Lage im regionalen Gastgewerbe bleibt angespannt
Die akute Personalnot belastet Restaurants und Hotels in der Region und im Land immer stärker. Die Branche ist in Sorge wegen der ungewissen Corona-Lage im Herbst.

Das Gastgewerbe in der Region hat weiterhin mit Personalnot und hohen Preisen zu kämpfen. Während die Beschäftigung insgesamt heute höher liegt als 2019, also vor Corona, ist die Beschäftigung in der Gastronomie rückläufig. Die Arbeitsagentur Heilbronn zählte Ende 2021 insgesamt 221.854 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte - Ende 2019 waren es noch 219.430.
In der regionalen Gastronomie sank diese Zahl dagegen von 3956 Ende 2019 auf 3610 Ende 2021. Ein Rückgang um knapp neun Prozent. Bei den geringfügig Beschäftigten sank die Zahl der Beschäftigten im Gastrogewerbe im selben Zeitraum sogar um 14 Prozent: von 6122 auf 5267.
Die Pandemie hat eine Jobflucht ausgelöst
"Im Gastgewerbe hat sich seit der Corona-Krise die Personalsituation deutlich verschärft. Viele Beschäftigte sind während der Pandemie in andere Branchen abgewandert und nicht mehr zurückgekehrt. Auch fällt es vielen Betrieben immer schwerer, ihren Stellenbedarf mit Minijobbern zu decken", analysiert Manfred Grab, Leiter der Arbeitsagentur Heilbronn, die Lage.
Burkhard Siebert, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) für die Region, pflichtet ihm bei. "Viele Fachkräfte haben die Branche verlassen und werden nicht mehr zurückkommen", sagt er. Während der Lockdowns seien vor allem Minijobber, die kein Kurzarbeitergeld erhalten, in andere Branchen abgewandert.
Zwar habe es mit dem neuen Tarifvertrag im Juli "erhebliche Verbesserungen" beim Gehalt gegeben. Die Arbeitszeiten blieben jedoch ein Knackpunkt. "Die Betriebe versuchen, das angenehmer zu gestalten. Ganz kann man die Arbeit am Abend und an Wochenenden aber nicht ausschließen", sagt Siebert.
Ausnahme in Bad Wimpfen
Einer, der das versucht, ist Knut-Philip Möller, Geschäftsführer des Hotels Neues Tor in Bad Wimpfen. Um Bewerber wirbt das Haus unter anderem mit übertariflicher Bezahlung, Vier-Tage-Woche und Wohnungsvermittlung. "Unsere gesamte Branche muss sich umstellen, um dem Fachkräftemangel entgegenzutreten", sagt Möller. An Feiertagen und am Wochenende zu arbeiten seien Nachteile, die andere Branchen nicht haben. "Das müssen wir irgendwie kompensieren."
Mit seinen Konditionen finde er zwar Mitarbeiter, berichtet Möller. "Aber es dauert erheblich länger und man muss einen größeren Aufwand betreiben. Die Mitarbeiter bewerben sich nicht mehr bei uns, wir bewerben uns um die Mitarbeiter."
Dehoga-Sprecher relativiert
Daniel Ohl, Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Baden-Württemberg, will das Bild von der massenhaften Abwanderung geraderücken. "Die Abwanderung während der Krise gehört zu den größten und langfristigsten Schäden, die das Gewerbe zu verkraften hat." Der Personalmangel sei aber nicht nur im Gastgewerbe ein Problem. Inzwischen gehe die Entwicklung wieder in eine positive Richtung. "Wenn die Branche wieder normal arbeiten kann, steigen die Zahlen."
Im März 2021 während des Lockdowns sei die Zahl der Beschäftigten im Gastgewerbe in Baden-Württemberg auf den Tiefststand von 116.000 Beschäftigte gesunken, inzwischen seien es wieder rund 125.000 - rund 12.000 Mitarbeiter weniger als im Vorkrisenjahr 2019. Die Zahl der Betriebsschließungen bewege sich im Rahmen des langjährigen Schnitts.
Sorgen bereiten Ohl die "brutalen Kostensteigerungen" in den Bereichen Energie und Lebensmittel und mögliche neue Corona-Maßnahmen im Herbst.
Weniger Angebot
Die Personalnot hat auch Folgen für Gäste. Einige Restaurants haben zuletzt Ruhetage ausgeweitet oder den Mittagstisch eingestellt, berichten Burkhardt Siebert (NGG) und Daniel Ohl (Dehoga). "Man will die knappe und teure Ressource Mitarbeiter dann einsetzen, wenn es sich lohnt", sagt Ohl. Außerdem würden viele Gastronomen ihre Speisekarte auf den Prüfstand stellen und weniger Gerichte oder weniger aufwendige Gerichte anbieten.

