Mehr Kinder müssen Schuljahr wiederholen
Zahl der Ehrenrunden gestiegen: Für Schulsozialarbeiterin und Lehrervertreter gibt es viele Ursachen. Sie zweifen daher daran, dass das Wiederholen sinnvoll ist.

Nach veränderten Versetzungsregelungen im ersten Schuljahr nach Ausbruch der Corona-Pandemie haben im Schuljahr 2021/2022 deutlich mehr Kinder und Jugendliche eine Klassenstufe wiederholt. Darauf weist das Statistische Bundesamt in einer Auswertung hin. Damit sei die Quote der Wiederholerinnen und Wiederholer bundesweit von 1,4 Prozent im Schuljahr 2020/2021 auf 2,4 Prozent im vergangenen Schuljahr gestiegen.
GEW-Vertreter: Wiederholen bringt nichts
Harald Schröder von der Gewerkschaft Erziehung (GEW) führt den Anstieg auf Corona zurück. Seiner Ansicht nach ist es wichtig, auf die Gründe zu schauen, weshalb die Leistungen bei den Kindern nicht so sind wie erhofft. Eine Klasse zu wiederholen, davon hält er nichts. "Es bringt nichts", so die Einschätzung des GEW-Sprechers im Kreis Heilbronn. "Die Schwierigkeiten liegen oft tiefer."
Oft gebe es Probleme in den Familien, Kinder seien psychisch belastet. Harald Schröder bedauert, dass es in der Gesellschaft nur den einen Reflex gebe: Wenn die Noten nicht stimmen, folgt die Ehrenrunde. Da komme die Motivation von außen, ohne dass sich an der Ursache etwas ändere. Ideal sei es, könnten Lehrer die Kinder und Familien rechtzeitig auf flankierende Maßnahmen hinweisen - wie die Schulsozialarbeit.
So sieht es gerade an den Schulen aus
Mit Folgen von Corona hätten alle Schulen zu kämpfen, weiß GEW-Sprecher Harald Schröder von Kollegen. Die Klassen seien noch heterogener geworden. Lehrer berichten von sozialen und psychischen Folgen, mit denen sie umzugehen hätten. Sie bedauern, dass Unterstützung fehle. Selbst von Gymnasien kommen Hilferufe. Harald Schröder sagt: Kollegen sehen Lernrückstände in Mathe, Deutsch und den Fremdsprachen. Langfristig seien ergänzende Maßnahmen notwendig, so deren Forderung.
Schulsozialarbeit hat mit Folgen der Pandemie zu kämpfen
Die Pandemie wirkt bei Kindern und Jugendlichen nach. Das merkt auch die Schulsozialarbeit. "Es schlägt massiv auf", sagt Anna Steiner vom Fachdienst Jugendsozialarbeit und Schulsozialarbeit bei der Diakonischen Jugendhilfe Region Heilbronn. Psychische Erkrankungen hätten zugekommen, viel mehr Schüler hätten Depressionen oder zeigten psychosomatische Stresssymptome wie Bauchweh. "Im Moment sind alle belastet." Ihrer Ansicht nach wird sich daran auf die Schnelle auch nichts ändern. "Wir haben noch einen weiten Weg vor uns."
Anna Steiner teilt die Einschätzung, dass schlechte Leistungen in der Schule viele Ursaschen haben können. Kinder können sich manchmal nicht richtig auf den Unterricht einlassen, weil sich Eltern trennen oder weil sie belastet seien. Auch in solchen Fällen ist Schulsoziarbeit gefragt. Sie könne zwar keine fachliche Lücken schließen, sagt Anna Steiner. Ihre Kolleginnen und Kollegen unterstützten aber dabei, den Ursachen auf den Grund zu gehen. "Wir helfen beim Sortieren."