Köche aus der Region senden Hilferuf an Politik und Kommunen
Die Vereine der Köche in Heilbronn-Franken fordern mit einem offenem Brief Unterstützung für ihre Branche. Vor allem im ländlichen Raum wächst die Verzweiflung in der Branche.

Die Baustellen, auf denen die Hotellerie- und Gastronomiebetriebe kämpfen, werden nicht weniger – im Gegenteil. Nun schlagen die Vereine der Köche in der Region Heilbronn-Franken Alarm. „Die Verzweiflung ist derzeit riesengroß, weil wir jetzt gerade im ländlichen Raum fürchten müssen, dass viele Gasthöfe auf der Strecke bleiben“, sorgt sich Michael Sättele, Vorsitzender des Vereins im Main-Tauber-Kreis.
Nach einer Umfrage des Vereins, zu dem auch Hohenloher und Schwäbisch Haller Gastronomiebetriebe gehören, würden derzeit 70 der insgesamt 247 Betriebe darüber nachdenken, noch in diesem Jahr aufzuhören, sagt der Vereinsvorsitzende, der im Külsheimer Stadtteil Steinbach den seit 1877 bestehenden Landgasthof Engel betreibt.
Geballte Zahl der Krisen
„Die Angst geht um in der Branche“, ergänzt sein Heilbronner Kollege Markus Hoffmann. „Zuerst kam Corona, dann die ständigen Preiserhöhungen, die Inflation, Personalmangel und jetzt noch die Energiekrise. Bei uns kommt gerade alles zusammen“, betont der stellvertretende Vorsitzende des Vereins der Köche Heilbronn, der zusammen mit seiner Frau Diana Pächter der Herzogskelter in Güglingen ist.
Nun haben sich die Vereine in einem offenen Brief mit einem Hilferuf an zahlreiche Bundespolitiker in Berlin, an Ministerpräsident Kretschmann und die baden-württembergische Landesregierung, an die Landräte, die Mitglieder im Kreistag und an die Bürgermeister in Heilbronn-Franken gewandt. „Wir fühlen uns alleingelassen und seitens der Politik total vernachlässigt“, heißt es in diesem Brief. „Die für die Menschen in der Region sehr wichtige Branche ist in akuter Gefahr und benötigt eine rasche sowie unbürokratische Hilfe“, heißt es in dem Schreiben weiter.

„Das Problem wird auch dadurch verschärft, dass sich derzeit kaum einer der Kollegen traut, die Preise anzupassen, weil die Kunden sehr sensibel und emotionalisiert sind“, erläutert Markus Hoffmann.
Der Koch und Küchenmeister versucht daher wie viele seiner Kollegen, mit den verschiedensten Maßnahmen gegenzusteuern. So hat er die Öffnungszeiten leicht eingeschränkt, um das Personal optimal einzusetzen. Der Mittwoch bleibt künftig geöffnet, jeden zweiten Sonntag macht er stattdessen zu. Und im Hotel konzentriert er sich, wenn weniger Andrang herrscht, auf eines der beiden Stockwerke, um Energiekosten zu sparen.
Senkung der Mehrwertsteuer verlängern
Für Michael Sättele ist klar, dass als erste Reaktion der Politik die Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen über den 31. Dezember hinaus aufrechterhalten werden muss. Laut aktueller Gesetzeslage greift am 1. Januar wieder der alte Mehrwertsteuersatz von 19 statt 7 Prozent. „Das verschärft die Situation noch zusätzlich“, unterstreicht der 39-Jährige. „Die Politik unterschätzt auch völlig, dass das Land immer mehr verkümmert, wenn Gastronomiebetriebe schließen müssen“, so Sättele. Das hätte Auswirkungen auf alle Handwerksbetriebe, Vereine und Kirchen vor Ort. Der Gastronom fürchtet „Dominoeffekte und eine Entfremdung auf dem flachen Land“.
Bis Ende des Jahres hoffen die Köche nun auf eine Reaktion auf ihr Schreiben. „Es wäre schön, wenn wir Anfang des kommenden Jahres wissen, wie wir im Jahr 2023 planen können“, unterstreicht Markus Hoffmann. Sollte eine Reaktion bis Weihnachten ausbleiben, wollen die Vereine den Druck noch einmal erhöhen. „Wir können uns vorstellen, Unterschriftenaktionen, vielleicht auch Demonstrationen oder Aktionen bei öffentlichen Veranstaltungen, durchzuführen“, hat Michael Sättele schon einige Ideen im Hinterkopf.
„Auf jeden Fall müssen wir am Ball bleiben“, macht auch Markus Hoffmann klar und verweist auf die dramatischen Folgen der Krise: „Vielen ist noch gar nicht klar, dass es einen Rattenschwanz nach sich zieht, wenn Gastronomiebetriebe in großem Stil aufgeben müssen.“

