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Kinderporno-Fall: Aufklärer stehen vor Fragen-Berg

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Tausende Bilder und Videos mit kinderpornografischen Inhalten wurden auf dem privaten Computer des ehemaligen Leiters eines Heilbronner Kindergartens gefunden. Ein Krisenteam der Kirche soll jetzt Fehler im Umgang mit dem Fall beleuchten.

Von unserer Redaktion

Es gibt Momente, da herrscht kurz Stille an dem Tisch im Amtsgebäude des evangelischen Dekanats an der Wilhelmstraße. Es sind Momente, in denen klar wird, was die Aufgaben des Teams sind, das für die evangelische Gesamtkirchengemeinde Aufklärungsarbeit leisten soll. 

Nicht, in welchem Ausmaß sich der angeklagte ehemalige Kindergartenleiter schuldig gemacht hat, auf dessen Computer Tausende Dateien kinderpornografischen Materials gefunden wurden. Das ist Aufgabe des Gerichts. Sondern, wie die Kirchenverwaltung mit Vermutungen und Informationen umgegangen ist, wer wann welche Informationen hatte. Wie reagiert wurde. "Man kann es nicht anders als ein Fiasko nennen", sagt Pfarrer Steven Häusinger. Er ist geschäftsführender Pfarrer der Nikolaigemeinde, zu dieser Gemeinde gehört auch der betroffene Kindergarten.

Kindergartenverwalter gibt Verantwortung ab

Eine Konsequenz ist schon gezogen: In einem Schreiben gibt der heftig kritisierte und bisher für die evangelischen Kindergärten zuständige Kirchenpfleger diese Verantwortung ab. Es gehe darum, verloren gegangenes Vertrauen wiederzugewinnen, schreibt er. Schuldekan Jürgen Heuschele und Pfarrerin Susanne Härterich übernehmen diese Aufgabe, beide sind Teile des Krisenteams. Bei einem Elternabend vergangenen Freitag war ihm vorgeworfen worden, zu spät und falsch reagiert zu haben. Der Ruf nach seiner Entlassung wurde laut.

Doch sorgt sein Verhalten nach wie vor für einige Fragezeichen. Was hat er wann mit wem besprochen? Wie ist so manche Entscheidung zustande gekommen? Wie konnte es etwa passieren, dass der Beschuldigte trotz der Ermittlungen aus arbeitsrechtlichen Gründen noch wochenlang im Kindergarten arbeitete? "Es ist klar, dass nicht nichts passiert ist. Es gab Gespräche, Rückfragen. Unsere Aufgabe ist zu schauen, ob sowohl die Berater, als auch der Kirchpfleger richtig reagiert haben", sagt Schuldekan Heuschele. "Denn klar ist auch, dass wir mit dem Ergebnis nicht zufrieden sind. Wir müssen jetzt untersuchen, was hätte anders laufen müssen."

Schutzkonzept überarbeiten

Denn die bereits bestehenden Pläne, was wie funktioniert, haben versagt. "Wir müssen auch auf unser Schutzkonzept schauen", sagt der Schuldekan. Es sieht bestimmte Abläufe vor, wenn ein Verdacht von Kindeswohlgefährdung aufkommt. "Sobald ein solcher Verdacht aufkommt, muss derjenige, der es entdeckt, jemanden um Rat fragen", ergänzt Pfarrer Matthias Marschall. "Um so zu einer Einschätzung zu kommen, was zu tun ist. Beim Thema Kindeswohl gibt es keine Unschuldsvermutung."

Seit zwei Wochen beschäftigte er sich mit der Aufarbeitung des Falls und damit, den betroffenen Eltern zur Seite zu stehen, sagt Marschall. Und ihr Vertrauen zu stärken. "Für sie war es ein Schock. Genauso wie für die Erzieherinnen, weil so lange niemand von etwas wusste. Um so wichtiger ist jetzt, für möglichst große Offenheit zu sorgen. Wir wollen auf jeden Fall dem Eindruck entgegenwirken, etwas unter den Teppich kehren zu wollen."

Vertrauen ins Personal ist groß

Bis heute kann niemand sagen, was genau passiert ist, als der Angeklagte noch im Dienst war. "Es wusste ja niemand im Kindergarten Bescheid, da kann es schon sein, dass es Situationen gab, in denen er alleine mit den Kindern war", sagt Mattias Marschall. Bei der Anklage geht es um den Besitz der Fotos und Videos, nichts deutet darauf hin, dass etwas davon im Kindergartenentstanden ist. "Aber eine Restunsicherheit bleibt", sagt Steven Häusinger. Immerhin habe man es geschafft, zu einer Art Normalität im Kindergartenbetrieb zurückzufinden. "Das Vertrauen in das Personal ist groß." Auch wenn noch vieles unklar ist.


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