Stimme+
Heilbronn
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Hexen tragen vor Gericht nicht zur Aufklärung bei

   | 
Lesezeit  1 Min
Erfolgreich kopiert!

Eine junge Frau gerät in einen Kessel mit heißem Wasser und wird schwer verletzt: Auch der zweite Prozesstag vor dem Heilbronner Landgericht bringt kaum neue Erkenntnisse dazu, was beim Eppinger Nachtumzug 2018 genau passiert ist.

von André Daub

Es soll ein rauchender, stinkender und mit heißem Wasser gefüllter Kessel gewesen sein, den als Hexen verkleidete Narren beim Eppinger Nachtumzug 2018 gezogen haben. Auch am zweiten Prozesstag vor dem Landgericht Heilbronn will keiner der über 20 als Zeugen geladenen Mitglieder der Gruppe mitbekommen haben, wie genau eine junge Frau in diesen Bottich rutschte und schwer verletzt wurde. Niemand habe etwas gesehen. Ein 34-jähriger Angeklagter setzt sich im Berufungsprozess gegen ein Urteil wegen fahrlässiger Körperverletzung zur Wehr.

Richter zeigt sich "schwer schockiert"

Sichtlich ungehalten sagte Richter Thomas Berkner: "Ehrlichermaßen bin ich schwer schockiert, dass sich keiner für diese Situation verantwortlich fühlt, die ein so großes Gefahrenpotenzial birgt." Der Prozess gibt Einblicke in das Innenleben der Gruppe. "Den Hexenkessel gezogen haben unsere Männer", sagt eine Zeugin aus. Schließlich sei der Kessel schwer und Männer stärker. Die Frauen seien im vorderen Teil der Gruppe gelaufen. "Wegen unserer Masken, konnten wir nicht zur Seite und nicht nach hinten schauen." Sie ist nicht die einzige Zeugin, die diese Aussagen tätigt.

Auch der als Zeuge geladene Organisator der Gruppe gibt an, dass meist Männer den Wagen gezogen hätten. "Ich selbst habe ihn hauptsächlich den ganzen Abend gezogen." Hin und wieder habe er ihn abgestellt. Auch er habe wegen seiner durch eine Maske eingeschränkten Sicht nicht sehen können, wie die junge Frau in den Kessel geraten ist. Oder wer den Wagen an seiner Stelle gezogen und beaufsichtigt habe. Er habe zuvor "an über zehn Umzügen teilgenommen, und nie ist etwas vorgefallen" sagt er. In all den Jahren sei schon mal vorgekommen, dass Menschen aus "einem Spaß heraus" zum Kessel gezogen worden seien.

Polizeibeamter verwundert über Geschehen

Der als Zeuge geladenener Polizeibeamte außer Dienst, der damals in dem Fall ermittelte sagt, eine solche Situation wie auf dem Eppinger Nachtumzug noch nicht erlebt zu haben: "Ich habe mich gewundert, dass zwischen Zuschauern und dem Umzug keine Abgrenzungen waren." Der Umzug habe davon gelebt, dass sich Zug und Publikum "vermischten". Viele Menschen bei der Veranstaltung seien alkoholisiert gewesen.

Die damals 18-Jährige soll von Maskierten im Spaß über den Kessel gehalten. Die Frau geriet ins heiße Wasser und zog sich schwere Verbrennungen zu. Der Prozess wird fortgesetzt.

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
Nach oben  Nach oben