Verzweiflung der Gastro-Betriebe in der Region nimmt zu
Restaurantbetreiber kritisieren die Corona-Politik des Bundes zunehmend. Die vergangenen Jahre haben ihre Spuren hinterlassen. Von einem Branchensterben und Spaltung unter Gästen ist die Rede.

Angesichts steigender Inzidenzen werden immer wieder Rufe nach einer Rückkehr zur Maskenpflicht in Innenräumen laut. Eine bundesweite Maskenpflicht gibt es derzeit nur noch in Fernzügen und -bussen, Kliniken, Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen. Darüber hinaus können sie die Länder bei Bedarf einführen.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann will vorerst keine Maskenpflicht. „Der Gesundheitsminister ist der Meinung, dass der Peak überschritten ist“, sagte der Grünen-Politiker mit Blick auf Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) und die Fallzahlen. „Wir machen jetzt erstmal keine neue Verordnung. Aber sie ist in der Schublade.“ Eine Nachricht, die Gastronomen erleichtern dürfte.
Die Verzweiflung wird größer, der Geduldsfaden kürzer
Auf Nachfrage der Heilbronner Stimme bei verschiedenen Betreibern, was eine Rückkehr zur Maskenpflicht bedeuten würde, wird deutlich: Die Verzweiflung wird größer, der Geduldsfaden kürzer. Thomas Aurich mag nur ungern über eine Rückkehr zur Maskenpflicht und die damit einhergehenden Folgen nachdenken. Man könne zwar damit leben, „genervt“ sei der Stadtverbandsvorsitzende des Dehoga von der Corona-Politik der Bundesregierung aber trotzdem. In den vergangenen Jahren habe es eine Regelung nach der anderen gegeben. „Diese Logik kann man nicht mehr nachvollziehen.“
Aurich sieht in Luftfiltern mit UVC-Strahlung einen vielversprechenden Ansatz, eine potenzielle Maskenpflicht zu umgehen. „Ich würde mir wünschen, dass es vom Land eine Empfehlung oder einen Leitfaden gibt, welche Anlagen gut sind. Aber es passiert nichts. Wir sind auf uns allein gestellt.“
Mit vielen Baustellen zu kämpfen
Abgesehen davon hätten Gastronomen aktuell gleich mit mehreren Baustellen zu kämpfen. Energie- und Rohstoffpreise seien explodiert. Frittieröl beispielsweise sei 250 Prozent teurer geworden. Corona-Hilfen müssten zurückgezahlt werden, und auch Personalkosten würden ansteigen, weil man versuchen müsse, seine jetzigen Mitarbeiter zu halten.
Hinzu kommen Lieferengpässe oder Weihnachtsfeiern, die laut dem Gastronomen mit angezogener Handbremse gebucht werden: „Ich habe mit einigen Kollegen gesprochen. Es gibt nicht annähernd so viele Buchungen wie früher“, bedauert Aurich. „Ein Gastronomiesterben wird kommen“, lautet seine düstere Prognose für die Zukunft. „Irgendwann muss auch mal gut sein“, gibt auch Martin Kübler, Dehoga-Chef im Landkreis Heilbronn, seiner Verzweiflung Raum. Im Restaurant wolle er die Gäste verwöhnen und nicht maßregeln müssen, wenn es darum gehe, Maskenpflicht und Co. zu kontrollieren. Auch würden solche Regeln zunehmend die Gäste spalten. Kübler, der unter anderem das Restaurant im Bad Rappenauer Golfklub betreibt, erinnert sich an Situationen in der Vergangenheit, in denen auf Gäste, die ihre Maske auf dem Weg zur Toilette vergessen hätten, mit dem Finger gezeigt wurde. Sie seien von anderen Restaurantbesuchern wie Aussätzige behandelt oder mit „bösen Kommentaren“ konfrontiert worden.
Ähnliche Schilderungen macht Hans-Peter Küffner aus Langenbrettach-Neudeck. Der Gastronom spricht von einer zunehmend gespaltenen Kundschaft und schwindender Akzeptanz gegenüber Corona-Regeln. Trägt man keine Maske, werde man mittlerweile genauso komisch angeschaut wie mit Maske. „Ich habe mich zeitweise nicht mehr ins eigene Lokal getraut“, bringt es Küffner überspitzt auf den Punkt.
Erschwerte Planungen
Das Hin und Her der Regeln mache Planungen schier unmöglich, kritisiert der Unternehmer, der noch nicht weiß, wie er Weihnachten oder Silvester angehen soll. Menükarten drucken oder eine Musikkapelle reservieren und nicht wissen, ob es die Corona-Regeln zulassen werden? „Alles ist ein wirtschaftliches Risiko.“ Auf die Option, über Neujahr zuzumachen, wolle Küffner nicht gern zurückgreifen. Trotzdem sei sie nicht ausgeschlossen.

