Heilbronner Taxi-Branche unter enormem Druck
Nach Corona setzen Spritpreise Unternehmen unter Druck. Ruftaxen könnten ab Sommer leere Nachtbuslinien ablösen. Die Taxi-Fahrer stecken in einer Zwickmühle.

Erst setzt die Corona-Pandemie den Taxifahrern in Heilbronn zu. Und jetzt treiben die steigenden Spritpreise die Betriebkosten in der Branche in die Höhe. "Wir haben inzwischen Unternehmen, die an ihre Reserven gehen", sagt Ugur Akseven, Vorsitzender der Taxizentrale in Heilbronn. Seit 1. April gelten deshalb neue Tarife. Fahrgäste bezahlen jetzt rund 20 Prozent mehr für ihre Fahrten. Bei den Kunden stoße die Erhöhung auf wenig Verständnis. Auch unter den Taxifahrern sei die Anhebung umstritten. "Wir sind in einer Zwickmühle", sagt Akseven.
Fahrgäste zahlen 2,20 Euro für den Kilometer

2,20 Euro bezahlt der Fahrgast seit gut einem Monat für jeden gefahrenen Kilometer. Davor kostete die gleiche Strecke 1,80 Euro. "Die Leute sind natürlich andere Preise gewöhnt", sagt Akseven. Um aber Umsatzeinbrüche bei gleichzeitigen Mehrausgaben auffangen zu können, hätten die Taxifahrer ihre Tarife eigentlich sogar noch stärker anheben müssen, so der Vorsitzende der Taxizentrale. "Aber zu sagen, Taxifahren ist nur noch Luxus, ist auch schwierig", sagt Akseven.
Fahrpreise mit der Stadt abgestimmt
Die Taxifahrer in Heilbronn sind Teil des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Und als Genossenschaft ist die Taxizentrale tarifgebunden und muss die Fahrpreise mit der Stadt Heilbronn abstimmen. "Im Gegensatz zu Kollegen in anderen Städten haben wir schnell auf die neue Situation reagiert", sagt der Vorsitzende. Auch die Heilbronner Verwaltung habe der Tariferhöhung zeitnah zugestimmt. "Dafür sind wir dankbar", sagt Akseven. "In anderen Städten beneiden uns die Kollegen darum."
Trotzdem bleibe die Situation für die Branche auch in Heilbronn schwierig. 50 Fahrzeuge und rund 70 Fahrer sind in der Genossenschaft angemeldet. Die Konzessionen der Unternehmer reichen von einem bis vier Fahrzeuge. Die meisten liegen bei zwei Taxis. "Noch musste Gott sei Dank keiner von uns aufgeben. Aber viele haben zu kämpfen", sagt Akseven.
Zwar habe an den Wochenenden das Geschäft wieder angezogen. "Die Leute gehen wieder feiern", sagt Akseven. Insgesamt habe sich die Branche aber verändert. "Der Wettbewerb ist nicht mehr so, wie er war. Unter der Woche haben wir spürbare Ausfälle." Geschäftsleute nehmen seltener Taxis als früher.
Auswärtsfahrten nicht mehr lukrativ
Auch das Warten auf Fahrgäste am Bahnhof spiele nicht mehr die Rolle wie vor Corona. Und was früher lukrativ war, sei mitunter heute nicht mehr gut. Akseven denkt dabei an größere Auswärtsfahrten. "Das war früher ein gutes Geschäft. Bei den aktuellen Spritpreisen denkt man jetzt auch an die Leerfahrten zurück nach Heilbronn."
So hat sich das Geschäft in Richtung Rechnungsfahrten verlagert. Das sind Fahrten im Auftrag von Vertragspartnern wie etwa Krankenkassen, Firmen oder auch der Stadt Heilbronn. Dazu gehören etwa Krankenfahrten. In Corona-Hochzeiten haben die Taxis auch Personal für die Firmen gefahren. Im größeren Stil für Unilever. Auch Besorgungsfahrten brachten eine Weile lang Umsatz. "Weil viele Leute wegen Corona nicht mehr aus dem Haus wollten, haben wir für sie die Einkäufe erledigt", sagt Akseven. Mitunter haben man den Fahrern lange Einkaufslisten mitgegeben.
Taxigewerbe hofft auf Hilfen von der Stadt
Diese Besorgungsfahrten seien eine Weile lang gut angenommen worden. "Das reduziert sich jetzt aber stark." So hofft das Taxigewerbe jetzt auf Hilfen von der Stadt. Etwa indem Heilbronn das Fifty-Fifty-Konzept des Landkreises übernimmt oder Gutscheinaktionen fürs Wochenende anbietet. Eine entsprechende Anfrage hat die Genossenschaft vor rund anderthalb Wochen ans Ordnungsamt gerichtet. Akseven hofft auf eine schnelle Antwort.
Fifty-Firty-Taxi ist für Heilbronn derzeit kein Model
Derzeit ist das Schreiben an die Stadt noch in Arbeit, so Pressesprecherin Suse Bucher-Pinell. Die Einführung eines Fifty-Fifty-Konzepts plane die Stadt zwar nicht. Die Stadtwerke arbeiten derzeit aber "an einem On-Demand-Angebot, das im Sommer eingeführt werden und die bestehenden Nachtbuslinien ablösen soll", so Bucher-Pinell auf Anfrage unserer Zeitung. Meinung "Konzepte gefragt"
Das Fifty/Fifty-Konzept des Landkreises gilt seit Ende Oktober für Personen zwischen 16 und 25 Jahren, die ihren Wohnsitz im Landkreis haben. Sie können an Wochenenden und Feiertagen zwischen 0 und 6 Uhr zum halben Preis mit dem Taxi fahren. Die andere Hälfte bezahlt der Landkreis. Dafür können sich die App " Fifty-Fifty -Taxi" aufs Smartphone laden und Taxis bestellen. Mittels eines QR-Code wird die Hälfte der Kosten abgezogen. Mehr als 1000 Nutzer haben bereits ihre Profile hinterlegt.



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