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Noch keine Klarheit im Corona-Hotspot Heilbronn

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Bund und Länder wollen schärfere Regeln für Kreise mit besonders vielen Corona-Neuinfektionen. Heilbronn gehört dazu. Was jetzt genau passiert, insbesondere wie der Schulunterricht abläuft, steht auch nach einer Sitzung des Krisenstabs im Rathaus nicht fest.

Von unserer Redaktion
 Foto: Bitsch

Der Lockdown ist verlängert, die Kontaktbeschränkung verschärft. Zudem soll es strengere Regeln für Hotspots geben: Bei einer Inzidenzzahl von mehr als 200 soll Wechselunterricht für ältere Schüler möglich sein. Die Entscheidung darüber will das Land laut Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) den betroffenen Schulen überlassen. Heilbronn, wo der Wert seit 5. November überschritten ist, wartet ab.

Was bedeutet Hotspot-Strategie?

Kanzlerin und Ministerpräsidenten der Länder haben sich am Mittwoch darauf geeinigt, dass für Stadt- und Landkreise mit besonders vielen Corona-Fällen verschärfte Maßnahmen gelten. Das ist der Fall, wenn es innerhalb einer Woche mehr als 200 Neuinfektionen gab, gerechnet auf 100.000 Einwohner. Heilbronn liegt darüber, der Landkreis Heilbronn und der Hohenlohkreis darunter.

 


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Was bedeutet das konkret?

Welche Maßnahmen ergriffen werden, ist Sache der Länder. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat am Donnerstag angekündigt, dass es in Hotspots "Hybridunterricht" geben soll, Schüler also im Wechsel in der Schule und zu Hause unterrichtet werden. Die Maßnahme sei aber nicht verpflichtend, sondern werde vor Ort entschieden.

Wird Heilbronn demnächst den Wechsel zwischen Präsenz- und Fernunterricht einführen?

Das ist noch nicht entschieden, wird aber diskutiert. Der Krisenstab hat sich am Donnerstag dazu entschieden, zunächst die Landesverordnung mit den neuen Beschlüssen abzuwarten. "Wir hoffen, dass die Dinge dort möglichst konkret geregelt sind", sagt Rathaussprecherin Suse Bucher-Pinell. Am Freitag gibt es allerdings eine Videokonferenz mit den geschäftsführenden Schulleitern der Stadt, um die Möglichkeiten zu besprechen.

Sind die Schulen jetzt besser vorbereitet als im Frühjahr?

Ja, einerseits haben bereits Erfahrung mit dem digitalen Unterricht, andererseits wurde die Ausstattung verbessert. 3222 Endgeräte hat die Stadt verteilt. Schüler, die zu Hause keinen Zugang zu einem Computer haben, können Geräte ausleihen, um am Unterricht teilzunehmen.

Was würde das konkret bedeuten?

Melanie Haußmann, geschäftsführende Schulleiterin in Heilbronn und Rektorin der Heinrich-von-Kleist-Realschule erklärt, dass der Hybridunterricht an ihrer Schule nur für neun der insgesamt 29 Klassen gelten würde. Da die Regelung nur ab Klasse sieben und nicht für Eingangs- und Abschlussklassen gelten soll, blieben 20 Klassen im Präsenzunterricht. Dank des flexiblen und versetzten Schulbeginns hat Haußmann bereits jetzt an ihrer Schule ein gutes Gefühl: "Es ist ein Unterschied, ob sich 800 Schüler durch das Treppenhaus drängen oder ob nur 400 gleichzeitig kommen."

 


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Wird es einen Heilbronner Alleingang geben?

Eher nicht. "Wir sind an einem einheitlichen Weg interessiert", sagt die Verwaltung. Grundlage des Handelns wird die Landesverordnung sein. Sollten die Beschlüsse jedoch auf kommunale Ebene verlagert werden, werde man eine Entscheidung treffen. Wie die aussieht, sei allerdings noch offen.

Wann fällt die Entscheidung?

Die Stadt geht davon aus, dass die Landesverordnung am Wochenende vorliegt. Am kommenden Montag könne man dann reagieren, heißt es im Rathaus.

Warum sind die Zahlen in Heilbronn eigentlich so hoch?

Das Geschehen sei diffus, betont die Stadt, es gebe also kein einzelnes Ereignis. Ausschlaggebend sei vermutlich auch die urbane Struktur, die Social Distancing im gegensatz zu ländlichen Bereichen erschwere. Gleichzeitig werden in Heilbronn alle Kontaktpersonen ersten Grades getestet, also auch jene ohne Symptome. Das könnte einen Effekt haben, lasse sich aber nicht belegen, heißt es im Rathaus.

 


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Welche Rolle spielt die Verwaltungsstruktur?

Die Stadt betont häufig, die Statistik weise auch deshalb so hohe Zahlen aus, weil Heilbronn ein eigener Stadtkreis ist und nicht – wie etwa Ludwigsburg – in einem Landkreis aufgeht. Diesen Effekt gibt es. Nimmt man die Zahlen von Mittwoch dieser Woche und errechnet, wie hoch die Inzidenz für Stadt und Landkreis zusammen wäre, kommt man auf einen Wert von 162,6. Das ist etwa so viel wie in Stuttgart oder im Ostalbkreis.

Wie sehen das andere Städte? Auch Pforzheim liegt mit einer Inzidenz von 215 im kritischen Bereich.

Bürgermeister Frank Fillbrunn findet die Möglichkeit, auf besondere Infektionslagen mit. Wechselunterricht zu reagieren, sinnvoll. Er nehme generell eine Offenheit für diese Lösung bei den Schulen wahr. "Die die Aufrechterhaltung des Unterrichts wird zunehmend schwierig", erklärt er auf Anfrage. Mannheim, ebenfalls ein Plus-200-Hotspot, will wie Heilbronn die Landesverordnung abwarten.

Was sagen Elternvertreter?

Christoph Eberlein, Heilbronner Gesamtelternvorsitzender, ist ein Vertreter des Präsenzunterrichts. Während des Lockdowns im Frühjahr hatte er sehr unterschiedliche Rückmeldungen zum Fernunterricht bekommen. An manchen Schulen lief es gut, an anderen aber weniger gut. "Aber man ist ja nicht blind und kennt die Zahlen", sagt Eberlein. Das Gesundheitsamt hat neulich ja mitgeteilt, dass ein Drittel der infizierten Personen zwischen 14 und 20 Jahre alt ist. "Unter dieser Prämisse halte ich das mit dem Wechselmodell für richtig." Seiner Meinung nach erfolgen die Ansteckungen zwar im privaten Bereich. "Aber ich denke, dass man auch private Kontakte etwas einschränkt, wenn die Kinder weniger in der Schule sind."

Wie ist die Position der Lehrer?

Die Lehrergewerkschaft Erziehung und Wissenschaft auch in der Region Heilbronn fordert schon lange, zum Wechselunterricht überzugehen. Erst diese Woche bekräftigte der Vorstand seine Position.

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