Jeder mittelgroße Hund ist für die Rettungshundestaffel geeignet
Sie suchen vor allem an Demenz erkrankte Senioren, die nicht nach Hause zurückfinden. Timo Riexinger und Günter Baumann von der Rettungshundestaffel Unterland berichten von ihren Einsätzen und sagen, was sie antreibt.

Neulich findet die Rettungshundestaffel Unterland einen vermissten Senior bei Neuenstein - lebend. Ein paar Tage später spürt sie eine verschwundene Frau im Raum Mainhardt auf. Sie ist tot. Die Einsätze der Suchhunde können für Besitzer psychisch sehr belastend sein, sagt Vorsitzender Timo Riexinger. Er und sein Amtsvorgänger Günter Baumann sagen, was sie antreibt.
Herr Riexinger, das Ehrenamt ist nicht sonderlich begehrt, warum haben Sie sich dafür entschieden?
Timo Riexinger: Günter Baumann hat mich im Laufe der Jahre immer wieder angesprochen. Ob ich die Nachfolge antrete. Ich habe zugesagt, obwohl ich wusste, was auf mich zukommt. So eine Aufgabe neben dem Beruf zu machen, ist schwierig. Ich denke aber, wir haben die Aufgaben innerhalb des Vereins gut verteilt und sind gut aufeinander eingestellt.
Sie waren keiner, der am Amt klebt, Herr Baumann?
Günter Baumann: Nein. Ich habe den Vorsitz 2014 Knall auf Fall übernommen, weil die damalige Vorsitzende erkrankt war. Ich bin aber der Überzeugung, dass eine Vereinsführung in junge Hände gehört. Dann bleibt auch der Verein jung.
Was schätzen Sie an Ihrem Nachfolger?
Baumann: Seine Geradlinigkeit, er kennt seine Ziele, ist loyal, er kann was. Es wäre mir schwergefallen, den Vorsitz aufzugeben, wenn ich nicht gewusst hätte, wer ihn übernimmt.
Immer mehr Menschen legen sich einen Hund zu. Kann jeder bei der Rettungshundestaffel mitmachen?
Riexinger: Jeder mittelgroße Hund ist geeignet. Idealerweise kommen die Hunde schon im Welpenalter zu uns. Wir bieten jedes Quartal eine Info-Veranstaltung an. Interessenten haben wir tatsächlich viele. Am Ende bleiben höchsten ein bis zwei übrig.
Woran liegt das?
Riexinger: Wir investieren viel Zeit. Zwei Mal in der Woche ist Training, dazu kommen 20 bis 30 Sucheinsätze im Jahr und Vorführungen wie etwa bei der Gartenschau in Eppingen, wo wir uns der Öffentlichkeit zeigen. Vergangenes Jahr hatten wir 10 000 Einsatzstunden. Vor Corona waren es oft 20 000.
Baumann: Ich stelle einen gesellschaftlichen Wandel fest. Wir haben 20 geprüfte Flächensuchhunde, wenn ein Einsatz kommt, sind es oft immer dieselben sieben oder acht Hundeführer, die helfen. Manche haben keine Lust oder keine Zeit. Außerdem unterstützt nicht jeder Arbeitgeber die Sache.
Was macht die Arbeit der Staffel so herausfordernd?
Riexinger: In der Regel wird die Rettungshundestaffel nachts angefordert. Die Suche nach einem vermissten Menschen kann außerdem psychisch sehr belastend sein. Damit kann nicht jeder umgehen.
Der Hund gilt als der beste Freund des Menschen. Wie sehen Sie das?
Riexinger: Hunde sind heute Familienmitglieder. Früher sind wir Hunden mit mehr Härte begegnet. Heute sagen Menschen, dass sie ihr Tier auf keinen Fall zwei Stunden alleine lassen würden.
Die Erfolgsquote, dass Sie eine vermisste Person aufspüren, ist mit fünf Prozent eher niedrig. Warum sind die Suchen so selten von Glück gekrönt?
Baumann: Ein Suchhund muss richtig eingesetzt werden, nur dann bringt er etwas. Ein Mantrailer, ein Hund, der eine bestimmte Person sucht, nimmt deren Geruch auf. Bei hohen Temperaturen droht dem Hund nicht nur ein Hitzeschlag, auch Gerüche zersetzen sich schneller.
Ein Problem ist die Finanzierung. Die Rettungshundestaffel i ist ein Verein und schwimmt nicht im Geld.
Riexinger: Hinter uns steht keine Gemeinde oder Organisation. Selbst den Kraftstoff für ein Einsatzfahrzeug müssen wir über Spenden finanzieren. Wir brauchen bald ein neues Fahrzeug, weil unser seitheriges Führungsfahrzeug 20 Jahre alt ist und jetzt der Funk von analog auf digital umgestellt wird. Das kostet uns etwa 150 000 Euro. Unterstützung von der öffentlichen Hand erhalten wir kaum. Wir bekommen jedes Jahr 1200 Euro von der Stadt Heilbronn für den Fahrzeugunterhalt. Das Geld reicht bei Weitem nicht für alle Fahrzeuge.
Warum sind Sie trotzdem gern bei der Hundestaffel?
Riexinger: Ich tue es für den guten Zweck. So wie neulich die erfolgreiche Suche nach einer vermissten Person in Neuenstein. Wir haben sie lebend gefunden und die Erstversorgung übernommen. In unserem Vereinshaus hängt ein Dankesschreiben von einer Familie. Wir haben den älteren Mann lebend gefunden. Alle anderen Einsatzkräfte hatten die Suche aufgegeben.
Baumann: Selbst wenn wir jemanden tot finden, ist es für Angehörige von Vermissten wichtig, dass sie Gewissheit über das Schicksal eines nahestehenden Menschen erhalten.
Zur Person
Timo Riexinger (42) ist seit 2011 Mitglied der Rettungshundestaffel (RHS) Unterland. Riexinger lebt in Leingarten und arbeitet im Bereich Kerntechnik und Brennelemente bei der EnBW. Im Mai vergangenes Jahr übernahm er den Vorsitz der RHS von Günter Baumann (71). Der hatte den Posten seit 2014 inne. Der Heilbronner gehört der RHS seit 35 Jahren an. Baumann war 40 Jahre lang bei der Heilbronner Berufsfeuerwehr tätig.



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