Innovationsfabrik wird Standort für die Ecole 42
Die alte Werkzeugmaschinen-Fabrik bietet das passende Flair für die Programmierschule. Junge Unternehmen, die derzeit dort untergebracht sind, bekommen nach einer Übergangsphase einen attraktiven Neubau im Zukunftspark.

Das markante Backsteingebäude der ehemaligen Maschinenfabrik Weipert, die heute als Innovationsfabrik Heilbronn (IFH) firmiert, wird zum Standort des neuen Ablegers der Pariser Ecole 42.
Bis September müssen die derzeitigen Mieter - in der Regel Start-ups und junge Unternehmen - umziehen. Schon das Auswahlverfahren für die Programmierschule soll dann an diesem Standort stattfinden.
Ein Gebäude für die Kreativität
Erst im Februar hatte die Dieter-Schwarz-Stiftung mit der Nachricht überrascht, die innovative Schule 42 nach Deutschland zu holen. "Wir haben uns daraufhin die eine oder andere Fabrikhalle im Industriegebiet angeschaut", erzählt Stiftungsgeschäftsführer Reinhold Geilsdörfer.
Aus mehreren Gründen erschien letztlich das Gebäude der Innovationsfabrik ideal. Es sollte mit nicht allzu viel Aufwand umzubauen sein. Die Nähe zum Bildungscampus ermögliche eine Nutzung von Mensa und Bibliothek. "Und emotional strahlt das Gebäude einfach Kreativität aus", findet Geilsdörfer.
Passend zu den anderen Standorten der Schule 42
So ging es in die Verhandlungen mit dem Eigentümer Stadtsiedlung und mit der Stadt Heilbronn, mit denen die Stiftung schnell einig wurde. "Der Fabrikcharakter schafft ein attraktives Flair, welches das Selbstbild der 42-Standorte weltweit widerspiegelt und junge Menschen international anziehen soll, um in Heilbronn ein Studium zu beginnen. Wir sind der Stadt sowie der Stadtsiedlung sehr dankbar für diese Möglichkeiten", erklärt Geilsdörfer.
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21 Jahre nach ihrer Gründung wird die IFH somit einen Neuanfang im Zukunftspark Wohlgelegen wagen. Der Neubau soll 2022/2023 stehen und ganz auf die Bedürfnisse der Start-ups ausgerichtet sein. Zuvor müssen die Mieter allerdings eine Übergangslösung in einem Containerdorf akzeptieren.
"Gemeinsam mit der Dieter-Schwarz-Stiftung und der Stadt Heilbronn ist es gelungen ist, für die IFH-Mieter ein Gesamtpaket anzubieten, das einen nahtlosen Übergang in die Interimslösung IFH-Village und später in den IFH-Neubau gewährleistet", sagt Stadtsiedlungs-Chef Dominik Buchta.
Auch für junge Unternehmen hängt viel am äußeren Erscheinungsbild
Für so manchen Mieter war die Nachricht, dass die Zeit in der alten Innovationsfabrik in absehbarer Zeit vorüber ist, dennoch wenig erfreulich. Offiziell nimmt kein Unternehmen Stellung. Allerdings hat auch ein ehemaliger Mieter davon erfahren. Frank Dürring, Chef der Condero AG, genoss von 2000 bis 2006 die Vorzüge der IFH in dem attraktiven Gebäude und einem gewachsenen Umfeld - und weiß diese auch zu schätzen. Die Ansiedlung der Schule 42 und das Engagement der Schwarz-Stiftung begrüßt er ganz ausdrücklich.
Aber: "Den Umzug in Container halte ich für problematisch", sagt Dürring. Gerade für junge Unternehmen hänge viel auch am äußeren Erscheinungsbild. Wenn der Neubau dann auf sich warten lasse angesichts der Unsicherheit in der Corona-Pandemie, sei das sehr problematisch.
Zusammenarbeit mit einem Architekten aus Paris
Doch die Planungen für die IFH 2.0 laufen offenbar bereits auf Hochtouren. Aus Sicht der Stadtsiedlung seien die Verlagerung und der Aufbau der Schule 42 am alten Standort auf jeden Fall eine "Win-Win-Situation", wie Buchta erklärt. Der Zukunftspark stärke seine Position als attraktiver und innovativer Standort für Zukunftstechnologien.
In der alten IFH sollen parallel zum Einzug der ersten Studenten ab Oktober auch die Umbauarbeiten beginnen. Das Heilbronner Büro Krummlauf Teske Happold wird dabei mit dem Architekten der Ecole 42 in Paris, Adrien Raoul, zusammenarbeiten. So soll der ganz besondere Flair der 42-Schulen auch in Heilbronn Einzug halten.
Innovation in der alten Fabrik
Im Januar 1999 bezogen die ersten Gründer und junge Unternehmer die Räume in der einstigen Werkzeugmaschinenfabrik Weipert. 1994 hatte die Stadt einen Teil des Geländes und das Gebäude erworben und zum Gründerzentrum umgebaut. Hier sollten Firmen ein Netzwerk aufbauen können und Infrastruktur gemeinsam nutzen. Technologieorientierte und kreative Unternehmer fanden zwischen der historischen Bausubstanz und der modernen Architektur ihren Platz. Das Gebäude gehörte mittlerweile der Stadtsiedlung. Es wurde ebenso an die Dieter-Schwarz-Stiftung verkauft wie das Grundstück, das bislang teilweise von der Stadt Heilbronn in Erbpacht bereitgestellt wurde. Diesem Verkauf muss am 22. April noch der Wirtschaftsausschuss zustimmen, der Ältestenrat des Gemeinderats gab bereits grünes Licht.
Die Ecole 42 wird nun der nächste Nutzer der Fabrik. Unter www.42heilbronn.de kann sich jeder, unabhängig von formalen Voraussetzungen, um einen Studienplatz in der innovativen IT-Schule bewerben. Insgesamt soll Platz für 700 Schüler sein.
Kommentar "Alte Zöpfe"
Die Ecole 42 wird vom Tag der Eröffnung an deutschlandweit Schlagzeilen machen und ein Aushängeschild der Stadt sein. Von daher hätte es nicht nur aus Sicht der Dieter-Schwarz-Stiftung und der künftigen Schüler, sondern auch aus Heilbronner Sicht kaum eine bessere Lösung geben können. Die alte Landmaschinenfabrik Weipert macht etwas her. Sie ist obendrein innenstadt- und campusnah und für das Konzept der innovativen Programmierschule perfekt geeignet.
Dass sich Firmen, die teils erst seit wenigen Tagen, teils seit 20 Jahren in der Innovationsfabrik arbeiten, in dieser Gemengelage wie ein lästiges Hindernis vorkommen mögen, ist menschlich nachvollziehbar. Hoffentlich können auch sie überzeugt werden, dass es eine Win-Win-Situation für alle werden soll.
Für die Innovationsfabrik insgesamt ist es kein schlechter Zeitpunkt, das Konzept nachzujustieren, alte Zöpfe abzuschneiden. Die neue IFH 2.0 sollte wieder ein flexibles Gründerzentrum werden, kein günstiger Büroraum für Dauermieter. Man darf gespannt sein, was die Stadtsiedlung in den nächsten Monaten hier erarbeitet. Bisher gab es bei den umfangreichen Umbauarbeiten hin zur Wissensstadt erstaunlich wenig negative Begleitmusik. Das macht Hoffnung, dass dies auch in diesem Fall so bleibt.