Tourismus in der Region wartet auf eine Öffnungsperspektive
Wird "kontaktarmer Urlaub" im eigenen Bundesland zu Ostern möglich? Das ist eine der Optionen, die bei den Bund-Länder-Beratungen am Montag auf der Agenda stehen. Vertreter der regionalen Tourismusbranche erwarten die Ergebnisse mit Spannung - und wundern sich über Reisen nach Mallorca.
Tanja Seegelke, die mit der Touristikgemeinschaft Heilbronner Land das touristische Marketing für 47 Städte und Gemeinden im Stadt- und Landkreis Heilbronn konzeptioniert und organisiert, ist vorsichtig. „Natürlich wünschen sich alle, dass gerade im Frühling und über Ostern wieder mehr möglich ist, aber wenn wir dann in den dritten und vierten Lockdown reinrutschen“ seien Lockerungen eher kontraproduktiv.
Für vorsichtiges und differenziertes Vorgehen
Was konkret möglich ist und was nicht, könnten nicht Touristiker entscheiden, sondern letztlich Gesundheitsämter und andere Experten, die die Inzidenzen genau im Blick hätten. Dabei gelte es, sehr vorsichtig und differenziert vorzugehen, betont Seegelke. „Wenn es etwa wie von den Nordländern gefordert, heißt, autarker Urlaub im eigenen Bundesland sollte möglich sein, muss der Begriff autark messerscharf definiert werden.“
Für Camper heiße das nicht automatisch, auf einem Campingplatz campieren zu dürfen. Autark sei in diesem Fall nur ein Wohnmobil mit eigener Wasserversorgung, eigenem WC, eigener Dusche. „Sie glauben nicht, wie erfinderisch manche Urlauber da schon 2020 waren“, gibt Seegelke zu bedenken. Ähnliches gelte für Pensionen, wo die Gäste keine Gemeinschaftseinrichtungen benutzen dürften, sondern sich tatsächlich selbst versorgen müssten.
Ausgang bei Beratungen offen
SPD geführte Länder hatten vor den heutigen Beratungen ins Gespräch gebracht, "kontaktarmen Urlaub" im eigenen Bundesland zu ermöglichen. Das Konzept zielt auf die Möglichkeit, Urlaub in Ferienwohnungen oder -häusern, Appartements oder Wohnmobilen zu machen, sofern diese über eigene sanitäre Anlagen verfügen und Urlauber sich dort auch mit Essen versorgen können.
Aus der Union hieß es hierzu bereits skeptisch, dass das dafür notwendige Beherbergungsverbot schon einmal juristisch für Ärger gesorgt habe. Ergebnisse des Bund-Länder-Gipfels werden erst am Montagabend erwartet.
Mallorca ja, aber keine Dauercamper in der Region?
Isabell Kummer vom Campingplatz Freizeitpark Sperrfechter am Hirschfeldsee in Oedheim findet es „verrückt, dass man nach Mallorca fliegen kann“, aber Dauercamper nicht einmal auf ihrem Platz übernachten dürfen. Den Vorschlag der Nordländer einen „autarken“ Urlaub für Selbstversorger im eigenen Bundesland zu ermöglichen, kann sie nur begrüßen.
Gleichzeitig geht sie davon aus, „dass dann nicht alle gleich losrennen wie letzte Woche beim C&A“. Bei einer Rabattaktion hatte sich vor der Modefiliale auf dem Heilbronner Kiliansplatz eine lange Schlange gebildet. Es sei auch gar nicht in ihrem Sinne, den „Campingplatz ganz voll zu packen“. Deshalb würde man im Freizeitpark Sperrfechter über die gebuchten Dauercamper hinaus in der aktuellen Corona-Lage auch gar keine neuen Camper annehmen. „Und auch von den Dauercampern kommt erfahrungsgemäß höchstens die Hälfte gleichzeitig.“
Wie Urlaub für Selbstversorger funktionieren kann
Eine leichte Lockerung für Selbstversorger würde „uns auf jeden Fall etwas bringen“, betonen Ricarda und Siegfried Müller, die in Nordheim Im Auerberg ein Weingut mit Weinstube und Gästehaus betreiben. „Normalerweise haben wir über Ostern Fullhouse, da geht die Saison schon so richtig los“, berichtet Müller, der mit seiner Frau fünf Doppelzimmer, zwei Ferienwohungen, zwei Wohnmobil-Stellplätze und ein Übernachtungsfass anbietet.
Aber in diesen Tagen der Pandemie begrüße man nur ab und an einzelne Geschäftsreisende, „wobei da auch viele im Homeoffice sind“. Müllers seien darauf eingerichtet, dass im Gästehaus „alles hygienisch ablaufen kann: kontaktlos, mit Schlüsselsafe, Desinfektionsmittel, Abstand und so weiter“, beteuert Ricarda Müller. Das habe im Corona-Jahr 2020 mit der Teilöffnung auch auf der großen Außenterrasse „hervorragend funktioniert. Wir hatten keinen einzigen positiven Corona-Fall“.
„Absolut verantwortungslos“ nennen es die Müllers, „dass die Leute nach Mallorca fliegen dürfen, aber Urlaub vor der eigenen Haustür nicht möglich ist“.
Campingplatz-Chef appelliert an die Vernunft
Auch in Hohenlohe machen sich Vertreter der Tourismusbranche Gedanken über den Osterurlaub. Katja Hermann, Mitarbeiterin im Tui-Reisecenter in Öhringen, berichtet: „Wir haben in den vergangene Tagen einige Anfragen für die Ostertage und auch für Mallorca gehabt.“ Aber: Die dadurch generierten Umsätze machen nach ihren Angaben weniger als zehn Prozent eines Vor-Pandemie-Jahres aus. Exakt zwei Buchungen mit Reiseziel Mallorca gab es in den vergangenen acht Tagen in ihrem Reisebüro. „Normalerweise wären das viel, viel mehr“, so Hermann. „Wenn man auf die Balearen fliegen darf, sollte man auch an deutsche Ziele, wo der Inzidenzwert passt, reisen dürfen.“
Reisen – das können aktuell nur die Dauercamper zu ihren Wohnwagen auf dem Campingplatz am Waldenburger Neumühlsee. Denn alle „normalen“ Urlauber, die dort keinen fixen Stellplatz besitzen, müssen derzeit ganz draußen bleiben. „Auch die Dauercamper dürfen nicht übernachten“, berichtet Geschäftsführer Frank Schünemann. Er gehe nicht davon aus, dass sich dies über die Ostertage ändern könne, wenngleich er die Beschlüsse des Bund-Länder-Gipfels ja noch nicht kenne. „Denn die Zahlen sind so hoch gegangen – das ist ja unvorstellbar.“ Der Campingplatz-Chef kann nur an die Vernunft appellieren: „So lange sich die Leute nicht an die Regeln halten, wird es auch nicht besser werden, wenn noch nicht sehr viele Menschen geimpft sind.“

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