Nahverkehrsabgabe ist in der Region umstritten
Kommunen führen eine Abgabe ein, im Gegenzug gibt es ein besseres Angebot bei Bus und Bahn und vergünstigte Tickets. Viele Details zu den Mobilitätspass-Plänen des Landes sind noch unklar. Entsprechend reserviert reagieren Rathäuser und Landratsämter. Die politischen Akteure in der Region bringen sich bereits in Position.

Eben erst hat sich die Stadt Heilbronn ein ehrgeiziges Mobilitätskonzept gegeben, mit dem etwa der Anteil des Autoverkehrs an den zurückgelegten Wegen reduziert werden soll. Die Debatte über die im grün-schwarzen Koalitionsvertrag vereinbarte Nahverkehrsabgabe ist noch nicht in der Kommunalpolitik angekommen. "Die Diskussion", erwartet Thomas Randecker, "wird spannend." Dabei ist die Position des Sprechers der CDU-Fraktion im Heilbronner Gemeinderat klar - obwohl sich seine Partei im Koalitionsvertrag zu einer Nahverkehrsabgabe bekannt hat: "Eine zusätzliche Belastung der Autofahrer ist mit uns nicht zu machen."
Beginnt die Debatte um eine City-Maut?
Derweil kann sich Susanne Bay, Fraktionssprecherin der Grünen, eine Bewerbung des Raums Heilbronn als Mobilitätspass-Modellregion vorstellen und steht Diskussionen über eine City-Maut offen gegenüber. "Ich halte das nicht für ausgeschlossen." SPD-Sprecher Rainer Hinderer spielt den Ball zurück nach Stuttgart: "Ich erwarte, dass das Land klare Vorgaben macht."
Freie Wähler und AfD in Heilbronn bewerten eine Nahverkehrsabgabe eher skeptisch. Die Linke hat sich bei der Debatte um das Mobilitätskonzept für ein 365-Euro-Jahresticket ausgesprochen und erfolglos gefordert, dass ein Teil der Gewerbesteuer zweckgebunden in den ÖPNV fließt.
Kreise und Stadt Heilbronn warten ab
Für das Landratsamt Heilbronn ist das Regierungsvorhaben nicht konkret genug, um es zu kommentieren. Ähnlich äußert sich das Landratsamt in Künzelsau. Eine Umfrage unserer Zeitung unter den Vorsitzenden der Fraktionen und Gruppen im Kreistag des Hohenlohekreises hatte ergeben, dass FDP und AfD eine Abgabe von Autofahrern zum Ausbau des ÖPNV kategorisch ablehnen, während die Grünen voll dafür sind. CDU, Freie Wähler und SPD wollten dazu noch nichts sagen. Nicht nur die Finanzierung, auch das Ziel der Stuttgarter Nahverkehrspläne wurden in der Region diskutiert - vor allem die Forderung, dass von 5 Uhr morgens bis Mitternacht alle Orte im Land mit dem Nahverkehr erreichbar sein sollen.
Kritik kam in der Region vor allem von der FDP, die das Vorhaben schlicht für nicht finanzierbar hält. Der Landkreis Heilbronn verwies zuletzt auf das bestehende gute ÖPNV-Angebot auch am Abend und an Wochenenden. Derweil zeigen Untersuchungen, dass der Heilbronner-Hohenloher-Haller Nahverkehr (HNV) beim Bus- und Bahnangebot in den Randzeiten relativ schlecht abschneidet.
VCD unterstützt Pläne der Koalition
Der Hohenlohekreis müsste sein Angebot in dieser Hinsicht massiv ausweiten, weil bisher nur zwei Buslinien täglich von früh morgens bis spät abends mindestens in dem geforderten Stundentakt fahren und viele kleinere Orte in der zuweilen sehr dünn besiedelten Region verlässlich ans öffentliche Busnetz angeschlossen werden müssten. Die im Koalitionsvertrag fixierte Stärkung des ÖPNV bewertete das Landratsamts in Künzelsau als "sehr ambitioniert".
Ambitioniert - aber gerechtfertigt, findet Matthias Lieb. "Eine Verdopplung der Fahrgastzahlen ist aus Klimaschutzgründen nötig", sagt der Landesvorsitzende des Verkehrsklubs Deutschland (VCD). Das gehe nur mit einem besseren Angebot und neuen Finanzierungsquellen. Auch die emotional aufgeladene Diskussion um eine City-Maut in Ballungsräumen müsse man führen, erwartet Lieb. Überall, wo es sie gebe, habe sich "die Diskussion schnell entspannt".