Kritiker nennen Sperrung des Breitenauer Sees ein Armutszeugnis
Was sagen Gemeinderäte aus Obersulm und Löwenstein zum Zwangsende der Badesaison am Breitenauer See? Größtenteils herrscht Unverständnis. Der Vorwurf lautet, nicht rechtzeitig auf die Corona-Pandemie reagiert zu haben.

Die Sperrung des Breitenauer Sees hat in der Bevölkerung für einen Aufschrei gesorgt. Auch aus dem Obersulmer Gemeinderat kommt teils harsche Kritik, wie die Nachfrage der Heilbronner Stimme ergeben hat. Hermann Hohl (CDU) stellt den Verantwortlichen gar ein Armutszeugnis aus. Es gibt aber auch Stimmen, die die Allgemeinverfügung wegen der Ansteckungsgefahr mit Corona mittragen.
Keine Einflussmöglichkeit der Gemeinderäte
"Überall, wo ich hingekommen bin, bin ich angesprochen worden", berichtet CDU-Fraktionssprecher Hermann Hohl von vielfach geäußertem Unmut. Dabei hatten die Gemeinderäte von Obersulm und Löwenstein kein Wörtchen mitzureden. Sie sind nicht zuständig, die Entscheidung, den Badebetrieb zu untersagen, obliegt allein den Ortspolizeibehörden, damit den beiden Bürgermeistern. Und diese waren der Empfehlung des Landkreis-Gesundheitsamtes gefolgt.
Verärgerung in vielfacher Hinsicht
"Keiner will jetzt die Verantwortung übernehmen", ist nicht nur der Eindruck von Hermann Hohl. Die beiden Bürgermeister in Urlaub, der Landrat als Vize im Naherholungszweckverband (NZV), der das Vorgehen verteidigt. Hohl, der für die Kreistags-CDU Mitglied im NZV ist, ist verärgert - in vielfacher Hinsicht. Er hätte sich eine Sitzung des NZV gewünscht, um die Thematik zu diskutieren. Warum habe man sich im Vorfeld keine Gedanken gemacht über ein Konzept, das einen eingeschränkten Badebetrieb in der Pandemie ermöglicht hätte?
Dass es zu Auswüchsen bei einem Massenansturm komme, sei absehbar gewesen. "Wenn ich so einen See auf meiner Gemarkung habe, dann habe ich eine Verantwortung gegenüber der Bevölkerung", schiebt er nach. Die Menschen sollen Urlaub im Land machen, "und dann schließen wir unsere Freizeiteinrichtung". An anderen Badeseen sei man professionell mit der Situation umgegangen.
"Das hat ein Nachspiel", meint Hohl, der mit dem Zweckverband und den Bürgermeistern hart ins Gericht gehen will. Als Präsident des Württembergischen Weinbauverbands hat er auch die wirtschaftlichen Folgen der Sperrung im Blick. Camper, die abgereist seien oder ihren Urlaub im Campingpark storniert hätten, seien verprellt worden und fehlten den Wengertern als Kunden, hat er aus deren Reihen erfahren. Der Breitenauer See habe sich zum touristischen Highlight entwickelt und deshalb seien Gastronomie und Einzelhandel von der See-Sperrung betroffen.
Entscheidung besser kommunizieren
Auch wenn der Gemeinderat keine Entscheidungsbefugnisse habe, hätte Armin Waldbüßer erwartet, einbezogen zu werden. Im Obersulmer Gremium sei das Thema nichtöffentlich behandelt worden, gibt der Grünen-Fraktionssprecher zur Auskunft. "Aber da war die Entscheidung schon gefallen." Diese hätte man besser kommunizieren müssen. Es sei absehbar gewesen, dass bei 10 000 Badegästen die Abstandsregel nicht funktioniere.
Das Risiko, einen Hotspot zu schaffen, wolle niemand tragen. Aber man hätte probeweise den See unter der Woche öffnen können, meint Waldbüßer. Dem schließt sich Harald Koppenhöfer an. Anfangs hat der dienstälteste Löwensteiner Stadtrat die Vollsperrung mitgetragen. Aber nach der "Hau-Ruck-Aktion" hätte man Taten folgen lassen müssen. Stattdessen hätten die Verantwortlichen den Kopf in den Sand gesteckt.
Übers Ziel hinaus geschossen
"Am Anfang war ich komplett dafür", sagt Michael Schepperle zum zweiten Lockdown am See. Inzwischen ist der Obersulmer SPD-Fraktionsvorsitzende jedoch der Meinung, man sei übers Ziel hinaus geschossen. Den Zugang begrenzen, nur die vorhandenen Parkplätze nutzen und das Grillen verbieten - so hätte für ihn eine gangbare Lösung in Corona-Zeiten ausgesehen. Für den nächsten Sommer müsse man gewappnet sein.
Das hält auch Alexander Heinrich für zwingend erforderlich. Die Besucherströme und das Verhalten am See müssten gelenkt werden. Von ihm kommt ein klares Ja zur Vollsperrung. Die Besucher am See hätten sich in einem Maße unvernünftig gezeigt, dass die Situation nicht mehr tragbar gewesen sei. Seit Jahren werde das Naherholungsgebiet an heißen Tagen überrannt, wirft der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler dem Zweckverband vor, nicht längst eingegriffen zu haben.
Aber: "Ich halte nichts davon, auf die Bürgermeister einzuhacken", verwehrt sich der Sülzbacher Ortsvorsteher gegen Leute, die jetzt aus der zweiten Reihe querschießen würden. Seine persönliche Meinung: "Es ist der Landrat, der den Daumen hebt und senkt, was die Sperrung anbetrifft."
Allgemeinverfügung
Seit 24. Juli ist die Badesaison am Breitenauer See beendet. An diesem Tag trat die Allgemeinverfügung der Ortspolizeibehörden von Obersulm und Löwenstein in Kraft. Auf diesen beiden Gemarkungen befindet sich das Naherholungsgebiet. Hintergrund der Sperrung: Bei Massenandrang hatten Badegäste die Abstandsregeln nicht mehr eingehalten. Deshalb hatte das Gesundheitsamt des Landkreises Heilbronn den Kommunen empfohlen, wegen drohender Ansteckungsgefahr mit Corona die Reißleine zu ziehen. Das hatte für Empörung bei Anwohnern und darüber hinaus gesorgt.