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Geschlossene Notfallpraxen: Wie es mit der medizinischen Versorgung weitergeht

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Nach der Schließung von Notfallpraxen infolge eines Urteils hat die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg neue Strukturen angekündigt. Was geplant ist und was das für die SLK-Kliniken bedeutet.

von Julian Ruf
Im Gesundheitszentrum Möckmühl wäre eigentlich der Notdienst angesiedelt,  ist aber derzeit geschlossen.
Im Gesundheitszentrum Möckmühl wäre eigentlich der Notdienst angesiedelt, ist aber derzeit geschlossen.  Foto: Privat

Seit dem 25. Oktober gilt in Baden-Württemberg eine sogenannte "Notbremse" im ärztlichen Bereitschaftsdienst. Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) hatte diese Regelung in Gang gesetzt, nachdem ein Urteil des Bundessozialgerichts Unsicherheiten in der Sozialversicherungspflicht für "Pool-Ärzte", also Vertretungsmediziner, im Notfalldienst auslöste.

Einige Notfallpraxen in Baden-Württemberg mussten in Folge schließen, andere reduzierten ihre Öffnungszeiten. Zwei Praxen im Raum Heilbronn-Franken sind weiterhin geschlossen.

Ärztliche Notdienste: Vertretungs-Börse für Mediziner ab Januar

Nun hat die KVBW Eckpunkte genannt, die den ärztlichen Notdienst in Baden-Württemberg neu strukturieren sollen. Ein Ende der Schließungen scheint somit zumindest näher zu rücken. "Ab Januar soll es eine Vertretungs-Börse für Mediziner auf der Homepage der KVBW geben", sagt der KVBW-Sprecher Kai Sonntag der Heilbronner Stimme. Das würde es künftig einfacher für Ärzte machen, Vertretungen zu finden. Sonntag bestätigt, dass es auch weiterhin Probleme mit der ärztlichen Regelversorgung in Baden-Württemberg gibt. Vor diesem Hintergrund soll die Plattform auf lange Sicht nicht nur Notfallpraxen zugutekommen. Eine Beendigung der "Notbremse" im Januar bedeute dies allerdings nicht, wie Sonntag betont.

"Die Einschränkungen sind zwar nicht dauerhaft, aber es soll nicht alles wieder wie vor der Notbremse ablaufen. Wir wissen noch nicht, ob die Praxen wieder aufmachen." Im vergangenen Oktober war von einem Zeitraum von drei bis vier Monaten die Rede, in dem die Notbremse bestehen bleiben soll. Es gibt weiterhin offene Fragen zur Sozialversicherungspflicht von Pool-Ärzten.

Der Fokus wird auf Telemedizin gelegt

Der Landesverband des Hartmann-Ärztebundes begrüßt die Ankündigung der KVBW: "Die Fokussierung auf die Stärkung der Regelversorgung ist angesichts von 1000 unbesetzten Arztsitzen der richtige Weg", sagt Klaus Rinkel, Landesvorsitzender des Hartmann-Ärztebundes. Rinkel betont die Bedeutung der geplanten Vertretungs-Börse für eine effizientere Organisation von Diensten.

Ein weiterer Pfeiler bei der Neustrukturierung der ärztlichen Notdienste sei ein verstärkter Fokus auf die Telemedizin, wie KVBW-Sprecher Kai Sonntag fortführt. "Darin sehen wir erhebliches Potential, um die Ärzte im Notfalldienst zu entlasten", so Sonntag. "Ein Stichwort ist zum Beispiel die Medikamentenberatung." Diese Beratung soll perspektivisch für die Patienten außerhalb von regulären Sprechzeiten stattfinden, sodass sie nicht mehr persönlich in den Notfallpraxen erscheinen müssen. "Durch die telemedizinische Abklärung können bereits im Vorfeld unnötige Besuche in den Notdienstpraxen vermieden und bei Akutfällen gezielte Zuordnungen zu den relevanten Versorgungsebenen vorgenommen werden", kommentiert Klaus Rinkel die Pläne.

SLK-Kliniken sind außen vor

Keine direkten Auswirkungen hat die "Notbremse" auf die SLK-Kliniken, den größten Gesundheitsdienstleister der Region Heilbronn-Franken. Deren Notaufnahmen sind weiterhin rund um die Uhr und ohne Einschränkungen geöffnet, wie SLK-Sprecher Mathias Burkhardt erklärt. Die Notaufnahmen würden von den Kliniken selbst und nicht von der KVBW betrieben. Auch eine Mehrbelastung der Notaufnahmen, durch den Wegfall der zwei Notfallpraxen in Heilbronn-Franken, habe man bisher nicht feststellen können. "Ein rechtssicheres Konzept, welches die Versorgung im Rahmen der Notfallpraxen wieder sicherstellt, ist natürlich wünschenswert", sagt Burkhardt. Bei den zwei geschlossenen Notfallpraxen handelt es sich um Einrichtungen in Möckmühl und Künzelsau. Verkürzte Öffnungszeiten galten zuletzt für die Notfallpraxen in Brackenheim und Öhringen.

 


Hintergrund: Gerichtsurteil

Das Bundessozialgericht (BSG) entschied im Oktober, dass ein Zahnarzt, der als sogenannter "Pool-Arzt" im Notfalldienst der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg tätig ist, aufgrund dieser Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Da der ärztliche Notfalldienst der KVBW in seiner Organisationsstruktur wesentliche Ähnlichkeiten mit dem zahnärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenzahnärztlichen Vereinigung aufweist, ist die Entscheidung des BSG auch auf den Bereitschaftsdienst der KVBW übertragbar. Dies führte zur "Notbremse" und zu Schließungen mehrerer Notfallpraxen.

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