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Jacqueline Straub will katholische Priesterin werden und spricht in Heilbronn

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Die aus Oberschwaben stammende Theologin Jacqueline Straub will katholische Priesterin werden. Damit und mit pointierten Aussagen findet sie weltweit Beachtung. Nun kommt sie nach Heilbronn.

Laut BBC eine der 100 inspirierendsten und einflussreichsten Frauen der Welt: Jacqueline Straub.

Foto: Melanie Wetzel
Laut BBC eine der 100 inspirierendsten und einflussreichsten Frauen der Welt: Jacqueline Straub. Foto: Melanie Wetzel  Foto: Melanie Wetzel

Die Katholische Kirche hat nicht nur ein Problem, sie hat viele - unter anderem das Männer-Machtgehabe und die systematische Diskriminierung von Frauen. Die im oberschwäbischen Pfullendorf aufgewachsene Theologin Jacqueline Straub (31) kritisiert solche und andere Missstände gnadenlos, mehr noch: Die couragierte Publizistin will sogar Priesterin werden. Laut britischem Rundfunksender BBC zählt Straub zu den 100 einflussreichsten und inspirierendsten Frauen weltweit. Am Freitag spricht sie in Heilbronn.

 

Wie kommt man als Frau auf die Idee, Priesterin werden zu wollen?

Jacqueline Straub: Ich spüre seit meiner Jugend eine Berufung zur Priesterin. Es ist ein starkes Brennen in meinem Herzen, eine große Leidenschaft priesterlich in der Kirche zu wirken. Das heißt zum einen als Seelsorgerin mit den Menschen den Lebens- und Glaubensweg zugehen, zum anderen aber auch die Sakramente zu spenden. Insbesondere die Eucharistie.

 


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... also das Abendmahl. Unser Bischof Fürst will sich zumindest für Diakoninnen starkmachen.

Straub: Dann dürfte ich die Eucharistie auch nicht spenden. Diakonin ist ein erster Schritt, aber zu wenig. Denn dadurch ist noch nicht die vollkommene Gleichheit der Geschlechter dargestellt. Und ehrlich gesagt: Ich kenne mehr Frauen, die sich zu Priesterinnen berufen fühlen, als zu Diakoninnen. Denn in den meisten Gemeinden übernehmen Frauen heute bereits sehr viele diakonische Aufgaben. In der Schweiz etwa dürfen Seelsorgerinnen mit der Beauftragung ihres Bischofs Kinder taufen, Begräbnisse leiten, Wortgottesdienste feiern, Ehen schließen. Sie machen bereits das, was ein Diakon machen darf.

 


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Was wollen Sie noch verändern?

Straub: Ich wünsche mir eine Kirche, die geschlechtergerecht ist, aber auch ein safe space für alle Menschen. Durch die vielen Missbrauchsfälle hat sich die Kirche viel Glaubwürdigkeit verspielt. Und noch immer zeigt sich, dass in der Kirche nicht konsequent Missbrauch aufgedeckt, benannt und verhindert wird. Das muss sich ändern. Ebenso der Umgang mit queeren Menschen in unserer Kirche. Ich spüre, dass da in Deutschland gerade etwas am Aufbrechen ist.

 

Die katholische Kirche ist ja sowas wie der letzte Dinosaurier des Machismo. Sehen Sie diesbezüglich einen Zusammenhang zu Missbrauch, dessen systematische Vertuschung oder etwa der Phobie gegen queere Menschen?

Straub: Ja. Aus der Wirtschaft ist bekannt, dass geschlossene Männergruppen anfälliger sind, Missbrauch und Skandale zu vertuschen. Sobald es gemischt-geschlechtliche Gruppen sind, löst sich das nach und nach auf und führt zu mehr Transparenz. Der Zölibat hat Männer mit gefährlich unreifer persönlicher und sexueller Entwicklung angezogen oder auch Männer mit pädophilen Neigungen. Auch die Überhöhung des Priesteramtes führte dazu, dass viel zu lange den Tätern mehr geglaubt wurde, als den Betroffenen und Missbrauch systematisch vertuscht wurde. Die Sexualmoral der Kirche führt auch dazu, dass queere Menschen diskriminiert werden und sie führt gleichzeitig dazu, dass im Vatikan viele Geweihte ein Doppelleben führen: Sie predigen gegen Homosexualität und leben ihre eigene Homosexualität aus - etwa in einer heimlichen festen Beziehung, bei gelegentlichen Sexpartys oder sie bezahlen sogar junge Männer, meist aus afrikanischen Ländern, für schnellen Sex.

 


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Viele wissen das, aber alle halten still. Mit solchen Aussagen und Forderungen machen Sie sich nicht nur Freunde.

Straub: Ja. Aber ich erhalte viel mehr Unterstützung. Wer sich für etwas einsetzt, wird leider immer angefeindet. Aber diese Anfeindungen zeigen mir, was noch alles in der Kirche gemacht werden muss und spornen mich auch an, mich weiter für Reformen starkzumachen.

 

Derzeit resignieren viele Gläubige und treten aus. Nennen Sie uns drei gute Gründe drinzubleiben.

Straub: Ich verstehe jede Person, die aus der Kirche austritt. Ich bleibe drin, weil mich die vielen guten Beispiele vor Ort, der Einsatz der Menschen für den konkreten Menschen inspirieren. Zum anderen ist Kirche ja auch immer eine spirituelle Heimat, die einem - trotz vieler schlechter Dinge - Kraft und Halt schenkt. Ein Grund, warum man bleiben sollte, ist sicherlich: Wenn alle gehen, dann übernehmen die reaktionären Kräfte in der Kirche das Ruder. Diese wollen nichts verändern, haben oftmals wenig Interesse am Aufklären und Verhindern von Missbrauch in der Kirche. Wenn alle gehen, dann werden noch mehr Menschen unter der Kirche leiden. Das kann ich nicht verantworten.

 

Die deutsche Kirche ist viel weiter als die römische, das zeigt auch die aktuelle Bischofskonferenz. Aber alle Reformbemühungen, etwa im Synodalen Weg, stoßen auf die harten Mauern des Vatikan. Was halten Sie von einer zweiten Reformation?

Straub: Ich glaube nicht, dass es eine zweite Reformation braucht. Die Veränderung wird kommen, da bin ich mir ganz sicher - einige dieser Veränderungen, die international stattfinden, habe ich auch in meinem neusten Buch "Wir gehen dann mal vor" beschrieben. Bevor das Zweite Vatikanische Konzil in den 1960er Jahren begann, glaubte auch keiner, dass die Kirche sich ändern könne. Sie hat schon damals bewiesen, dass sie es kann. Mit unserer Hilfe wird sie es erneut schaffen, sich zu wandeln.


Lesung in VHS Heilbronn

Jacqueline Straub liest am Freitag (11.03.) ab 19 Uhr auf Einladung der VHS Heilbronn im Deutschhof aus aktuellen Büchern und stellt sich der Diskussion. Infos und Karten: www.vhs-heilbronn.de

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