Kommt eine Nahverkehrsabgabe für den ÖPNV-Ausbau?
Das Landesverkehrsministerium arbeitet an einem Gesetz, das eine Nahverkehrsabgabe möglich macht. Städte könnten etwa Autofahrer zur Kasse bitten, um den ÖPNV auszubauen.

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) arbeitet derzeit an einer Nahverkehrsabgabe. Seine Idee: Städte verlangen eine Gebühr und finanzieren damit Bus und Bahn. Wie die Nahverkehrsabgabe genau aussehen soll, ist noch unklar. Der Gesetzentwurf wird momentan mit den anderen Ministerien abgestimmt.
Die wichtigsten Eckpunkte sind jedoch bekannt. Demnach sollen nur Städte ab 20.000 Einwohner die Abgabe einführen dürfen. Sie könnten selbst entscheiden, ob sie die Gebühr von allen Einwohnern, allen Pkw-Haltern, den Arbeitgebern vor Ort oder in Form einer Maut verlangen. Auch die Höhe der Gebühr wäre Sache der Städte.
Das Geld soll in den Ausbau des Nahverkehrs fließen oder verwendet werden, um Ticketpreise zu senken. Im Gegenzug bekommen die Abgabenzahler ein Mobilitätsguthaben in gleicher Höhe für den ÖPNV.
Vier Städte im Raum Heilbronn könnten Nahverkehrsabgabe verlangen
Eine Hürde steht laut einem Bericht des "SWR" in dem Gesetz: Städte sollen die Nahverkehrsabgabe nur einführen dürfen, wenn es ein "ausreichendes Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs" gibt. Bus und Bahn müssten demnach zu den gängigen Zeiten eine zumutbare Alternative zum Auto sein.
In der Region gibt es fünf Städte, die nach den bekannten Eckpunkten für die Nahverkehrsabgabe in Frage kommen: Heilbronn, Neckarsulm, Eppingen, Bad Rappenau und Öhringen. Auf Stimme-Anfrage erklären die Städte jedoch, dass sie noch abwarten wollen.
Bedenken, ob Nahverkehrsabgabe das richtige Mittel zur Stärkung des ÖPNV ist
In Neckarsulm stelle sich angesichts geplanter Verbesserungen bei den Stadtbussen und dem firmeneigenen Mobilitätsangebot von Audi und der Schwarz-Gruppe grundsätzlich die Frage, ob die Nahverkehrsabgabe ein "geeignetes Instrument ist, um den ÖPNV zu stärken". In Bad Rappenau gebe es keinerlei Pläne, die Abgabe einzuführen, erklärt Rathaussprecherin Eva Goldfuß-Siedl.
"Wir warten zunächst die Erkenntnisse der Modellkommunen ab, auf deren Basis noch bestehende rechtliche und tatsächliche Fragen geklärt werden sollen", sagt Suse Bucher-Pinell für Heilbronn. Dasselbe erklärt Eppingens Sprecherin Vanessa Heitz.
In den Modellregionen spült die City-Maut Millionen in die Kassen
Die Modellregionen sind Freiburg, Karlsruhe und der Ortenaukreis. Dort wird geprobt, wie die Nahverkehrsabgabe, auch Mobilitätspass genannt, umgesetzt werden könnte. Ergebnis: bisher offen. Zuvor gab es Berechnungen aus 21 Modellkommunen, welche Summen überhaupt sinnvoll wären.
Dabei zeigte sich, dass zehn Euro pro Arbeitnehmer und Monat zwischen 13 und 52 Millionen Euro im Jahr in die Kasse spülen würden. Mit einer City-Maut von 25 Euro pro Autofahrer und Monat kamen in den Modellstädten zwischen 24 und 87 Millionen Euro im Jahr für den ÖPNV raus.
Je nach Situation eigne sich eins der Modelle besser, so das Verkehrsministerium. Für Großstädte böten sich die Straßenmaut oder der Arbeitnehmerbeitrag an, in ländlichen Regionen der Einwohnerbeitrag.