Für Grundschüler kommen weitere Fördermaßnahmen
Mehr lesen, neuer Vergleich in Klasse zwei: Das Kultusministerium in Stuttgart hat in den vergangenen Wochen weitere Unterstützungspakete vorangebracht. So reagieren Lehrer darauf.
Das Land verlängert Rückenwind, fordert von Grundschulen ein Lesetraining ein. Und mit einem neuen Instrument will es früh den Förderbedarf an Grundschulen erkennen. Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) betont: „Unser Ziel ist, ein engmaschiges Diagnosenetz gerade am Anfang der Schulzeit einzurichten, damit wir schnell und passgenau fördern können und möglichst niemand zurückbleibt.“
Mit Lesen geht es in Klasse zwei los
Im Herbst wird in Klasse zwei das Diagnoseverfahren Lernstand 2 eingeführt, zu Anfang für „Deutsch-Lesen“. Der Fokus liegt laut Ministerium auf Lesegeschwindigkeit und Leseverständnis. Das Verfahren werde eine frühe und fundierte Einschätzung der Lesekompetenz der Schülerinnen und Schüler geben. Daraus könnten Ansatzpunkte für gezielte Fördermöglichkeiten abgeleitet werden. Gerhard Brand, Landesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung, sieht diesen Schritt positiv. Er kritisiert aber, dass die Zeit für eine individuelle Förderung an Grundschulen fehle.
Aus Reihen der Gewerkschaft kommt Kritik an anderen Programmen
Unterdessen gibt es Kritik aus Reihen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) an zuletzt angekündigten Maßnahmen. Das seien nur Worthülsen, sagt Jana Kolberg. Wegen des Lehrermangels könnten Schulen die Kinder nicht so fördern wie gewünscht, sagt die GEW-Vorsitzende im Kreis Main-Tauber/Hohenlohe. „Das ist in der aktuellen Situation nicht zu stemmen.“ Sie begrüßt es unterdessen, mit Rückenwind weiteres Personal in die Schulen zu bekommen.
„Jede Unterstützung ist wichtig im belasteten System.“ Sie bedauert es aber, dass das Kultusministerium die Fortführung kurzfristig bekanntgegeben habe. Das hätte man früher sagen können. Manche befristet angestellte Person hätte sich bereits anderweitig umgeschaut und falle weg. „Die Personalsituation ist weiter angespannt.“ Rückenwind sei ein Tropfen auf den heißen Stein. Jana Kolberg sagt: „Was richtig Geld kostet, geht das Land nicht an.“
Mancher Lehrer findet, dass das Ministerium in Panik agiert
Die jüngsten Ankündigungen verdeutlichen in den Augen von Barbara Bürgy eines: „Das Kultusministerium schiebt Panik.“ Sie gehört zum Leitungsteam der Fachgruppe Grundschule auf GEW-Landesebene und engagiert sich im Kreis-Verband Heilbronn. Als ein Beispiel nennt Barbara Bürgy das Programm zur Leseförderung: Das sei nichts Neues. Die Idee sei gut, nur: Kritisch blicke sie aufs Tempo, wonach die Umsetzung sehr schnell erfolgen müsse. Der Zwang zeigt in ihren Augen auch eines: Das Kultusministerium in Stuttgart misstraue Lehrern, obwohl diese doch dafür ausgebildet seien, den Grundschülern das Lesen zu vermitteln.
Das tut sich in Heilbronn
In der Stadt Heilbronn zeichnet sich unterdessen ab, dass bestimmte Schulen mehr Geld erhalten und selbst entscheiden können, welche Hilfen sie damit finanzieren: Die Stadt soll dem Vernehmen nach in ein Landes-Programm aufgenommen werden, bei dem jene Schulen in Quartieren mehr Geld bekommen, die als sozial benachteiligt gelten. Laut Barbara Bürgy würden Kriterien wie Anteil der Haushalte ohne Ausbildung, Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund sowie Einkommen berücksichtigt. Mit dem Geld Projekte wie Zirkus-Tage zu finanzieren, hält sie für genauso wichtig wie klassischen Unterricht. „Das erhöht die Lernbereitschaft der Kinder.“