Trotz Frost und Schnee in Heilbronn: Richtige Winter sind rar geworden
Die Temperaturen sollen in dieser Woche frostig bleiben, den Schneeflocken vom Montag weitere folgen. Doch richtige Winter sind im Heilbronner Land rar geworden. Früher war das anders.
Am Sonntag war es nur ein Hauch, aber am Montagvormittag (15. Januar 2024) hat es in der Region so richtig zu schneien begonnen. Und: Es bleibt diese Woche frostig. Doch alles ist relativ, auch das Wetter. Früher war es oft viel eisiger – allerdings nicht zwingend rund um Weihnachten.
Der Reihe nach: Mit minus acht Grad Celsius – an der Messstation im staatlichen Obstgut Bad Friedrichshall-Heuchlingen – rutsche das Thermometer am Freitag, 12. Januar, auf den bisher tiefsten Wert dieses Winters 2023/24, der offiziell am 22. Dezember begann. Wobei es bereits am Montagfrüh, 4. Dezember, mit minus sieben Grad ähnlich kalt war. Für Winzer ist die Marke magisch: Weil dann die Traubenbeeren gefrieren und sie Eiswein gewinnen können.
Eiswein ist auch ein guter Gradmesser für den Klimawandel. In früheren Jahren war er manchmal fast die Regel. Doch zuletzt wird die edelsüße Spezialität immer rarer. Im Heilbronner Land gibt es vom Jahrgang 2023 nur einen, nämlich vom Staatsweingut Weinsberg.
Statistische Daten: Besonders kalte Winter in den vergangenen Jahren
Das Ingenieurbüro Matthias Rau kann in einem städtischen Klimabericht anhand von Messdaten belegen: Die Zahl besonders kalter Tage nahm in den vergangenen 25 Jahren im Zuge des Klimawandel ab, die der warmen steigt. Gleichzeitig nehmen auch Extreme zu.
Was vielen heute kaum mehr bewusst ist: Nach dem Hitzesommer 2003 war der Winter 2003/2004 mit 89 Frosttagen recht kalt. Als besonders kalte Winter der vergangenen 25 Jahre nennt Rau 2010/2011 mit 91 Frost- und 34 Eistagen, 1996/1997 mit 77 Frost- und 24 Eistagen sowie 2005/2006 mit 74 Frost- und 23 Eistagen, das sind Tage, an denen es das Quecksilber den ganzen Tag nicht über null Grad schafft.
30 Zentimeter dicke Eisdecke: Schlittschuhlaufen auf dem Neckar
Im Vergleich zu den wirklich kalten Wintern ist es heute fast schon mild. Das zeigt ein Blick in die Stadtchronik. Früher ist ab und an sogar der Neckar zugefroren, was heute wegen der Kraftwerke kaum mehr möglich ist. Anno 1908 etwa war die Eisdecke bis zu 30 Zentimeter dick. Historische Fotos zeigen: Sogar Schlittschuhfahren war angesagt.
Am 13. Februar 1929 titelt die Neckar-Zeitung "23,5 Grad unter Null". Der Schiffsverkehr liegt lahm, Rohrbrüche sind an der Tagesordnung und "alles, was nicht in geheizten Räumen unterzubringen ist, friert zu Stein und Bein zusammen".
Im Winter 1962/63 fror sogar der Bodensee zu
Richtig kalt ist es auch Ende Januar 1956. Vom "Russenwind über Heilbronn" und 20 Grad unter Null ist in der Heilbronner Stimme die Rede. Frostbeulen, Zähneklappern, Rohrbrüche, Hydrantenschäden, eingestellte Schifffahrt und Wasserknappheit prägen vor allem den Rekordwinter 1962/63. Tankwagen versorgen in Weinsberg die Bevölkerung mit Trinkwasser. In Kocher und Jagst wälzen sich an Fasching 1963 große Eisschollen. Beim Anblick der Kochertalaue zwischen Kochersteinsfeld und Gochsen wähnt man sich im arktischen Packeis.
Selbst der Bodensee ist zugefroren. Im Januar 1963 rettet die Heilbronner Polizei bei minus 17,7 Grad einem Schwan das Leben. Er war mit den Federn am Boden festgefroren.
Auch 1968 schockt eine Kältewelle die Region. Bei minus 20 Grad fürchten Wengerter, dass die Reben erfrieren. Die Rettung kommt über Nacht: Die Quecksilbersäule legt in 36 Stunden fast 27 Celsiusgrade zu und steigt auf sechs Grad plus.