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Haben Kinder in Deutschland keine Lobby?

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Die Suche nach einem Facharzt kann für Eltern zur Odyssee werden. Kinderärzte aus der Region kritisieren das zögerliche Handeln der Politik.

Ein Kind kündigt sich an. Ein Kinderarzt wird gesucht. Ist man neu in der Region, ob als Arbeitnehmer oder als Flüchtling, brauchen Familien meist ebenfalls eine pädiatrische Praxis. Doch was tun, wenn der Kinderarzt am Ort keine Kapazitäten mehr hat? Hans Ulrich Stechele hat Verständnis, wenn Eltern an diesem Thema verzweifeln.

"Wir versorgen so viele wie wir schaffen", sagt der Heilbronner Kinderarzt. Doch der Bedarf steigt seit Jahren: "Wir erhalten an manchen Tagen zehn Anfragen. Es ist ein immenser Druck", sagt er. Die Terminkalender seien "maximal gefüllt".

 


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Gute Stimmung trotz des ernsten Themas: Die Ärzte Dr. Boris Brand, Dr. Hans Ulrich Stechele und Professor Peter Ruef (von links) diskutierten mit Stimme-Gesundheitsexpertin Valerie Blass über den „Notstand in der Kinder- und Jugendmedizin“. Foto: Lina Bihr (klein) dpa (groß)
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Notstand in der Kinder- und Jugendmedizin: Unterfinanzierung gefährdet die Kindergesundheit


Zu wenig Ärzte für die Sorgen der Patienten

Die Bedarfsplanung für die vertragsmedizinische Versorgung regelt, wie viele Ärzte sich wo niederlassen dürfen. Es sind jedenfalls zu wenige. Stecheles Praxis behandelt Kinder aus dem Stadtgebiet Heilbronn. Das Thema "Neuaufnahmen" sei heikel, sagt er, weil man bei Anfragen eine Art Triage betreiben müsse. Wen nimmt man neu auf? Wenn weist man ab? Das müssten seine medizinischen Fachangestellten jeden Tag entscheiden: "Wir fühlen uns damit auch ein Stück weit alleingelassen."

Stecheles Beispiel macht den Notstand bei niedergelassenen Kinder- und Jugendärzten deutlich: "Praxen, die keine Kapazitäten mehr haben, sind so im Gesundheitssystem nicht vorgesehen", sagt er. Für Neckargartach, Biberach und Kirchhausen zusammen gibt es nur eine Kinderarztpraxis.

 


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Ist das Kind krank, suchen Eltern immer öfter einen Arzt oder die Kinderklinik auf: Das führt bei Medizinern zu veränderten Rahmenbedingungen, auf die die Gesundheitspolitik keine ausreichenden Antworten hat. Das System ist am Rand seiner Leistungsfähigkeit.
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Für kleine Patienten ist immer zu wenig Geld da


Nachfolgeregelungen betreffen alle

Will ein Arzt in Ruhestand gehen und findet keinen Nachfolger, erhöht sich der Druck: "2000 bis 3000 Patienten kann man nicht auffangen", so Stechele. Allerdings werde oft hinter den Kulissen nach Lösungen gesucht - bevor die Versorgung von Kindern und Jugendlichen vor Ort zusammenbricht.

"Haben Kinder keine Lobby?", fragt Valerie Blass als Moderatorin des Stimme-Forums zum "Notstand in der Kinder- und Jugendmedizin" in die Runde: "Absolut", antwortet Boris Brand. Er selbst habe Angst davor, dass es niedergelassene Fachärzte in ferner Zukunft gar nicht mehr geben werde. "Die Politik lenkt nicht mit Vernunft und Argumenten, sondern immer übers Geld. Und ich habe das Gefühl, dass das die Situation ist, in der wir gerade stecken."

Ärztlicher Bereitschaftsdienst

Die Kinderärzte der Kassenärztlichen Vereinigung bieten an Werktagen von 19 bis 22 Uhr und an Wochenenden und Feiertagen von 8 bis 22 Uhr an der SLK-Kinderklinik einen Bereitschaftsdienst an. Hans Ulrich Stechele war bis 2022 stellvertretender Notdienstbeauftragter. "Wir haben einen wirklich gut funktionierenden Dienst", sagt er. "Es werden alle behandelt. Aber nicht alle müssten in den Notdienst kommen."

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