die beiden in Untersuchungshaft.

Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt erhebt am 28. August Anklage wegen gemeinschaftlich begangenen Mord. Im März und im August 2023 ist die Polizei mit einem Großaufgebot in Bad Rappenau-Fürfeld im Einsatz. Polizisten durchkämmen den möglichen Tatort im Wald Stöckach sowie das Gelände im Bereich Frankenstraße und Sportplatz.

Am 16. Januar 2024 beginnt der Prozess am Landgericht Ingolstadt. Mehr als 190 Zeugen sind geladen. An einem Verhandlungstag im Mai kommen neue Details ans Licht. Laut GPS-Daten des Mercedes Coupé brechen die Angeklagten am Tattag um 18.44 Uhr in Eppingen auf. Um 19.07 Uhr halten sie im Wald in Fürfeld. Von 19.28 bis 19.37 Uhr hält das Auto auf dem Kaufland-Parkdeck in Bad Rappenau. Kurz vor Mitternacht stellt in Ingolstadt eine Notärztin den Tod von Khadidja O. in dem Wagen der Angeklagten fest.

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