Wird der Breitenauer See komplett gesperrt?
Die Verantwortlichen suchen eine Lösung nach den chaotischen Zuständen am heißen Sonntag. Einer der Vorschläge der Polizei: Einlasskontrolle mit einer festgelegten maximalen Besucherzahl.
Droht dem Badevergnügen am Breitenauer See das Aus? Nach den chaotischen Verkehrsverhältnissen und dem Massenansturm von Besuchern am vergangenen Sonntag auf das weit über die Regionsgrenzen hinaus beliebte Ausflugsziel suchen die Verantwortlichen nach einer Lösung. Die wird von Polizei und Anwohnern auch gefordert. Das Naherholungsgebiet auf Obersulmer und Löwensteiner Gemarkung könnte sogar komplett gesperrt werden.
Das will Tilman Schmidt, Bürgermeister von Obersulm und Vorsitzender des Naherholungszweckverbands Breitenauer See, in dieser Woche mit dem Gesundheitsamt des Landkreises Heilbronn, der Stadt Löwenstein, dem Wasserverband Sulm und dem Polizeipräsidium Heilbronn besprechen. Es werde geprüft, ob das eine durchsetzbare Option wäre und rechtlich möglich, gibt Schmidt gegenüber der Heilbronner Stimme zur Auskunft.
Ohnmächtig und hilflos
„Wir stehen der Situation mit Ohnmacht und Hilflosigkeit gegenüber“, sagt Schmidt, der sich am Sonntag selbst ein Bild von den „sehr chaotischen Zuständen“, die niemand wolle, machte. Bis nach Hößlinsülz erstreckte sich die parkende Blechlawine der Seebesucher. Verbotenerweise und rücksichtslos wurden Feldwege und Weinberge als Parkplätze zweckentfremdet. „Da geht es auch um die Verkehrssicherheit“, macht Schmidt deutlich. Die Polizei sah sich gezwungen, die Seespange zu sperren.
Dicht an dicht drängten sich Badegäste am Sandstrand und Uferbereich. Und das in Corona-Zeiten. Der Appell von Gemeinde und Zweckverband vom Freitag, dass bei Überfüllung die Abstandsregelung nicht eingehalten werden könnte, verpuffte. „Wir sind froh um jeden, der wegbleibt“, ist inzwischen Schmidts Haltung. Am Breitenauer See müsse man ausbaden, dass anderenorts Freibäder wegen Corona geschlossen oder nur eingeschränkt nutzbar seien. Auch andere Seen im Land erlebten laut Sozialminister Manne Lucha einen Ansturm von Besuchern. „Manche scheinen zu vergessen, dass wir uns noch mitten in der Pandemie befinden“, sagte der Grünen-Politiker.
Es gibt keine Obergrenze
„Das ist ein gordischer Knoten, der schwierig zu lösen ist“, meint Schmidt. Die Corona-Verordnung lasse zu, dass sich bis zu 20 Leute versammelten. Erst dann gelten 1,50 Meter Abstand. Wie sollte das die Security – am Sonntag waren es sechs Mann – kontrollieren? „Es gibt keine festgelegte Obergrenze“, entgegnet Schmidt auf den Vorschlag der Polizei, Einlasskontrollen mit maximaler Besucherzahl vorzunehmen. Und er fragt sich, ob Verbote die Problematik nicht verschärften.
Schmidt denkt an die Parkplatzeinweiser, das DLRG, die Security und den Gemeindevollzugsdienst, die am Sonntag bei geschätzten 10 000 Besuchern am Rande ihrer Belastbarkeit angelangt seien. „Sie haben einen hervorragenden Job gemacht.“ Und auch dem Reinigungspersonal spricht er seinen Dank aus, schließlich sei das Gelände am Montagmorgen von allem Müll befreit gewesen. Auch die Anwohner vergisst Schmidt nicht, die unter dem Verkehrschaos zu leiden hatten. Er verspricht für Weiler verstärkte Kontrollen.
Eines ist ihm wichtig, zu erwähnen. Von nicht einhaltbaren Abständen mal abgesehen, habe es am Wochenende keine Badeunfälle, keine kriminellen Handlungen, keine Randale im Naherholungsgebiet gegeben. Auf dem Gelände selbst sei es zivilisiert zugegangen.
Polizei sieht Verantwortung für das Chaos bei der Gemeinde
Unterdessen hält Polizeisprecher Frank Belz die Kritik an der Polizei für unberechtigt. Klar sei, dass das so nicht gehe wie an diesem Wochenende, so Belz. Es müsse dringend ein Konzept her, und man stehe hierzu auch im Dialog mit der Gemeinde und dem Zweckverband Breitenauer See. Die Polizei sei in diesem Zusammenhang „nur unterstützend tätig“. Wenn erstmal 10.000 Besucher am See seien, „können wir das nicht mehr kontrollieren“. Es sei hanebüchen, Polizisten durch die Menge zu schicken und angetrunkene Badegäste auf Corona-Regeln anzusprechen. Da sei eine Eskalation und Randale vorprogrammiert. Eine Lösung müsse vorab gefunden werden.
Die Gemeinde Obersulm hatte vor dem Wochenende einen Appell an Badegäste gerichtet, insbesondere am Sonntag auf einen Besuch des Sees zu verzichten. „Doch das ist nur ein Appell, keine Maßnahme“, sagt Polizeisprecher Frank Belz.
Wie Belz ausführt, könnten konkrete Lösungen sein: eine Einlasskontrolle mit Maximalanzahl an Badegästen. Wenn dann einzelne Besucher noch über „schwarze Eingänge“ an den See gelängen, dann sei das eben so, aber dies könnte man noch kontrollieren.
Eine weitere Möglichkeit wäre, klar zu machen: Wenn die Parkplätze belegt sind, ist der See voll – keine weiteren Gäste werden zugelassen. Oder – „worst case“ – der Breitenauer See werde komplett gesperrt. Man müsse zudem darauf achten, dass sich das Problem nicht einfach verlagere. Wenn der eine See geschlossen sei, gingen die Menschen zum nächsten.
Auch am Finsterroter See herrschte viel Betrieb
Auffällig sei, dass viele Badegäste am Wochenende nicht nur aus der Region Heilbronn anreisten, sondern zum Beispiel auch aus dem Raum Stuttgart. „Es brodelt“, sagt Belz, „die Leute wollen raus, sie wollen baden.“ Die Situation sei nicht nur am Breitenauer See bedenklich gewesen am Sonntag, sondern auch am Finsterroter See. Im Gespräch mit den Polizisten sei ihre Argumentation oft dieselbe, beschreibt der Pressesprecher der Polizei: Es könne doch in Bezug auf eine Verbreitung des Corona-Virus doch sowieso nichts passieren bei dieser hohen UV-Belastung und den allgemein hohen Temperaturen.
Natürlich sei die Polizei auch unterstützend vor Ort gewesen und in besonderen Fällen sperre sie auch Zufahrtswege. Auch ein Hubschrauber sei im Einsatz gewesen, um die Lage von oben im Blick zu haben und zu dokumentieren. Doch dann habe sich ein tödlicher Verkehrsunfall bei Löwenstein-Hirrweiler ereignet. Belz: „Wir haben an einem Wochenende nicht endlos Streifen zur Verfügung.“