Nächste Überraschung in unendlicher Wollhaus-Geschichte
Für Überraschungen ist das Heilbronner Wollhaus immer gut: Viele erhofften sich von der Zwangsversteigerung der ehemaligen Kaufhof-Fläche eine Initialzündung. Doch die Auktion ist abgeblasen. Beobachter vermuten, dass hinter den Kulissen an einer Einigung gearbeitet wird.

Für Überraschungen ist das Wollhaus immer gut: Viele erhofften sich von der Zwangsversteigerung der ehemaligen Kaufhof-Fläche eine Initialzündung für die Entwicklung des umstrittenen Komplexes. Doch die für diesen Donnerstag vorgesehene Auktion ist abgeblasen. Beobachter vermuten, dass hinter den Kulissen an einer Einigung gearbeitet wird. Der aktuelle Zustand des Wollhauszentrums ist für Stadtverwaltung, Bürger, Einzelhandel und Besitzer der Immobilie längst nicht mehr tragbar.
Fast zwei Drittel der Gesamtfläche
Die ehemalige Kaufhof-Filiale, 62 Prozent der Wollhaus-Gesamtfläche, gehört einem dänischen Immobilienfonds. Dessen Gläubigerbank hatte das Auktionsverfahren angestrengt und am Freitag per Fax ans Amtsgericht wieder abgeblasen. Zu Details gab das Bankhaus keine Auskunft. Über die Hintergründe der kurzfristigen Absage kann nur spekuliert werden. Kenner der Heilbronner Immobilienszene gehen davon aus, dass im Hintergrund Verhandlungen über einen Verkauf der Fläche laufen oder dass die ehemalige Kaufhof-Filiale bereits einen neuen Besitzer gefunden hat.
Als Kandidat für einen Kauf gilt die Firma Neufeld Immobilien aus Oedheim. Das Unternehmen hatte sich bei einer ersten Zwangsversteigerung die Ladenpassage gesichert und besitzt Wohn- und Praxisräume im Wollhaus-Turm. Auf Stimme-Nachfrage hatte Neufeld zuletzt aber kein Interesse an den Kaufhof-Flächen signalisiert. Arthur Neufeld von der Geschäftsführung hatte ein Engagement im Wollhaus als "aktuell hochspekulativ und mit Risiken verbunden" bezeichnet. Zur aktuellen Entwicklung äußerte sich Neufeld auf Anfrage nicht. Wieder einmal ist offen, wie es mit dem Wollhaus weitergeht.
Rückblick: Viele Versuche zu einem Neustart

Schon 2013 sollte das zehnstöckige Gebäude, das bis 1975 im Stil des Brutalismus erbaut wurde, abgerissen und bis 2018 durch einen Neubau ersetzt werden. "Neubau als große Chance", titelte die Heilbronner Stimme damals. Damit sollten der Einzelhandel gestärkt, Kundenströme in die Stadt geholt und eine bessere Anbindung des Komplexes an die Fußgängerzone geschaffen werden. Der damalige Oberbürgermeister Helmut Himmelsbach sprach vom "scheußlichsten Gebäude, das ich kenne", in der Hoffnung, dass es bald Geschichte sein wird und die "ganz große Veränderung" kommt. Von dieser Hoffnung ist wenig geblieben. Schon im September 2013 war klar, dass aus dem Neubau nichts wird. Nun lautete der Plan der vielstimmigen Eigentümergruppen, den Komplex zu renovieren und neu zu gestalten. Passiert ist jedoch bis heute nichts. Größtes Problem ist, dass die Eigentümer der verschiedenen Gebäudeteile nie unter einen Hut zu bekommen waren.
Das Hin und Her hatte auch Folgen für die Mieter der Ladenpassagen im Zentrum. Die Kundenfrequenz ließ immer mehr nach. Diese Entwicklung verschärfte sich noch dramatisch als im Februar 2016 die Lichter für die Galeria Kaufhof endgültig ausgingen. Der Ankermieter, der im Wollhaus allein eine Verkaufsfläche von 10.000 Quadratmeter hatte, gab auf und konzentriert sich seither voll auf seine Filiale in der Fleiner Straße. Heute steht der Komplex zum Teil leer. Ein Tedi, ein Ein-Euro-Laden im Untergeschoss, ein chinesisches Restaurant, Friseur, Kosmetikstudio und Kiosk sind geblieben.
Eine Zwangsversteigerung gab es schon
Bewegung kam noch einmal in die verfahrene Situation, als vor gut einem Jahr die Wollhaus-Ladenpassage zwangsversteigert wurde. Am 8. Juli erhielt die Neufeld Wohnbau aus Oedheim für 3,025 Millionen Euro den Zuschlag - ein Gutachter hatte den Wert der Teilfläche, die knapp ein Viertel am gesamten Wollhaus ausmacht, auf 4,26 Millionen Euro geschätzt. Schon in den Monaten zuvor hatte Neufeld mehrere Flächen im Turm erworben.
Die Versteigerung nährte Hoffnungen auf einen Neuanfang. "Das Wollhaus hat das Potenzial zum Supercharger der südlichen Fußgängerzone zu werden", sagte Thomas Aurich, Vorsitzender der Stadtinitiative Heilbronn, die sich seit Jahren sehnlichst einen Neubau an der Stelle wünscht. Das war allerdings, bevor die Absage der Auktion bekannt wurde. Vielleicht ist das Wollhaus bald für die nächste Überraschung gut.