Zukunft der Neckarschleusen: Berlins rätselhafter Plan B
Werden die Neckarschleusen doch nicht für größere Schiffe ausgebaut? Kommunalvertreter aus der Region hatten kürzlich nach einem Spitzentreffen in Berlin überraschend Bereitschaft signalisiert, über Alternativen zu reden. Wie die aussehen sollen, ist allerdings unklar.

Keineswegs wolle man aus der "Phalanx" der Ausbau-Befürworter ausscheren, betont Harry Mergel auf Nachfrage, nachdem erste Äußerung und eine Pressemitteilung nach einer Berlin-Reise im November anderes hatte vermuten lassen.
"Wir sind bei 135 Meter", erinnert Heilbronns OB jetzt an das Ziel für die Schleusen, die bislang für maximal 105 Meter lange Güterschiffe taugen. "Wir hören uns aber an, ob es andere Lösungen gibt."
Die Stadt will nicht dem Eindruck Vorschub leisten, ausgerechnet Heilbronn gehe auf Distanz zur sogenannten Heilbronner Erklärung. Beim Hafenforum am 24. Oktober schrieben die Häfen Plochingen, Stuttgart, Heilbronn und Mannheim sowie Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) daran fest, was seit Langem zwischen Bund und Land vereinbart ist: eben dass die Schleusen verlängert werden.
Kehrtwende nach Spitzengespräch angekündigt
Es folgte die Reise nach Berlin: Dort trafen sich Hohenlohe-Landrat Matthias Neth, Lutz Mai, erster Landesbeamter im Landratsamt Heilbronn, und Mergel am 29. November zu Gesprächen mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und Spitzen-Ministerialen.
In einer gemeinsamen Mitteilung der Berlin-Fahrer aus der Region hieß es dann anschließend, es zeichne sich eine "Wende" bei den Schleusen ab. Mergel sagte unmittelbar nach seiner Rückkehr, es gebe "Entwicklungen, die wir nicht ignorieren können" und deutete damit eine Abkehr von der Ausbau-Forderung an - eine Linie, die unter anderem das Land gegenüber dem Bund seit 17 Jahren verteidigt.
Bei anderen Unterzeichnern der Heilbronner Erklärung stieß das auf Verwunderung. Carsten Strähle, Chef des Stuttgarter Hafens, kommentierte die Alternativpläne trocken: "Ich wäre gespannt, wenn ich sie sehen könnte." Strähle bekräftigt seine Position, dass eine - von Berlin priorisierte - Sanierung der Schleusen ohne Verlängerung keinen Sinn ergebe. "Am Ende geht es um 30 Meter Betonwand", die Mehrkosten seien gering, betont Strähle, der "eine schlechte Kommunikationspolitik" nach dem Berlin-Besuch der Vertreter aus dem Raum Heilbronn bemängelt.
Ein Sprecher von Landesverkehrsminister Hermann äußert sich nicht, von einem Plan B sei nichts bekannt. Und Berlin? Das Bundesverkehrsministerium distanziert sich auf Stimme-Anfrage so deutlich wie nie vom Ausbau der 27 Neckarschleusen für 135 Meter lange Frachter. Es gebe "bereits heute hohe Verlagerungspotenziale, die in der vorhandenen Infrastruktur genutzt werden können", gibt ein Ministeriumssprecher das Ziel aus, "eine zukunftsfähige Perspektive für den Gütertransport auf dem Neckar zu schaffen".
Berlin bleibt vage beim Alternativkonzept
Von einem Gesamtkonzept und "einem Modell für einen modernen und klimaneutralen Verkehrsträger Wasserstraße" ist die Rede. Die 135-Meter-Frachter spielen darin in Wissings Ministerium keine Rolle. Ihr Einsatz würde nach Berlins Einschätzung "zu keiner Verkehrsverlagerung auf die Wasserstraße führen, zumal der Anteil der 135-Meter-Schiffe an der Flotte im Rheingebiet aktuell unter fünf Prozent liegt".
Bei der Frage, was stattdessen passieren soll, bleibt die Antwort vage. Die Rede ist von "Maßnahmen zur Stärkung des kombinierten Verkehrs, zur Verlagerung von Güter- und Schwertransporte auf das Wasser oder auch die Förderung alternativer Antriebe, der Digitalisierung und neue Logistikkonzepte".
Für den Bundesverband der Binnenschifffahrt steht fest: Gerade für Containerfracht seien die 135-Meter-Schiffe interessant. "Das ist für Container die gängige Größe", sagt Geschäftsführer Jens Schwanen.
Es dürfte gerade im Interesse Heilbronns sein, diese Sparte zu fördern. Das moderne Container-Terminal ist darauf ausgelegt, dass Waren zwischen Wasser, Straße und Schiene umgeschlagen werden können, also "trimodal". Bislang erfolgt das praktisch nur zwischen Lastwagen und Bahn, weil kaum Containerschiffe sich in den Neckar verirren.
Zur Zukunft der Schleusen soll es nun ein weiteres Hafenforum unter Beteiligung des Bundes geben. "Die Terminfindung", schreibt Wissings Ministerium, "läuft noch."