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Kolbenschmidt nimmt Betrieb wieder auf

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Das Unternehmen Kolbenschmidt in Neckarsulm hat nach Bekanntwerden einer Corona-Infektion in der Mitarbeiterschaft den gesamten Betrieb desinfizieren lassen. Am Sonntagabend wurde ein dritter Fall bekannt, der die Region Heilbronn betrifft.

Kolbenschmidt in Neckarsulm nimmt ab Montag um 6 Uhr den Betrieb wieder auf. Das teilte Unternehmenssprecher Peter Hartung am Sonntag auf Anfrage von Stimme.de mit. Wie berichtet, war am Freitagnachmittag nach Bekanntwerden eines bestätigten Corona-Falls bei der zugehörigen KS HUAYU AluTech GmbH die Arbeit niedergelegt worden.

Kolbenschmidt-Sprecher: Symptome des Erkrankten bereits abklingend

Kolbenschmidt in Neckarsulm stand bis Montag wegen des Coronavirus still.
Kolbenschmidt in Neckarsulm stand bis Montag wegen des Coronavirus still.  Foto: Adrian Hoffmann

Diese Entscheidung habe das Unternehmen "pro-aktiv" getroffen, sagt Hartung - es habe sich hierbei nicht um eine Anordnung der Gesundheitsämter gehandelt. Am Wochenende waren sämtliche Schichten bei Kolbenschmidt ausgefallen. Die Zeit sei genutzt worden, um mit umfangreichen Reinigungsmaßnahmen das komplette Werk zu desinfizieren, so Hartung weiter. Der mit dem Coronavirus infizierte Mitarbeiter, der im Kreis Ludwigsburg lebt, sowie 14 Kollegen aus dem engen Umfeld des Mannes bleiben vorerst zu Hause. Dies habe das Gesundheitsamt angeordnet.

Die Symptome des Erkrankten seien grippeähnlich und bereits abklingend, teilte Unternehmenssprecher Hartung bereits am Freitagabend mit. Die Kollegen des Mannes sollen nun in den nächsten Tagen darauf achten, ob sie ähnliche Symptome und eine Ansteckung bei sich feststellen.

Weiterer Fall in der Region

Wie am Freitag ebenfalls bekannt wurde, gibt es einen weiteren Corona-Fall, der die Region betrifft. Nach Angaben des baden-württembergischen Sozialministeriums hat sich ein 32-jähriger Mann aus dem Landkreis mit dem Virus infiziert - offenbar bei einer Reise nach Mailand. Der Mann befindet sich nach Auskunft der SLK-Kliniken in isolierter Behandlung an der Lungenklinik in Löwenstein.

Der Betroffene arbeitet nach Recherchen unserer Redaktion in Bad Rappenau in einem Pflegeheim für Senioren. Dies wurde am Sonntagabend bekannt.

Inzwischen gibt es noch einen weiteren Fall, der die Region Heilbronn betrifft. Das teilte das Sozialministerium am späten Sonntagabend mit. Es handelt sich demnach um einen 20-jährigen Mann, der am Freitag von einer einwöchigen Reise nach Livigno zurückgekehrt war. Er sei am Tag seiner Rückkehr an einem grippalen Infekt erkrankt. "Die Symptome waren am Folgetag bereits deutlich rückläufig", heißt es in der Mitteilung des Ministeriums. Der Mann befinde sich in häuslicher Isolation. Erste Kontaktpersonen des Betroffenen seien ermittelt worden. Seinen Wohnort teilte das Sozialministerium nicht mit.

Fünf weitere Infizierte waren am Wochenende in Baden-Württemberg bekannt geworden. Drei Fälle betreffen Mannheim, einer erneut Freiburg. Damit sind es derzeit 20 bestätigte Fälle in Baden-Württemberg. Sozialminister Manne Lucha (Grüne) gibt sich laut einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa zuversichtlich, die Lage im Südwesten zu kontrollieren. Die Personen seien stabil, sagte er am Samstag. Ein Dutzend der Fälle könnte eingegrenzt werden, bei zweien werde die Infektionskette abgeklärt. Eine von den beiden unklaren Infektionsketten betrifft nach Informationen unserer Redaktion den Kolbenschmidt-Fall.

OB Mergel: "Wir haben eine dynamische Lage"

"Wir haben eine dynamische Lage und nehmen sie nach wie vor sehr ernst", wird Heilbronns Oberbürgermeister Harry Mergel in einer Pressemitteilung am Sonntag zitiert. Die städtische Lenkungsgruppe beobachte die Situation sehr genau und sei im ständigen Austausch mit den Gesundheitsbehörden. "Nach meiner Einschätzung besteht kein Grund zur Panik."

Auch Weinmesse ProWein 2020 verschoben

Die Messe Düsseldorf GmbH verschiebt die international wichtigste Weinmesse ProWein 2020, die eigentlich vom 15. bis 17. März hätte stattfinden sollen, auf einen noch nicht bekannten Termin. Dies trifft auch rund 150 Aussteller aus Württemberg und Baden. Die regionale Messe Bauen, Wohnen und Renovieren auf den Böllinger Höfen in Heilbronn indes fand übers Wochenende wie geplant statt, weil Besucher und Aussteller nicht aus dem Ausland kamen, argumentierte der Veranstalter Frank Hartmann. Er hatte gleichzeitig viele Desinfektionsspender und Hinweisschilder aufgestellt. Am Ende lag die Besucherzahl nur zehn Prozent unter den 15.000 des Vorjahres.


Kommentar: Schon angesteckt

Von Adrian Hoffmann

Viele von uns sind bereits infiziert. Nicht mit dem Coronavirus selbst, sondern mit der Angst davor.

Die Behörden bemühen sich um Beruhigung. Sprecher teilen mit, man wolle keine Panik schüren. Auf der anderen Seite sagen selbst die Entscheider in den Ministerien: Sie sind "blank". Wissen nicht genau, was da geschieht. Man befinde sich in einer Phase, in der Corona-Patienten und ihre Kontaktpersonen isoliert werden. Das führt zu grotesken Situation wie der, dass das Virus mal eben Firmen wie Kolbenschmidt lahmlegt.

Die Epidemie kommt trotzdem. Selbst wenn Ämter neu Infizierte und ihr Umfeld in Heimquarantäne stecken. Und auch, wenn sie komplette Städte einfrieren. Da wächst sie dann noch mehr, die Angst. Obwohl es nicht um Ebola geht, sondern um ein Virus, das bei den meisten bloß zu leichten - und darauf liegt die Betonung - Symptomen einer Grippe führt.

Der Deutsche Journalistenverband empfiehlt: Fakten statt Panik. Die Sache ist bloß, dass sich Fakten unterschiedlich bewerten lassen. Am Samstag sind viele Regale in den Supermärkten in unserer Wohlstandsregion leergeräumt. Angst ist ansteckend. Oft ist sie irrational und in der eigenen Lebensgeschichte verwurzelt. Wer in seiner Kindheit Krieg oder Armut erlebt hat, neigt besonders zu Hamsterkäufen. Andere ahmen das nach. Ist das wirklich sinnvoll? Da hilft nur kritisches Hinterfragen des eigenen Handelns.

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Kommentare

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am 01.03.2020 18:35 Uhr

Ein Eindämmen der Epidemie kann nur gelingen, wenn sämtliche Informationen über die Krankheit sowie deren Ausbreitungswege auch offen, ruhig und sachlich kommuniziert werden. In diesem Zusammenhang halte ich es daher für erforderlich z.B. auch Wohnorte zu benennen, an denen akute Infektionen auftreten. Erforderlich deshalb, da es sicherlich unterschiedliche Stufen an Schutzmaßnahmen, die jeder Einzelne treffen kann, gibt, und es für eine aktuelle Einstufung des persönlichen Gefahrenpotentials erforderlich ist über das Infektionsgeschehen auch jeweils aktuell informiert zu sein. Eine paternalistische Einstellung, wie sie seitens des Sozialministeriums vorgetragen wird, ist hierbei wenig hilfreich.

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