Welche Auswirkungen die Maske auf den Unterricht hat
Wie wirkt sich die Maskenpflicht im Unterricht auf den Alltag von Schülern aus? Und wie ist diese Corona-Schutzmaßnahme medizinisch zu bewerten? Ein Überblick zu umstrittenen Aspekten.

Seit Inkrafttreten der verschärften Coronamaßnahmen im Land gilt für alle Schüler ab Klasse 5: Masketragen ist Pflicht während des Unterrichts. Als die Maskenpflicht zunächst nur in Heilbronn eingeführt wurde, kritisierte das eine überörtliche Initiative in einem Brief an Oberbürgermeister Harry Mergel.
Als Begründung führten die Verfasserinnen vor allem pädagogische Gründe an. Zudem, so ihr Argument, seien Kinder "nach aktuellem Stand der Wissenschaft nicht als Treiber" der Pandemie zu sehen. Hier eine medizinische und pädagogische Einordnung:
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Rolle von Kindern im Infektionsgeschehen:
Kinder und Jugendliche können an Covid-19 erkranken, allerdings zeigen sie in den meisten Fälle keine oder nur milde Symptome. Trotzdem können sie andere Menschen anstecken, auch wenn sie laut Robert-Koch-Institut keine "Treiber der Pandemie" sind.
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Ausbrüche in Schulen:
Dazu schreibt das RKI: "Ausbrüche in Schulen werden nach Wiedereröffnung in zunehmendem Ausmaß beobachtet. Oftmals erfolgt der Eintrag in Schulen über Erwachsene." Laut RKI ist das Ausmaß von Übertragungen in Schulen oder von Schulen in Haushalte noch weitgehend unklar, das sei Gegenstand der Forschung.
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Empfohlene Maßnahmen:
Für Schulen gelten laut RKI dieselben Schutzmaßnahmen wie für die Gesamtbevölkerung - also die AHA-Regeln plus regelmäßiges Stoßlüften. Ab dem Wert von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen sollen Schüler in weiterführenden Schulen im Unterricht einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Ab einer Inzidenz von 50 wird auch die Verkleinerung oder Teilung von Klassen empfohlen.
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So läuft der Sportunterricht:
Im Sportunterricht gilt auch bei einer Inzidenz über 50 keine Maskenpflicht für Schüler - weder innen noch außen, teilt die Stadt Heilbronn mit. Das RKI rät zu einer "Verlegung (von Sport) ins Freie, soweit möglich". Kontaktsportarten sollen nicht durchgeführt werden. Warum Masketragen beim Sport keinen Sinn macht, begründet die WHO so: "Durch Schwitzen wird die Maske schnell feucht. Das erschwert die Atmung und begünstigt das Wachstum von Mikroorganismen." Über den Alltag berichtet Marco Haaf, der das Albert-Schweitzer-Gymnasium (ASG) in Neckarsulm leitet und Sprecher der Direktoren in der Region ist: Bei Hilfestellungen im Turnen müssten Lehrer eine Maske tragen. Auf anstrengende Sportarten werde nicht verzichtet: "Die Schüler sollen sich anstrengen."
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So sieht der Alltag aus:
In einer Jahrgangsstufe des ASG hat es am ersten Tag mit Maskenpflicht eine zweistündige Matheklausur gegeben. "Sie hat gut geklappt", sagt Schulleiter Marco Haaf. Nun will er abwarten, wie längere Klausuren ablaufen. Da die Maskenpflicht auf dem Schulgelände sowie in Gängen schon länger gilt, müssen Kinder sich jetzt immer in der Schule schützen. Einzige erlaubte Ausnahmen sind Essen und Trinken. Bei elf Stunden Unterricht stellt sich Marco Haaf das anstrengend vor. In Stuttgart müssen schon länger die Masken auch im Unterricht getragen werden. Rückmeldung dortiger Schulleiter an den ASG-Direktor: "Man gewöhnt sich daran."
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Maskenpause:
Am Mittwoch revidierte das Kultusministerium die Haltung, dass Masken auch in der Pause getragen werden sollten. In einem Schreiben an die Schulleitungen, das unserer Redaktion vorliegt, heißt es: "Solange die Personen sich außerhalb der Gebäude aufhalten und den Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten, können sie die Maske abnehmen."
Lehrer begrüßten es, dass nun auch im Unterricht die Maske getragen werden muss. "Sie sind entspannter", hat er beobachtet. Mit ein Grund dafür ist, dass seit der Maskenpflicht im Klassenzimmer bei einem Corona-Fall nicht mehr zwangsläufig die ganze Klasse in Quarantäne muss. Allerdings bedauert der Gewerkschaftsvertreter, dass an Grundschulen keine vergleichbare Pflicht herrscht. Manchmal seien diese Schulen direkt mit einer weiterführenden verbunden.
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Maske und Quarantäne:
Das Gesundheitsamt in der Stadt Heilbronn bestätigt, dass unter Umständen bei einem Corona-Fall auf die Quarantäne für die ganze Klasse verzichtet werden kann. "Es ist eine Einzelfall-Entscheidung", schränkt Suse Bucher-Pinell ein. Sie ist Pressesprecherin der Stadt Heilbronn. "Wenn alle Schüler einer Klasse einen solchen Schutz tragen, müssen in der Regel nur die direkten Sitznachbarn in Quarantäne." Falls in der ganzen Klasse ein Sicherheitsabstand von 1,5 Meter auch im Unterricht eingehalten werde, müsse niemand in Quarantäne. Sie betont aber: "In beengten Raumsituationen und bei langer Aufenthaltsdauer sowie schlechter Belüftung kann die Quarantäne für die ganze Klasse sinnvoll sein, auch wenn alle im Raum einen Mund-Nasen-Schutz tragen."
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Medizinische Einordnung:
Dazu sagt Maria Martin, die Leiterin des Instituts für Infektionsprävention und Klinikhygiene an den SLK-Kliniken: "Medizinisch gibt es keinen triftigen Grund, warum nicht auch Kinder ab der fünften Klassen während des Unterrichts Masken tragen können." Martin rät bei chronischen Erkrankungen abzuwägen, ob eine Befreiung von der Maskenpflicht wirklich sinnvoll ist. Denn gerade für Risikogruppen sei das Tragen einer Maske eine wichtige Schutzmaßnahme.


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