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Hexenkessel-Prozess wird eingestellt

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Wie es dazu kam, dass eine junge Frau beim Faschingsumzug in Eppingen schwer verbrüht wurde, wird wohl nie aufgeklärt. Das Landgericht Heilbronn stellt das Berufungsverfahren gegen einen 34-jährigen Angeklagten ein. Der Mann muss eine Geldauflage von 6000 Euro zahlen.

Hexenmasken liegen beim Amtsgerichtsprozess in Heilbronn auf der Anklagebank. Das Verfahren wird jetzt in zweiter Instanz eingestellt.
Foto: dpa
Hexenmasken liegen beim Amtsgerichtsprozess in Heilbronn auf der Anklagebank. Das Verfahren wird jetzt in zweiter Instanz eingestellt. Foto: dpa  Foto: Schmidt

Er werte den Ausgang des Verfahrens als großen Erfolg, sagte Manfred Zipper, Schwetzinger Anwalt des Angeklagten, gegenüber Stimme.de. „Wir sind froh, dass wir in die zweite Instanz gegangen sind.“ Das Landgericht Heilbronn kündigte Details zur Einstellung erst für Ende der Woche an. Klar ist: Das Urteil wegen fahrlässiger Körperverletzung aus erster Instanz gegen den 34-jährigen Angeklagten hat keinen Bestand.

Das Amtsgericht Heilbronn hatte ihn aufgrund von Zeugenaussagen als jenen Umzugsteilnehmer im Hexenkostüm erkannt, der eine junge Frau im Scherz über einen Kessel mit heißem Wasser gehalten haben soll. Die damals 18-Jährige aus dem Raum Karlsruhe geriet mit den Beinen ins Wasser und erlitt schwere Verbrennungen.

Direkte Beteiligung nicht nachzuweisen 

Nach der Beweisaufnahme könne dem Beschuldigten nicht „mit der erforderlichen Sicherheit“ nachgewiesen werden, dass er an dem Vorgang beteiligt war, der zu der Verletzung führte, heißt es in der Begründung des Gerichts, die Verfahrensbeteiligten zuging. Eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten gebe es gleichwohl, daher kein Freispruch.

Der Mann habe wie alle anderen Mitglieder seiner Gruppe um die Gefährlichkeit des Kessels gewusst. Gegenüber dem ursprünglichen Tatvorwurf treffe den Mann aber eine geringere persönliche Schuld. Die Geldauflage in Höhe von 6000 Euro, die das Landgericht mit der Einstellung verhängt, soll an den Kinderschutzbund Heilbronn gehen.

Vorfall machte international Schlagzeilen 

Der Vorfall beim Eppinger Nachtumzug 2018 hatte international Schlagzeilen gemacht. Die Veranstaltung in der Kraichgaustadt gibt es seither nicht mehr. Der dritte und letzte Verhandlungstag mit der Urteilsverkündung hätte am Mittwoch auf dem Terminkalender gestanden. Der Angeklagte war nach dem Amtsgerichtsurteil, das für ihn eine Geldstrafe von 6600 Euro bedeutete, in Berufung gegangen.

Der zweite Prozess vor dem Landgericht startete unter schlechten Vorzeichen. Immer wieder beriefen sich Zeugen auf Erinnerungslücken oder trugen wenig zur Klärung der Ereignisse bei. Das galt für Zeugen aus dem Umfeld des Opfers ebenso wie für die Mitglieder der Hexengruppe aus Kraichtal (Landkreis Karlsruhe), zu der auch der Angeklagte gehörte. Richter Thomas Berkner hatte deutliche Worte gefunden. „Es wird eine Mauer des Schweigens aufgebaut, in der jeder dieser Gruppe einen Stein setzt“ – auch der Angeklagte.

Opfer bekommt Schmerzensgeld

In einem Zivilverfahren hatte das Landgericht Heilbronn dem Opfer 50.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. Verurteilte waren in diesem Fall der von der Stadt getragene Verkehrsverein Eppingen und jener Mann, dessen Strafverfahren jetzt eingestellt wird. Durch die Versicherung der Kommune wurde die gesamte Summe beglichen.

 


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