Keine Corona-Hotspots in Heilbronner Stadtteilen
In sozial benachteiligten Stadtteilen ist die Gefahr, sich mit Corona zu infizieren, erhöht: Zu dieser Erkenntnis sind mehrere deutsche Großstädte gekommen - und sie handeln entsprechend. Mannheim veröffentlicht Inzidenzen auf Quartier-Ebene. Derweil betont die Heilbronner Stadtverwaltung, es gebe hier keine lokalen Häufungen bei den Infektionen.

"Wir haben keine Hotspots in Heilbronn", sagte OB Harry Mergel am Freitag beim Stimme-Online-Forum. "Es verteilt sich über die Stadt, vom Heilbronner Osten bis Kirchhausen, von Horkheim bis Neckargartach."
Zahlen hierzu, wie sie unsere Redaktion mehrmals angefragt hat, lägen der Stadt vor, sie veröffentlicht sie aber nicht - aus Datenschutzgründen, so der OB. Die Gesamtstadt sieht Mergel nicht mehr als Brennpunkt, alle Kreise bewegten sich in "einem Korridor zwischen 150 und 250". Trotzdem: In Relation zur Einwohnerzahl und über die ganze Pandemiezeit gesehen, ist Heilbronn der Kreis mit den meisten Infektionen im ganzen Land. "Städte mit starker Industrie und vielen Arbeitsplätzen sind stärker betroffen als der ländliche Raum oder Kleinstädte", sieht Mergel eine Erklärung.
Studie: Sozialer Status beeinflusst Risiko
Einige Metropolen stellen seit kurzem kleinteilige Analysen an. Köln hat festgestellt, dass in Hochhaussiedlungen mit sozial schwacher Bevölkerung die Corona-Inzidenzen deutlich über dem Durchschnitt der Stadt liegen. Die Millionenstadt am Rhein reagiert mit einem Pilotprojekt: Mobile Impfteams gehen gezielt in die Brennpunkte. Das Vorgehen hat auch Kritiker. Sie befürchten die Stigmatisierung ganzer Bevölkerungsgruppen.
Auch Wissenschaftler untersuchen zunehmend den Zusammenhang zwischen Sozialstruktur und Corona-Inzidenzen. Der Ansatz: Wo die Einkommen unterdurchschnittlich sind, dort sind Wohnverhältnisse beengter. Weniger qualifizierte Menschen arbeiten eher nicht in Jobs, die Homeoffice ermöglichen, das formale Bildungsniveau ist niedriger. In sozial benachteiligten Stadtteilen ist der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund oft höher. Sprachprobleme, so eine These, erschweren den Zugang zu Informationen über die Pandemie.
"Die Wahrscheinlichkeit, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, ist auch bei uns stark sozial beeinflusst", sagte Cordula Kropp dieser Tage gegenüber den "Stuttgarter Nachrichten". Die Professorin an der Universität Stuttgart hat eine Studie durchgeführt und unter anderem den Faktor Bildung herausgestellt. Der Wunsch, im Detail über die Pandemie informiert zu sein, sei bei sozial schlechter Gestellten weniger ausgeprägt, so eines ihrer Ergebnisse.
Mannheim veröffentlicht Zahlen für Stadtteile
Mannheim veröffentlicht seit wenigen Wochen Inzidenzen auf Stadtteilebene. "Die Spekulation ist schädlicher als das Zeigen der Zahlen", sagte Mannheims OB Peter Kurz. Er sieht "eine klare Korrelation zwischen dem sozialen Status, zu dem auch der Bildungsstatus gehört, und der gesundheitlichen Exposition". Die bisherige Impfpriorisierung, merkt Mannheims OB an, nehme auf soziale Unterschiede keine Rücksicht. Seit Montag ist ein mobiles Impfteam in einem Stadtviertel im Einsatz. Es ist das erste Projekt dieser Art im Land.
In Mannheim lag die durchschnittliche Sieben-Tage-Inzidenz im Quartal in Neckarstadt West, einem Quartier mit hoher Arbeitslosigkeit und hohem Migrantenanteil, zuletzt bei 141,8. Am anderen Ende der Skala waren es 57,1 in Lindenhof, dort sind die Sozialindikatoren umgekehrt, wie aus dem Sozialatlas hervorgeht. Einen solchen Atlas gibt es auch für Heilbronn, aber weiter keine heruntergebrochenen Corona-Inzidenzen - weil es hier laut Stadt diese Auffälligkeiten nicht gebe. "Wenn wir solche Erkenntnisse hätten, würden wir auch danach handeln", betont OB Harry Mergel.