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Mit Bechern, Schüsseln und Boxen: Wie die "Mehrwegpflicht" in der Region umgesetzt wird

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Gastronomische Betriebe müssen Alternativen zu Einwegverpackungen bereitstellen. Damit sind viele Hürden verbunden: Kosten, Lagerung, Nachfrage bei den Kunden. Wir haben bei einigen Betrieben nachgefragt, wie sie damit umgehen.

Wie weit Gastronomen in der Region mit der Bereitstellung von Mehrweg sind.
Wie weit Gastronomen in der Region mit der Bereitstellung von Mehrweg sind.  Foto: Olaf Kunz/stock.adobe.com

Seit Januar 2023 sind gastronomische Betriebe verpflichtet, Mehrwegalternativen für Einwegverpackungen aus Plastik und Einweggetränkebecher anzubieten. Zurücknehmen müssen sie nur die eigenen Behälter. Angebotene Produkte dürfen nicht wegen der Verpackung zu unterschiedlichen Bedingungen verkauft werden. Damit sich die Kunden über das Mehrwegangebot informieren können, müssen Schilder oder Tafeln vorhanden sein.

Das gilt auch für kleine Unternehmen, für die Ausnahmeregelung bestehen: Firmen mit bis zu fünf Mitarbeitenden oder 80 Quadratmeter Fläche sollen das Essen in mitgebrachte Behälter füllen können. Für Kontrollen dieser Bestimmungen sind die Städte und Landkreise zuständig. Wird ein Verstoß festgestellt, kann das den Betreiber bis zu 10.000 Euro kosten.

 

Öhringen: Restaurant Lo Spuntino

 Foto: privat

"Bis jetzt hat noch niemand nach Mehrweg gefragt", sagt Gjem Mulaj, Inhaber des Restaurants mit Lieferservice Lo Spuntino in Öhringen. "Das ist auch eher ein Thema für Abholer", bestätigt sein Bruder Valeteon Mulaj, der im Betrieb mitarbeitet. Von den italienischen Gerichten werden nur die Salate in Plastik verpackt. "Wir haben die Behälter in Eigenregie angeschafft", so Gjem Mulaj. Hauptsächlich sollen Salate darin Platz finden. Auf Wunsch können auch Nudelgerichte, die ansonsten in Schalen aus Aluminium kommen, in die Boxen gefüllt werden. Gegen selbst mitgebrachte Behältnisse haben die Brüder nichts einzuwenden. "Das ist für uns sogar einfacher. Nur bei der Lieferung wird das etwas schwierig", meint Gjem Mulaj schmunzelnd.

Bei Lieferungen können Kunden die leeren Mehrwegbehälter von der letzten Bestellung dem Fahrer wieder mitgegeben. Grundsätzlich sei das Gesetz ein guter Schritt, aber ein Problem sieht Gjem Mulaj dennoch: "Wenn jeder mit den Boxen sein eigenes Ding macht, ist die Gefahr groß, dass die Kunden sie vertauschen. Besonders Lieferdienste werden oft verwechselt."


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Einheitliche Becher, Schalen und Boxen, die der Systemanbieter "Local to go" im Portfolio hat, kommen bei "Hohenlohe to go" seit Juli 2021 zum Einsatz. Bisher sind 18 Betriebe im Hohenlohekreis Partner, es sollen noch viel mehr werden.
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Bretzfeld: Metzgerei Reichert

 Foto: privat

Bei jeder Bestellung eines Tagesessens stellen die Mitarbeiter in der Metzgerei Reichert in Adolzfurt dieselbe Frage: "Im Mehrweg- oder Einwegbehälter?" Es habe sich gut in den Ablauf integriert, sagt Inhaberin Anette Reichert. Anfangs sah das für sie anders aus. Richtig durchschaut habe sie die Regelungen nicht. Die Tagesessen werden eigentlich in Aluschalen verpackt und fallen nicht unter die Pflicht, Mehrweg anzubieten. "Wir sind auf Nummer Sicher gegangen", so Reichert. Und viele Kunden nehmen das neue Mehrwegsystem mit Pfand an.

Die meisten von ihnen kommen regelmäßig. Das erleichtert die Rückgabe. Erst ein Mal habe sie eine negative Rückmeldung erhalten: Das Essen sei in der Mehrwegbox zu schnell kalt geworden. Dabei war die Auswahl der Boxen keine einfache für den Betrieb. "Wir haben uns unterschiedliche Systeme angeschaut", erzählt die Inhaberin. Letztlich haben sie die richtigen Schalen für ihre Bedürfnisse gefunden: nicht zu groß und mit zwei oder drei Kammern. Jeder Betrieb brauche eben etwas anderes. Deshalb seien auch die Probleme so vielfältig, sagt Reichert.

 


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Leingarten: Tea-Shop Bubblefee

 Foto: privat

Seit Juli 2022 betreiben Donghai Yan und Alice Chan die Bubblefee. Nur sie arbeiten in dem kleinen umgebauten Anhänger - die Bestimmungen zur Bereitstellung von Mehrwegbehältern betrifft sie also nicht. Der gelernte Restaurantfachmann Yan ist der Meinung, dass wiederverwendbare Getränkebecher nicht für Bubble Tea geeignet sind. Sie seien eher auf Kaffee ausgelegt. "Bubble Tea will man sehen und erleben", sagt er. Die Becher auf dem Markt seien nicht komplett durchsichtig, wodurch die Fruchtperlen nicht zur Geltung kämen.

Außerdem sei das Pfandsystem von großen Marken für kleine Betriebe eine Hürde: "Wenn wir am Tag zehn Becher rausgeben, aber 100 zurückbekommen, haben wir ein logistisches Problem." Dass Menschen, die Essen holen, bereit seien die Behälter zu spülen und zurückzubringen, bezweifelt Yan. Die Möglichkeit, sich das Getränk in den eigenen Becher füllen zu lassen, nutze kein Gast. "Grundsätzlich ist die Entwicklung gut, nur der Zeitpunkt ist schlecht", fasst Yan die Situation für die Gastronomie nach der Pandemie und mit den gestiegenen Preisen zusammen.


 

Obersulm: Bäckerei Trunk

 Foto: privat

"Eigentlich hatten wir schon vor Corona die Mehrwegbehälter. Aber dann war nicht daran zu denken, sie einzuführen", sagt Michaela Trunk, Inhaberin der gleichnamigen Bäckerei. Vor gut fünf Jahren hatte sie es schon einmal mit Mehrweg versucht - allerdings aus Porzellan. "Daraus haben wir gelernt." Becher für Kaffee oder Milchshakes gibt es für knapp fünf Euro Pfand. Außerdem führt Trunk Schüsseln mit Deckeln, die für Salate oder Eis genutzt werden können. Selbst mitgebrachte Behältnisse werden auch befüllt.

Die Hygienebestimmungen dafür sind streng: Eigene To-Go-Becher dürfen nicht unter die Kaffeemaschine, Boxen oder Taschen für Gebäck nicht hinter die Theke. Den Schritt weg von Plastik unterstützt Michaela Trunk: "Vor Corona hatte ich den Betrieb fast plastikfrei." Das sei mit Mehraufwand verbunden, um beispielsweise Marmelade und Honig in kleine Schälchen abzufüllen. Trunk vertritt eine klare Meinung: "Umweltschutz ist nicht bequem." Allerdings gibt es aus ihrer Sicht weitere Stellen, die viel Müll produzieren, wie Einweghandschuhe, die zum Brötchenschmieren benötigt werden.


 

Heilbronn: Restaurant Masala Art

 Foto: privat

Im indischen Restaurant Masala Art gibt es nicht erst seit Januar Mehrwegbehältnisse. Inhaber Vikram Singh setzte sich früh mit dem Thema auseinander. Das Restaurant ist Teil des Systems Vytal. Jede Dose hat einen QR-Code, der bei der Ausgabe an den Kunden eingescannt wird. Damit sind die Behälter mit der Bestellung und dem Kunden verknüpft. Bringt der Kunde sie innerhalb von zwei Wochen zurück, entstehen keine Kosten. Für die Restaurants kostet jedes eingescannte Behältnis - die Gebühren liegen allerdings im Centbereich.

Singh und seine Frau Harpreet Kaur sind zufrieden mit dem System. Die Kosten sind ähnlich wie bei Einwegbehältern, die aus Zuckerrohr bestehen. "Wir haben uns verschiedene Systeme angeschaut. Die Qualität war bei Vytal einfach besser", so Kaur. Die Mehrwegboxen brauchen zwar etwas mehr Platz, und anfangs dauerte auch das Einscannen, nun sind sie eingespielt und einige Kunden sind umgestiegen. Mittlerweile haben mehrere Restaurants in Heilbronn das System von Vytal. Dadurch werde die Rückgabe immer einfacher und es gebe sogar einen Werbeeffekt, so Singh.

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