Corona-Hotspot Heilbronn: Mehr als eine Momentaufnahme
Mal Hotspot, mal Musterknabe: In den vergangenen Monaten ist die Corona-Inzidenz in Heilbronn erst deutlich gesunken, dann wieder auf annähernd das Zehnfache gestiegen. Trotz der Schwankungen: Über die gesamte Pandemiezeit gesehen, ist Heilbronn bislang überdurchschnittlich betroffen.
Mitte Januar zählte Heilbronn 240 Corona-Neuinfektionen binnen einer Woche, bezogen auf 100.000 Einwohner. Anfang März waren es unter 30. An diesem Wochenende nun mehr als 280 - der höchste Wert im ganzen Land. Eine Achterbahnfahrt. Aufschlussreicher ist der Blick auf die gesamte Zeit seit Pandemiebeginn.
Unrühmlicher Spitzenplatz im Land
In Heilbronn wurden seit dem 25. Februar 2020 annähernd 5400 Corona-Neuinfektionen festgestellt und gemeldet - bezogen auf 100.000 Einwohner. Auch das ist der höchste Wert aller 44 Stadt- und Landkreis in Baden-Württemberg. Die vergleichbar großen Städte stehen mit rund 3400 und 4700 Fällen besser da. In Freiburg und Karlsruhe ist dieser Wert, immer relativ zur Einwohnerzahl, etwa halb so hoch wie in Heilbronn. Das zeigt: Heilbronn ist gemessen an der Inzidenz ein Hotspot, und das nicht erst seit gestern.
Statistiker sehr zurückhaltend
Aber warum ist das so? Beliebte These: Die Bevölkerungsstruktur spielt eine Rolle. Statistiker sind hier sehr vorsichtig. Wohnverhältnisse, Struktur der Arbeitsplätze, Bildungsniveau oder Anteil der Bewohner mit Migrationshintergrund: Unsere Zeitung hat bereits ausführlich dargelegt, dass sich Heilbronn in vielen dieser Punkte nicht wesentlich von vergleichbar großen Städten unterscheidet. Meist gibt es schlicht keine regionalen Daten oder Studien, um einen angeblichen Zusammenhang zu belegen.
OB: Entwicklung nicht überraschend
Die Stadtverwaltung sieht in den jüngsten Lockerungen den Grund für den aktuellen Anstieg. "Diese Entwicklung kann niemanden wirklich überraschen", sagt Ob Harry Mergel. Die ansteckendere britische Variante dominiere das Geschehen. Bei den Neuinfektionen sei die Altersgruppe der 21- bis 40-Jährigen besonders stark vertreten. Kita-Kinder würden verstärkt getestet, überhaupt sei das Angebot an Schnelltests hoch. Deren Zahl schätzt die Stadt auf 17 000 pro Woche - durchgeführt in Testzentren, Arztpraxen, Gemeinschaftseinrichtungen, Betrieben und Pflegeheimen.
Viele Tests, viele Fälle: So einfach ist es nicht

In der hohen Testintensität sieht Heilbronn grundsätzlich einen Grund für die hohen Zahlen. Vergleiche sind schwierig, weil weder die Zahl der Schnell- noch die der zuverlässigeren PCR-Tests zentral erfasst werden. Oft testen Ärzte, um ein positives Schnellresultat zu prüfen. Von negativen PCR-Ergebnissen erfahren die Behörden nichts. Schnelltests gibt es seit Kurzem auch auf Lidl- und Kauflandparkplätzen, bislang in Heilbronn und Eppingen. Über die Zahl der Tests und die Positivrate gibt der Konzern keine Auskunft. Die Apotheke Harfensteller in Heilbronn hat zuletzt 538 Schnelltests pro Woche durchgeführt, nur zwei davon waren positiv.
Bei den PCR-Tests auf der Theresienwiese liegt die Positivrate laut Kassenärztlicher Vereinigung (KVBW) zwischen fünf und sieben Prozent - etwa auf dem Niveau, das das Robert-Koch-Institut für ganz Baden-Württemberg ausweist. Jedoch, darauf weist auch die KVBW hin, ist das nur ein kleiner Ausschnitt des örtlichen Testgeschehens. Das RKI generiert die Zahl der Tests aus einem freiwilligen Sampel von Laboren, das nicht unterhalb der Landesebene auf Regionen heruntergebrochen wird. Es gibt also keine regionale Positivrate - an ihr könnte man festmachen, ob Heilbronn besonders viel testet, oder ob Corona hier tatsächlich heftiger wütet als anderswo.
Personal im Gesundheitsamt aufgestockt
Die Stadt hat das Personal im Gesundheitsamt aufgestockt, mittlerweile helfen dort auch 20 Bundeswehrsoldaten bei der Kontaktnachverfolgung. Anders als etwa Ulm oder Pforzheim hat Heilbronn ein eigens Gesundheitsamt und - wie berichtet - eine relativ hohe Kapazität, Kontakten nachzuspüren. Auch das, so vermutet die Stadt, führt zu höheren Fallzahlen.